European XFEL für Wartung und Umbau erstmals aufgewärmt
Mehr als acht Jahre lang war das Innere des Elektronenbeschleunigers kälter als der Weltraum. Nun ist der Beschleuniger für eine vorgeschriebene Wartung und umfangreiche Umbauarbeiten wieder bei Zimmertemperatur.
Unmittelbarer Anlass für die Betriebspause ist eine vorgeschriebene Prüfung von Helium-Ventilen, die im kalten Zustand nicht möglich war. „Neben diesen Wartungsarbeiten ist eine große Zahl von Neuinstallationen geplant, die unsere Teams von European XFEL und DESY seit vielen Jahren vorbereitet haben“, erklärt Winni Decking, Leiter des Beschleuniger-Teams bei DESY. „Unter anderem installieren wir eine komplett neu entwickelte Elektronenquelle am Anfang des Beschleunigers. Die Umsetzung aller Neuerungen erforderte genaue Planung und jetzt unermüdlichen Einsatz. Danach steht der European XFEL Anfang 2026 gründlich gewartet und mit vielen neuen Möglichkeiten wieder Forschenden aus aller Welt offen.“

European XFEL Geschäftsführer Thomas Feurer betont: „Diese Arbeiten sind auch ein wichtiger Schritt zur Umsetzung unserer mittelfristigen Entwicklungsstrategie, die wir bis 2032 umsetzen wollen. Zu den wichtigsten Meilensteinen gehören der Bau einer neuen Experimentierstation und Vorbereitungen für die Installation supraleitender Undulatoren – Strukturen, die Röntgenstrahlen erzeugen. Die neuen Undulatoren werden durch eine höhere Lichtintensität und kürzere Wellenlängen eine noch präzisere Erforschung des Nanokosmos ermöglichen.“
Der weltgrößte Röntgenlaser ist eine der größten Forschungsinvestitionen in Europa und wurde 2017 im Zeit- und Kostenrahmen fertiggestellt. Seitdem nutzen Forschende aus aller Welt den European XFEL erfolgreich für ihre Experimente. Meist kommen sie für eine Woche nach Schenefeld, um atomare Details von Viren oder Zellen zu entschlüsseln, chemische Reaktionen in Echtzeit zu filmen oder Materie unter extremen Bedingungen zu untersuchen. Bei mehr als 11.000 Besuchen – die Zahl schließt mehrfache Aufenthalte ein – haben Forschende seitdem fast fünfhundert Experimente durchgeführt und ihre Ergebnisse in angesehenen Fachzeitschriften veröffentlicht.
Der supraleitende Linearbeschleuniger des European XFEL ist mit 1,7 Kilometern der längste seiner Art weltweit. Er beschleunigt Elektronen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit und auf Energien von bis zu 17,5 GeV. Anschließend durchlaufen die Elektronen spezielle Magnetstrukturen, sogenannte Undulatoren, die sie auf einen Slalomkurs lenken und dabei intensive Röntgenlaserblitze erzeugen. Bei Pulsraten bis zu 27.000 solcher Blitze pro Sekunde erreicht der European XFEL Leuchtstärken, die herkömmliche Röntgenquellen um ein Vielfaches übertreffen.
Die extreme Kälte im Beschleuniger – nur zwei Grad über dem absoluten Nullpunkt – sorgt dafür, dass seine supraleitenden Hohlraumresonatoren ohne elektrischen Widerstand arbeiten. So kann Energie besonders effizient auf die Elektronen übertragen werden.
Nach Abschluss der aktuellen Arbeiten wird die Anlage wieder auf minus 271 Grad Celsius abgekühlt, bevor sie im Frühjahr 2026 erneut für Experimente zur Verfügung steht. [EuXFEL / dre]