18.07.2006

Die Zukunft der ISS

In den nächsten 18 Monaten soll die Internationale Raumstation (ISS) auf das Doppelte ihrer Größe ausgebaut werden.

Washington (dpa) - Die Sektkorken knallten zwar nicht, aber den NASA-Ingenieuren dürfte fast zwölf Monate nach der ersten von Pleiten und Pannen begleiteten Rückkehr ins All am Montag ein Riesenstein vom Herzen gefallen sein. Mit dem erfolgreichen Flug der Raumfähre «Discovery» und der Bilderbuchlandung am Montag in Florida hat die Weltraumbehörde unter Beweis gestellt, dass sie für die nächsten Herausforderungen der Weltraumforschung gewappnet ist.

Das Programm, das sich die NASA zusammen mit mehr als ein Dutzend Partnern wie Russland, Deutschland und Japan vorgenommen hat, ist so ehrgeizig wie kein Bauprojekt im All zuvor. In den nächsten 18 Monaten soll die Internationale Raumstation (ISS) praktisch auf das Doppelte ihrer Größe ausgebaut werden. «Die Raumstation wird dann das erste von Menschen gemachte Objekt sein, dass mit bloßem Auge am helllichten Tag am Himmel zu sehen ist», sagte Flugdirektor Paul Hill der «Washington Post».

Geplant sind vier statt dem bislang einen Solarpanel, um genügend Sonnenenergie für den Betrieb einfangen zu können. Der Wohnraum für die Langzeitbesucher soll ausgebaut und die Klimaanlage sowie die Stromversorgung komplett ausgewechselt werden. Die NASA macht Druck: bis Ende nächsten Jahres sollen die Versorgungsflüge abgeschlossen sein. Nicht, dass die NASA darauf brennt, das Weltraumlabor endlich so richtig in Betrieb zu nehmen. Noch ehe die Station fertig ist, haben die Amerikaner längst ehrgeizigere Projekte ins Visier genommen. Die Arbeit am Projekt ISS erscheint da fast wie eine lästige Pflichtübung.

«Unsere Nation wird ihre Verpflichtungen gegenüber den Partnern der ISS erfüllen und guten Willen zeigen», versicherte NASA-Chef Michael Griffin im Februar im Kongress. Er lässt keinen Zweifel daran, dass ihm die ganze ISS eigentlich schon längst ein Klotz am Bein ist. Griffin hat die Shuttle-Flüge stark zusammengestrichen und will die ganze Flotte bis 2010 einmotten. Erhalt und Reparatur der verbliebenen Shuttles «Discovery», «Atlantis» und «Endeavour» kosten rund vier Milliarden Dollar im Jahr. Das Geld will Griffin lieber in die Entwicklung neuer Raumfahrzeuge stecken, die auf dem Mond landen und von dort aus weiter bis zum Mars fliegen können. Das ist die Vision, die Präsident George W. Bush Anfang 2004 verkündete.

Das war ein Jahr nach dem «Columbia»-Desaster - eine der schwärzesten Stunden der amerikanischen Weltraumforschung. Der Verlust der Raumfähre im Jahr 2003, die wegen einer Beschädigung am Hitzeschild beim Start später beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglühte, hatte das Vertrauen in die Fähigkeiten der NASA schwer erschüttert. Die Unfalluntersuchung brachte ans Licht, dass die Behörde jahrelang haarsträubende Risiken in Kauf genommen hatte. Es war schon der zweite Verlust einer Raumfähre. 1986 war die «Challenger» kurz nach dem Start explodiert. Die NASA investierte mehr als eine Milliarde Dollar in Design-Änderungen und neue Sicherheitsvorkehrungen.

Mit seiner Vision vor knapp zweieinhalb Jahren wollte Bush ein völlig neues Kapitel der amerikanischen Raumfahrtgeschichte aufschlagen. Das langwierige Projekt der ISS mit den vielen internationalen Partnern passt nur am Rand in das Konzept. «Stellen Sie sich vor, 2020 oder 2040 ist eine andere Nation oder Allianz in der Lage zum Mond oder Mars zu fliegen, und die USA sind es nicht», sagte Griffin im April im US-Senat. «Ist es überhaupt vorstellbar, dass die USA dann weiter als eine führende Nation angesehen wird? Wenn nicht, was wären die Konsequenzen für die globale wirtschaftliche und strategische Machtbalance?»

Christiane Oelrich, dpa

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