04.11.2025 • Kondensierte Materie

Elektronen auf der Überholspur

Jülicher und Aachener Forschende entwickeln Methode zum Nachweis von ballistischen Elektronen.

Ballistische Elektronen gehören zu den faszinierendsten Phänomenen moderner Quantenmaterialien. Anders als normale Elektronen kollidieren sie niemals mit Störungen im Material und gleiten daher nahezu ohne Widerstand von A nach B. Oft tritt dieses Verhalten in räumlich begrenzten, ein- oder zweidimensionalen Materialien auf. Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich und der RWTH Aachen haben nun ein Modell entwickelt, das diesen besonderen Fluss der Elektronen unter realistischen Bedingungen nachweisen kann.

Oben: Elektronen fließen nach dem klassischen Landauer-Modell ohne Energieverlust durch den ballistischen Kanal von einem Ende zum anderen. Unten: Nach dem realistischen Jülicher Modell eines Randkanals wird der Strom in das angrenzende 2D-Material injiziert und die Elektronen betreten und verlassen den Kanal über die gesamte Strecke.
Oben: Elektronen fließen nach dem klassischen Landauer-Modell ohne Energieverlust durch den ballistischen Kanal von einem Ende zum anderen. Unten: Nach dem realistischen Jülicher Modell eines Randkanals wird der Strom in das angrenzende 2D-Material injiziert und die Elektronen betreten und verlassen den Kanal über die gesamte Strecke.
Quelle: Forschungszentrum Jülich

Solche ballisti­schen Elek­tronen­kanäle, die sich entlang der Kanten zwei­dimen­sio­naler topo­logi­scher Mate­ria­lien aus­bilden, gel­ten als Hoff­nungs­träger für die Elek­tro­nik der Zu­kunft: Sie könn­ten die Grund­lage für energie­effi­ziente Schalt­kreise und Quan­ten­com­pu­ter mit robus­ten Qu­bits bilden.

Der Ansatz geht auf die von Rolf Lan­dauer vor meh­reren Jahr­zehn­ten ent­wick­elte Theorie des ballis­tischen Ladungs­trans­ports zurück. Sein klassi­sches Modell beschreibt aller­dings nur einen idea­lisier­ten Fall. Lan­dauer nahm an, dass Elek­tronen einen solchen Kanal aus­schließ­lich an dessen Enden betreten oder ver­las­sen kön­nen.

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Das neue Jülicher Modell geht dage­gen einen ent­schei­den­den Schritt weiter. Es berück­sich­tigt, dass ein solcher bal­lis­ti­scher Ladungs­kanal nicht iso­liert exis­tiert, sondern als Rand eines eben­falls leit­fähi­gen Mate­rials auf­tritt, durch das der Strom inji­ziert wird. Elek­tronen kön­nen daher ent­lang der gesamten Strecke ein- oder aus­treten.

„Damit lässt sich das Ver­hal­ten solcher Rand­kanäle erst­mals so be­schrei­ben, wie es in Expe­ri­men­ten tat­säch­lich vor­kommt“, er­klärt Moors. „Unsere Theorie liefert zudem ein­deu­tige Kenn­zei­chen, mit denen sich ein ver­lust­freier, bal­lis­ti­scher Strom­fluss nach­wei­sen und vom her­kömm­lichen Ladungs­trans­port unter­scheiden lässt“, so Moors, der nach seiner Zeit als Post­dokto­rand am Jüli­cher Peter Grün­berg Ins­titut (PGI-9) ans Chip-For­schungs­zentrum Imec im belgi­schen Löwen wech­selte.

Während bei der Leitung der Elektronen im 2D-Material Energie in Form von Wärme abgegeben wird, ist dies im Randkanal nicht der Fall – daraus resultiert eine charakteristische Energie- bzw. Spannungsverteilung, die sich mithilfe entsprechender Instrumente messen lässt.
Während bei der Leitung der Elektronen im 2D-Material Energie in Form von Wärme abgegeben wird, ist dies im Randkanal nicht der Fall – daraus resultiert eine charakteristische Energie- bzw. Spannungsverteilung, die sich mithilfe entsprechender Instrumente messen lässt.
Quelle: Forschungszentrum Jülich

Das Modell zeigt, dass sich der Strom­fluss durch das zwei­dimen­sio­nale Mate­rial auf­grund der An­wesen­heit eines bal­lis­ti­schen Kanals grund­legend ändert. Es sagt charak­teris­tische Span­nungs­ver­tei­lungen voraus, die sich mit Nano­mess­sonden oder Mehr­spitzen-Raster­tunnel­mikro­skopen direkt beob­achten lassen. So wird es mög­lich, ballis­tische und dissi­pa­tive, also ver­lust­behaf­tete Ströme expe­ri­men­tell zu unter­schei­den – ein ent­schei­dender Schritt, um diese exoti­schen Leitungs­kanäle zweifels­frei nach­zu­weisen und für künf­tige Bau­elemente nutz­bar zu machen. [FZJ / dre]

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