21.01.2021 • AstronomieAstrophysik

Gemeinsame Stellungnahme von Astronomen, Amateurastronomen und Planetarien zu Satellitenkonstellationen

Rasante Zunahme von Satelliten hat erhebliche Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Sternenhimmels und die Erforschung des Universums.

Astronomische Forschungs­einrichtungen, Stern­warten und Planetarien haben in den vergangenen Monaten eine Vielzahl von teils besorgten Anfragen erhalten. Hinter­grund sind die Satelliten der vom privaten US-Raumfahrt­unter­nehmen SpaceX seit Mai 2019 massen­haft in mehreren Starts in die Erd­umlauf­bahn gebrachten Starlink-Satelliten, die in Gruppen über den Himmel ziehen.

Abb.: Satelliten reflek­tieren Sonnen­licht und können dadurch so hell wie...
Abb.: Satelliten reflek­tieren Sonnen­licht und können dadurch so hell wie Sterne leuchten, was bei länger belich­teten Auf­nahmen Strich­spuren am Sternen­himmel ver­ursacht. (Bild: A. Hänel)

SpaceX will mit Starlink eine satelliten­basierte Infra­struktur für Hoch­geschwin­dig­keits-Internet­anbindungen weltweit bereit­stellen. Hierfür sind im endgültigen Ausbau der Konstel­lation über 30.000 Satelliten vorgesehen, was die Zahl aller bislang in der Erd­umlauf­bahn befind­lichen Satelliten bei weitem übersteigt. Weitere Unter­nehmen wie OneWeb, Amazon und andere planen oder beginnen teilweise ähnliche Projekte. Auch bei deutschen Unter­nehmen gibt es entsprechende Planungen große Zahlen von Mikro­satelliten billig in Erd­umlauf­bahnen zu starten.

Die Astronomie ist sich der Bedeutung der Internet­anbindung entlegener Regionen der Erde sowie weiterer techno­lo­gischer Entwicklungen bewusst. Gleichwohl birgt die Umsetzung über den gewaltigen Zuwachs an künst­lichen Satelliten am Himmel auch erheb­liche Ein­schrän­kungen und Risiken, deren Folgen verant­wortungs­voll abgewogen und möglichst reduziert werden müssen.

Für Astronominnen und Astronomen ist der Schutz des Sternen­himmels als einzig­artigem Kultur­erbe der Mensch­heit ein zentrales Anliegen. Das Erleben dieses Natur­wunders ist bereits jetzt in großen Teilen der Erde in höchstem Maße durch ineffi­ziente und über­mäßige künst­liche Beleuch­tung stark beein­trächtigt. Ein unge­trübter Blick in den Sternen­himmel wird durch die Vielzahl an Licht reflek­tierenden künst­lichen Satelliten selbst in bislang von der Licht­ver­schmutzung weit­gehend unbehel­ligten Regionen der Erde nicht mehr möglich sein.

Bereits vor dem Start der ersten Starlink-Satelliten waren am Nacht­himmel zahl­reiche künst­liche Satelliten beobachtbar. Mit Zehn­tausenden zusätz­lichen Objekten in der Erd­umlauf­bahn ist es ein realis­tisches Szenario, dass am Nach­thimmel mehrere Tausende über das Firmament ziehende Satelliten die Stern­beob­achtung behindern. Ihre Zahl über­steigt dann die der mit bloßem Auge sicht­baren Sterne.

Dies wird den Nachthimmel, dessen Anblick die Menschheit seit Anbeginn fasziniert und inspiriert, für immer verändern. Zudem wird die Erforschung des Universums für die profes­sio­nelle und Amateur­astronomie erheblich beein­trächtigt. Aufnahmen von Nacht­land­schaften und Himmels­objekten, die seit jeher die Faszination der Astronomie in die Bevölkerung tragen und einen Beitrag zur Allgemein­bildung leisten, sind erheblich betroffen.

Die Astronomie bildet die Grundlage für unsere Erforschung und Nutzung des Weltraums. Mit der Entwick­lung hoch­ent­wickelter Observa­torien wurden zahl­reiche Fort­schritte bei der Erforschung unseres Universums erzielt. Astro­no­mische Beobach­tungen mit modernen Teleskopen, die den Himmel durch­mustern und in die Tiefen des Weltalls blicken und so unser Verständnis für das Universum fördern, werden aber durch die Vielzahl der Satelliten erheblich gestört. Zu nennen sind insbesondere alle Studien des dynamischen Universums. Bei optischen Teleskopen für empfindliche und häufige Weit­winkel­aufnahmen – wie zum Beispiel beim zukünftigen Vera C. Rubin Observatory – wird es genauso Einflüsse geben wie bei der Verfolgung und Über­wachung von Klein­körpern im Sonnen­system, die poten­ziell auch mit der Erde kolli­dieren können. Neben der optischen Astronomie werden aber auch die Beobach­tungen der Infrarot- und Radio­strahlung aus dem Weltall erheblich beein­trächtigt.

Die Radioastronomie wird ohnehin immer stärker von menschen­gemachten Signalen gestört, beispiels­weise durch das stetig wachsende Mobil­funk­aufkommen. Daher errichten die Wissen­schaft­lerinnen und Wissen­schaftler ihre Observa­torien in sehr abgelegenen Gebieten. Das Problem mit Störungen durch die Vielzahl der zu erwartenden Satelliten ist aber, dass diese rund um den Globus und damit selbst an den entlegensten Orten auf der Erde operieren und es somit auch für die Radio­astronomie kein Entkommen gibt.

Deutsche Forschende betreiben nicht nur Europas größtes Radio­teleskop, das 100-Meter-Teleskop in Effelsberg nahe Bonn, sondern sie sind auch an einer großen Zahl von modernsten Radio­observa­torien in der Welt beteiligt, wie etwa dem Atacama Large Milimeter Array oder dem im Bau befindlichen Square Kilometre Array in Australien und Südafrika. Auch diese abgelegenen Standorte werden dann betroffen sein. Auch für die bemannte und unbemannte Raumfahrt stellt die aktuelle Entwicklung ein Risiko dar, da mit ihr zwangs­läufig die Gefahr von Kollisionen steigt.

Die Beeinträchtigung des Nachthimmels wirkt sich weltweit aus, doch die Genehmigung der Starts von Satelliten erfolgt ausschließlich durch nationale Behörden, wie der US-amerika­nischen Federal Communi­cations Commission. Wir bringen hiermit unsere Besorgnis darüber zum Ausdruck und rufen dazu auf, durch inter­nationale Verein­barungen beim zukünftigen Ausbau von Satelliten­konstella­tionen den Schutz des Nacht­himmels über das gesamte elektro­magnetische Spektrum als mensch­liches Kulturgut und Forschungs­objekt zu gewähr­leisten.

Astronomische Gesellschaft / Vereinigung der Sternfreunde / Gesellschaft deutschsprachiger Planetarien

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