Digitales Bauen
Erstmals wurde ein Wohnhaus mit Robotern und 3D-Druckern gebaut.
Auf dem Nest-Gebäude der Empa und Eawag in Dübendorf wurde Ende Februar das „DFAB HOUSE“ offiziell eröffnet. Es ist das weltweit erste bewohnte Haus, das nicht nur digital geplant, sondern – mit Robotern und 3D-Druckern – auch weitgehend digital gebaut wurde. Die eingesetzten Bautechnologien entwickelten Forscher der ETH Zürich in Zusammenarbeit mit Industriepartnern.
Eine feingliedrige Betondecke – gegossen in 3D-gedruckten Schalungen – und eine geschwungene, von einem Bauroboter erstellte Betonwand prägen die Architektur des Wohnzimmers. Auf Zuruf öffnen sich die Storen wie von Geisterhand und der Wasserkocher bereitet das Teewasser vor. Das dreigeschossige Wohnhaus trohnt auf der obersten von drei Plattformen. Auf diesem modularen Forschungs- und Innovationsgebäude der Empa und Eawag können Forscher zusammen mit Industriepartnern neue Bau- und Energietechnologien unter realen Bedingungen testen. Die Plattform „Nest“ besteht aus einem zentralen Gebäudekern, an den unterschiedliche Gebäudemodule andocken können.
Für den Bau der Unit „DFAB HOUSE“ haben Forscher der ETH Zürich im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunkts „Digitale Fabrikation“ in Zusammenarbeit mit Industriepartnern gleich mehrere neuartige, digitale Bautechnologien erstmals vom Labor in reale Anwendungen überführt. Die digitalen Technologien haben zum Ziel, das Planen und Bauen nicht nur effizienter zu machen, sondern auch nachhaltiger. So ist beispielsweise die digital geplante Geschossdecke statisch und strukturell derart optimiert, dass gegenüber einer herkömmlichen Betondecke beträchtliche Mengen an Material eingespart werden können. Auch in gestalterischer Hinsicht eröffnen die Technologien neue Möglichkeiten. So sind die beiden oberen Wohngeschosse von Holzrahmen geprägt, die mit Hilfe zweier Bauroboter fabriziert und in komplexer Geometrie angeordnet wurden.
“Das architektonische Potenzial von digitalen Bautechnologien ist immens. Nur leider kommen diese Technologien noch kaum auf die Baustellen. Mit dem DFAB HOUSE gelingt es uns, Hand in Hand mit der Industrie neue Technologien zu erproben und so den Transfer von der Forschung in die Praxis zu beschleunigen”, sagt Matthias Kohler, ETH-Professor für Architektur und digitale Fabrikation. In rund zwei Monaten werden nun die ersten Bewohnerinnen und Bewohner einziehen. Es handelt sich dabei um akademische Gäste von Empa und Eawag. Im DFAB HOUSE werden sie in einem intelligenten Zuhause leben. Ein Firmenkonsortium hat erste Smart-Home-Lösungen eingebaut, die auf der herstellerunabhängigen Plattform basieren. Zu diesen gehören unter anderem eine intelligente und mehrstufige Einbruchsicherung, automatisierte Blend- und Beschattungsmöglichkeiten und die neueste Generation vernetzter, intelligenter Haushaltsgeräte.
DFAB HOUSE ist allerdings nicht nur in Bezug auf die Hauselektronik smart, sondern auch was den Umgang mit Energie angeht: Photovoltaikmodule auf dem Dach liefern im Jahresdurchschnitt etwa eineinhalb Mal so viel Strom, wie die Unit selbst verbrauchen wird. Eine intelligente Steuerung koordiniert alle Verbräuche und sorgt dafür, dass keine Lastspitzen auftreten. Zwei Start-up-Ideen, die von Forschern der Empa und der Eawag begleitet werden, helfen dabei zusätzlich Energie zu sparen: Zum einen wird die Wärme des Abwassers, die sonst verloren geht, über Wärmetauscher direkt in den Duschwannen zurückgewonnen, und zum anderen fließt das warme Wasser bei Nicht-Gebrauch aus den Leitungen zurück in den Boiler, anstatt in den Wasserleitungen abzukühlen. Diese Methode spart nicht nur Energie und Wasser, sondern vermindert auch die Gefahr von Bakterienbildung in den Leitungen.
Die sechste Unit im Forschungs- und Innovationsgebäude NEST ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Zusammenarbeit zwischen Forschern und der Industrie zukunftsweisende Lösungen hervorbringt. „Bei der Realisierung eines Bauprojekts wie dem DFAB HOUSE treffen traditionelle Bauweisen und neue Konzepte der digitalen Welt aufeinander. Der Weg vom digitalen Reißbrett zum realen Bau hat Wissenschaftler und Fachleute gefordert. Durch den konstruktiven Dialog wurde Visionäres praktisch umsetzbar und hoffentlich wird es bald in der Bauwirtschaft genutzt“, sagt Gian-Luca Bona, Direktor der Empa.
ETHZ / Empa / JOL
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