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Die Südägäis in Griechenland ist tektonisch und vulkanisch sehr aktiv. Das liegt daran, dass sich südlich von Kreta die afrikanische Erdplatte unter Europa schiebt. Dadurch entstehen Spannungen in der Ägäischen Platte, was immer wieder – zu teils auch starken – Erdbeben führt. Zudem steigt als Folge davon Magma auf. Das führt zur Bildung von Vulkanen entlang eines Bogens zwischen Athen und der türkischen Westküste. Santorin und die umliegenden Inseln der Kykladen liegen im Zentrum dieses Bogens und sind ein beliebtes Ziel für Touristen. Sie stehen daher besonders im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Seit mehreren Monaten bebt dort verstärkt die Erde und Inseln wurden wegen möglicherweise bevorstehender größerer Erdbeben oder Eruptionen vorsorglich teilweise evakuiert und Schulen geschlossen.
Die aktuell seismisch aktive Zone konzentriert sich auf den Bereich zwischen Santorin und Amorgos, wo sich 1956 zwei starke Erdbeben mit Magnituden über 7 innerhalb von wenigen Minuten ereigneten und die auch zu einem lokalen Tsunami mit etwa dreißig Metern Wellenhöhe auf Amorgos führten. Auch die damalige Hauptstadt von Santorini, Oia, wurde zerstört. Direkt im aktuellen Epizentralgebiet liegt die unbewohnte Felseninsel Anydros. Sie wurde und wird auch jetzt noch entlang einer sogenannten Horststruktur in die Höhe geschoben und dabei gekippt. Entlang dieser Aufschiebungsbahnen kann dann auch Magma aufsteigen – eine mögliche Erklärung für die aktuelle seismische Krise. Die Erdbeben weisen auf das Füllen einer Magmakammer in einigen Kilometern Tiefe hin. Während die Erdbebenaktivität aktuell abnimmt, werden weiterhin kleiner Erdbeben auftreten, die mit den festinstallierten seismischen Stationen des griechischen Erdbebennetzes auf den umliegenden Inseln nur unzureichend detektiert werden können.
Um aber eben auch diese kleinen Erdbeben mit dem Arrayverfahren doch und in unmittelbarer Nähe messen zu können, hat das Team nun auf Anydros direkt über der aktiven Zone ein Array aus unterschiedlichen Seismometern und Deformations-Sensoren aufgebaut. Ziel ist es, neben kleinen vulkan-tektonischen Erdbeben auch langsame Erdbeben zu erfassen, die die Wegbahnung von Magma erkennen lassen. Zeitgleich installierten die Kollegen von NOA auch eine GPS-Station auf Anydros. Diese soll die aktuell beschleunigten Bewegungen der Insel noch genauer als bisher erfassen. „Durch die Platzierung mehrerer hochfrequenter Seismometer können wir quasi wie mit einer Ortungs-Antenne die Mikrobeben in der Tiefe lokalisieren und feststellen, ob die Seismizität und damit das Magma weiter Richtung Oberfläche aufsteigt und damit eventuell zur Ausbildung neuer Vulkane führt oder ob das Magma zunächst stationär in der Tiefe verharrt. Auch eine Bewegung Richtung Santorini ist möglich und wurde Mitte Februar beobachtet“, sagt Marco Bohnhoff.
Diese Information ist für die griechischen Behörden von großer Bedeutung, um Gefährdungsszenarien gegebenenfalls anpassen und die Bevölkerung besser warnen zu können. „Zudem haben wir durch die im Zentrum der Insel aufgebaute Multisensorstation das gesamte Frequenzspektrum an Messsignalen im Blick und damit eine bisher nicht erreichte Bandbreite direkt im Zentrum der aktuellen seismischen Krise“, so Bonhoff.
GFZ / JOL