Ein Detektor für sehr leichte Dunkle Materie

Supraleitende Sensoren können einzelne Photonen mit niedriger Energie detektieren. UZH-Forschende haben diese Fähigkeit nun genutzt, um nach unbekannten sub-MeV Teilchen zu fahnden.

Die Zusammensetzung und Beschaffenheit der einzelnen Teilchen der Dunklen Materie im Universum stellen die moderne Physik vor grundlegende Fragen. Eine Nachweismöglichkeit wäre, Lichtteilchen zu detektieren, die bei der Kollision eines Dunkle-Materie-Teilchens mit uns bekannter sichtbarer Materie erzeugt werden. Bisher haben sich die meisten Experimente auf den Fall konzentriert, dass die Dunkle Materie aus Teilchen besteht, deren Massen ungefähr so groß sind wie die bekannter Elementarteilchen. Wären die Teilchen jedoch leichter als ein Elektron, lassen sie sich mit dem derzeitigen Standard, nämlich mit Detektoren, die auf flüssigem Xenon basieren, kaum nachgeweisen. Doch diese Xenon-Detektoren konnten bislang nichts finden. Suchen sie also vielleicht im falschen Massenbereich?

Mit dem verbesserten supraleitenden Nanodraht-Einzelphotonen-Detektor (SNSPD)...
Mit dem verbesserten supraleitenden Nanodraht-Einzelphotonen-Detektor (SNSPD) suchen die Forschenden nach sehr leichter Dunkler Materie.
Quelle: U Zürich

Ein internationales Team um Laura Baudis, Titus Neupert, Björn Penning und Andreas Schilling vom Physik-Institut der Universität Zürich kann nun Dunkle Materie in einem weiten Massenbereich unter einem Megaelektronvolt erforschen. Mit einem verbesserten supraleitenden Nanodraht-Einzelphotonen-Detektor (SNSPD) erreichten sie eine Schwelle von etwa einem Zehntel der Elektronenmasse. „Das ist das erste Mal, dass wir nach Dunkle-Materie-Teilchen in diesem niedrigen Massebereich suchen können, ermöglicht durch eine neue Detektor-Technologie“, sagt Baudis.

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Alexander Fieguth, Rafael F. Lang, Christian Weinheimer und Christian Wittweg • 3/2024 • Seite 40

Mehr als Dunkle Materie

Bereits 2022 hatte das Team in einem Proof of Concept den ersten supra­leitenden Nanodraht-Einzel­photonen-Detektor (SNSPD) getestet. Dieser reagiert sehr empfind­lich auf Photonen mit niedri­gerer Energie: diese erhitzen den Draht lokal ein wenig und lassen so die supra­leitende Eigen­schaft schlagartig verschwinden. Der Draht wird nomal­leitend und der resultie­rende Anstieg des elek­trischen Wider­standes kann gemessen werden.

Den bisherigen SNSPD haben die Züricher Forschenden nun zur Detektion von Dunkler Materie optimiert. Sie statteten ihn mit supra­leitenden Mikrodrähten anstelle von Nano­drähten aus, um seinen Quer­schnitt zu maxi­mieren. Zudem gaben sie dem Gerät eine dünne, planare Geo­metrie, die es besonders empfind­lich für Richtungs­änderungen macht.

Die Forschenden nehmen an, die Erde bewege sich durch einen „Wind“ von Dunkler Materie und der Teilchen­einfall verändert sich deshalb je nach Relativ­geschwin­dig­keit im Jahres­zyklus. Ein richtungs­sensitiver Detektor kann darum helfen, Ereignisse herauszu­filtern, die nichts mit Dunkler Materie zu tun haben.

Im Experiment namens Quantum Resolution-Optimized Cryo­genic Obser­vatory for Dark Matter Incident at Low Energy (QROCODILE), das gemein­sam von der Univer­sität Zürich und der Hebräischen Univer­sität Jeru­salem unter Betei­ligung der Cornell Uni­versity, des Karls­ruher Instituts für Techno­logie und des MIT durchgeführt wird, haben die For­schen­den mehr als vier­hundert Stunden lang bei Tempera­turen nahe dem absoluten Null­punkt eine geringe Anzahl unerklär­licher Signale gefunden. Auch wenn diese Ereig­nisse noch nicht als dunkle Materie bestätigt werden können – sie könnten von kosmi­scher Strahlung oder natürlicher Hinter­grund­strahlung stammen –, ermöglichen sie den Forschern bereits, neue Grenz­werte für die Wechsel­wirkung leichter Dunkler-Materie-Teilchen mit Elek­tronen und Atom­kernen festzu­legen.

„Durch weitere technische Verbes­serungen am SNSPD könnte es in Zukunft möglich sein, Signale von Dunkler-Materie-Teilchen mit noch kleinerer Masse zu detek­tieren. Zudem wollen wir das System unter­irdisch ein­setzen, wo es von besser von Stör­faktoren isoliert ist“, sagt Neupert. Für Massen kleiner als die Elek­tronen­masse sind die bisherigen Modelle zur Beschreibung von Dunkler Materie mit großen astro­physika­lischen und kosmolo­gischen Ein­schränkungen konfrontiert. [UZH / HUJ / dre]

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