07.03.2017

Gute Noten zur Halbzeit

Eine Expertengruppe hat die Flaggschiff-Initiativen der Europäischen Kommission positiv begutachtet und sieht Potential für weitere Verbesserungen.

Eine international besetzte Gruppe aus Wissenschaftlern und Wissenschaftspolitikern hat die beiden laufenden Flaggschiff-Initiativen der Europäischen Kommission, das Human Brain Project (HBP) und Graphene, vorläufig begutachtet. Unter dem Vorsitz von Maria Chiara Carrozza, einer italienischen Professorin und Politikerin, beurteilten die Experten kurz vor Halbzeit der zehnjährigen Förderung beispielsweise, welchen Einfluss die Flaggschiff-Initiativen auf ihr Forschungsfeld hatten, und gaben Empfehlungen, wie die Europäische Kommission die Erfolge auf andere Arbeitsgebiete übertragen sollte.

Die beiden Pilotprojekte Graphene und HBP starteten im Oktober 2013 nach einem mehr als vierjährigen Auswahlprozess in die Anlaufphase. Ziel dieser ersten viereinhalb Jahre war es, Leitungsstrukturen aufzubauen, um die Projekte zu koordinieren. Außerdem sollten erste Forschungsziele erreicht und die benötigte Infrastruktur aufgebaut werden. Neben weiterer innovativer Forschung soll der seit 2016 laufende zweite Abschnitt (operative Phase) dazu dienen, aus den Forschungsergebnissen marktfähige Produkte zu entwickeln. Im Fall von Graphene handelt es sich dabei beispielsweise um flexible Elektronik, während das Human Brain Project eher langfristig Entwicklungen wie neuromorphe Computer vermarkten könnte.

Der Zeitplan für die Flaggschiffe Human Brain Project und Graphene erstreckt...
Der Zeitplan für die Flaggschiffe Human Brain Project und Graphene erstreckt über die Rahmenforschungsprogramme FP7 und Horizon 2020 hinaus. (Quelle: FET Flagships Interim Evaluation – Final Report)

Die Expertengruppe bescheinigt beiden Flaggschiff-Initiativen, dass sie sich auf einem ausgezeichneten Weg befinden, um die europäische Forschung auf ihrem jeweiligen Gebiet entscheidend voranzubringen. Allerdings steht wie erwartet zu diesem Zeitpunkt noch der Beweis aus, dass die Flaggschiffe damit auch innovative industrielle Entwicklungen anstoßen. Auch die langfristigen Auswirkungen auf die europäische Forschung lassen sich derzeit noch nicht einschätzen. Dazu sollen die Organisatoren der Flaggschiffe geeignete Indikatoren entwickeln, die mehr als eine Momentaufnahme der Leistungsfähigkeit liefern und möglichst unabhängig von der Forschungsrichtung anwendbar sind.

Die ersten Jahre mit dem Flaggschiff-Programm haben gezeigt, dass eine verstärkte Interaktion mit anderen Förderinstrumenten von Horizon 2020 erforderlich ist. Die Experten regen an, dass die Flaggschiffe verstärkt mit Initiativen auf nationaler Ebene zusammen arbeiten – insbesondere bei Kooperationen mit der Industrie. Bei künftigen Flaggschiff-Initiativen halten es die Experten für wichtig, frühzeitig Akteure aus nationalen Förderinstitutionen und Industrie in den Prozess einzubeziehen, um den größtmöglichen Mehrwert aus der langfristigen milliardenschweren Flaggschiff-Förderung zu erzielen.

Gerade unter diesem Aspekt ist der nun vorliegende Bericht sicher auch für die weitere Entwicklung des dritten Flaggschiffs Quantum Technologies interessant, das sich seit September 2016 in Vorbereitung befindet. Jürgen Mlynek, Nanooptiker und ehemaliger Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, leitet eine 25-köpfige Expertengruppe, die Empfehlungen ausarbeitet, wie dieses neue Flaggschiff am besten Fahrt aufnehmen soll.

Kerstin Sonnabend

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