Gleiten durch die Mesosphäre
Jenaer Studenten navigieren Gleitflieger in achtzig Kilometern Höhe.
GAME – Glider for Atmospheric Measurements & Experiments: So hieß das Experiment von 15 Studierenden der Ernst-Abbe-Hochschule Jena, das in diesem Frühjahr auf der Raketenbasis in Lappland an den Start gebracht wurde. Eineinhalb Jahre hatten die Vorbereitungen gedauert, als es am 10. März soweit war. Im Rahmen des interdisziplinären Experiments flog eine mit einem Spezial-Gleitflieger bestückte Rakete 82,5 Kilometer hoch. Dreißig Kilometer östlich von Kiruna in Lappland, Nordschweden, befindet sich eine zivil genutzte Raketenbasis, auf der unter anderem Satellitendaten übertragen werden.
Ziel der Studierenden war es, einen mit der Rakete transportierten Gleiter, bestückt mit Sensoren, beim Wiedereintritt zu einem stabilen Flug zu bringen. In über achtzig Kilometern Höhe löste sich der kleine Gleiter von der Rakete ab und begann seine Reise zurück Richtung Erde. Wo im freien Fall früher nur etwa zehn Minuten Verweildauer in großer Höhe erreicht wurde, war der kleine Gleitflieger nun dreißig Minuten unterwegs bis zur Landung. Er wurde von Johannes Gründig, Studiengang Feinwerktechnik, aus speziellem Verbundmaterial für das Experiment entwickelt: Aus den extrem leichten, doch in Kombination sehr strapazierfähigen Stoffen Depron, Aramid und Glasfasern. Zusätzlich wurden Sensoren auf den Gleiter aufgebracht, um Messungen vornehmen zu können.
Leider wurde der Gleiter nach der Landung nicht wiedergefunden, da es angefangen hatte, zu schneien. Im Gespräch sagte der beteiligte Student Franz Lübke: „Das ist nicht weiter tragisch und tut dem Erfolg des Experiments keinen Abbruch. Damit haben wir gerechnet. Aber wir haben vor, im Sommer noch einmal nach Nordschweden zu einer Wanderung aufzubrechen und den Flieger zu suchen.“
Mit dem erfreulichen Ergebnis des Experiments ergeben sich in der Zukunft Chancen auf weitergehende Forschung. Neben sich anschließenden möglichen Masterarbeiten der beteiligten Studierenden haben auch schon andere wissenschaftliche Einrichtungen Interesse bekundet. Welche Auswirkungen auf verschiedenartige Stoffe hat die extreme Höhe? Derzeit liegt schon eine Anfrage aus der Schweiz vor, wo ein Raumfahrtmediziner den Einfluss von Höhenstrahlung auf DNA untersuchen möchte.
Das Experiment ist Teil der REXUS/BEXUS-Programmes, das im Rahmen einer bilateralen Vereinbarung zwischen dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR und der Schwedischen Nationalen Raumfahrtbehörde SNB durchgeführt wird. Der schwedische Anteil der Nutzlast wird Studenten aus anderen europäischen Ländern in Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumorganisation Esa zur Verfügung gestellt. Zahlreiche Experten unterstützen die Studententeams während des gesamten Projekts in technischer Hinsicht. EuroLaunch, die Kooperation zwischen dem Esrange Space Center von SSC und der Mobile Rocket Base (MORABA) des DLR, ist für das Kampagnenmanagement und den Betrieb der Trägerraketen verantwortlich.
EAH Jena / JOL