08.07.2016

Die Zähesten der Zähen

Organismen aus Weltraumexperiment nach fast zwei Jahren zurück auf der Erde – wer hat überlebt?

So unauffällig die kleinen Behälter sind, die zurzeit im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auseinandergebaut werden – in ihnen befinden sich eventuell Überlebende, die über 530 Tage die Bedingungen des Weltraums überstanden haben. Mehrere hundert Organismen wie beispiels­weise Bakterien, die Biofilme formen, Pilze, Flechten, Moose und Archaeen, die auf der Erde besonders salzhaltige Umgebungen lieben, kehrten gemeinsam mit Astronaut Tim Peake im Sojus-Raumschiff von der Inter­nationalen Raum­station ISS zur Erde zurück. Dort waren auch die DLR-Experimente BIOMEX (Biology and Mars Experiment) und BOSS (Bio Organisms Surfing Space) an der Außenseite der Station befestigt und dem Weltraum­vakuum sowie der starken UV-Strahlung der Sonne ausgesetzt. „Wir bauen nun die einzelnen Proben aus und schicken sie zur Auswertung an die inter­nationalen Forscher­gruppen zur Auswertung”, erläutert DLR-Strahlen­biologin Elke Rabbow. „Die Ergebnisse werden uns dann zeigen, welche Organismen im All überleben können.”

Abb.: Über 530 Tage verbrachten die Organismen an der Außenseite der ISS. (Bild: NASA)

Dass sie gute Chance aufs Überleben haben, haben die Organismen bereits in ersten Tests auf der Erde bewiesen: Im DLR-Institut für Luft- und Raum­fahrt­medizin mussten alle Organismen ihren Überlebens­willen beweisen. Hier wurden sie in den Weltraum­simulations­anlagen den Mars- und Weltraum­bedingungen ausgesetzt. Dort können Wissenschaftler Vakuum oder Mars­atmosphäre und Sonnenlicht wie im Weltraum oder auf dem Mars simulieren. Gleichfalls wurden einige ausgewählte Organismen wie Flechten und Cyano­bakterien sowie Bio­moleküle im Rahmen des BIOMEX-Projekts in der Mars­simulations­kammer des DLR-Instituts für Planeten­forschung den wechselnden Umwelt­bedingungen im Tag-und-Nacht-Zyklus mit wechselnder Feuchte, Temperatur und Strahlung ausgesetzt. Der fast zweijährige Flug ins All war nun der nächste Schritt, um die Organismen unter möglichst realen Bedingungen auf die Probe zu stellen.

Ausgewählt hatten die Forscher für Labor und All vor allem Kandidaten, die bereits auf der Erde unter extremen Umwelt­bedingungen leben – und somit vielleicht auch in der Lage sein würden, unter Mond- und Mars­bedingungen zu überleben. Um diese Bedingungen zu schaffen, betteten die Wissenschaftler ihre Proben in der EXPOSE-R2Anlage unter anderem in mars- und mond­ähnliche Böden, sorgten für eine künstliche Mars­atmosphäre bei einigen Proben und setzten unterschiedliche Filter ein, um die Weltraum­strahlung zu beeinflussen. Außerdem wurden neben anderen Bio­molekülen Pigmente, wie man sie in lebenden Organismen auf der Erde findet, den Mars­bedingungen ausgesetzt. „Wenn wir herausfinden, unter welchen Bedingungen Organismen auf dem Mars oder dem Mond überleben und wie wir diese Signaturen von Leben aussehen können, können wir besser einschätzen, wo wir auf diesen Himmels­körpern nach Leben suchen sollten”, betont Jean-Pierre de Vera, DLR-Planeten­forscher und wissenschaftlicher Leiter für das BIOMEX-Experiment.

Aber auch die Gefahr, dass mit einer Raumsonde irdisches Leben unbeabsichtigt auf einen anderen Himmelskörper gelangen könnte, ist mit den Ergebnisse der astro­biologischen Experimente einfacher abzuschätzen: „Wir müssen möglichst sicherstellen, andere Planeten davor zu schützen", sagt DLR-Strahlen­biologin Elke Rabbow. „Dafür müssen wir verstehen, auf welchen Himmels­körpern irdische Organismen überhaupt überleben können." Wer die harsche Bedingungen des Weltraum­aufenthalts lebendig überstanden hat und unter welchen Voraussetzungen, müssen nun die kommenden Auswertungen der Proben zeigen.

DLR / DE

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