Hirnstrom-Elektroden aus dem Drucker
Erfolgreiches Drucken einer elektrisch leitfähigen Tinte auf weiches Folienmaterial.
Auf der Haut angebrachte Elektroden sind das Kernelement sowohl für die Elektroenzephalographie (EEG) als auch für die Elektromyographie (EMG). Neben einer guten elektrischen Leitfähigkeit müssen die eingesetzten Elektroden auch hautverträglich sein und einen geringen Haut-Elektroden-Widerstand aufweisen. Heutige Standardelektroden sind aus Metall gefertigt und mit einer leitfähigen Gelschicht versehen, welche einen großflächigen elektrischen Kontakt zwischen der Metalloberfläche und der zerklüfteten Hautoberfläche herstellt. Bei Langzeitmessungen kann das Gel austrocknen und eine zuverlässige Messung am Patienten verhindern. Im erfolgreich beendeten BMBF-Forschungsprojekt „NanoEDGE“ wurde ein alternativer Ansatz verfolgt – basierend auf der Annahme, dass sich ein niedriger Haut-Elektroden-Widerstand auch ohne Einsatz eines Gels realisieren lässt.
Die Elektrode muss sich dafür gut an die zerklüftete Hautoberfläche anschmiegen und so eine große Kontaktfläche bilden. Zu diesem Zweck wird die Hautelektrode als dünne elektrisch leitfähige Schicht realisiert, die auf eine dünne und mechanisch flexible Kunststofffolie gedruckt ist. Die Herstellung der Hautelektrode umfasst das Drucken einer elektrisch leitfähigen Tinte auf weiches Folienmaterial, gefolgt vom Zuschneiden und Laminieren einer für das Aufkleben auf die Haut geeigneten Isolationsschicht. Vor allem die Dicke der einzelnen Schichten sowie die Gesamtdicke bestimmen hierbei die Kopplung der Elektroden mit der Haut und damit das erreichbare Signal-Rausch-Verhältnis. Die nur wenige Mikrometer dünnen Elektroden in Kombination mit kostengünstiger, miniaturisierter Elektronik dienen als Bausteine für eine neue Generation tragbarer Sensoren.
Das NanoEDGE-Projektteam untersuchte die Eignung verschiedener Tinten hinsichtlich ihrer Anwendung als Hautelektroden. Zunächst wurde die Druckbarkeit verschiedener Kohlenstoff-, Graphen- und Silbertinten per Inkjet-Drucker auf einer achtzig Mikrometer dünnen Folie aus Polyurethan bewertet. Weiterhin wurden die Abriebfestigkeit, die elektrische Leitfähigkeit und die Hautverträglichkeit der gedruckten Strukturen untersucht. Um die Druckbarkeit zu verbessern, wurde nachträglich die Zusammensetzung einer kommerziellen Graphentinte verändert. Die bewerteten Tinten umfassten insgesamt vier Silbertinten und fünf Graphen- oder Kohlenstofftinten. Während sich wie erwartet die Silbertinten als zellschädigend erwiesen, eigneten sich die Tinten auf Graphen- oder Kohlenstoffbasis, einschließlich der modifizierten Graphentinte, für den späteren Einsatz als Hautelektroden. Die Höhe der elektrischen Leitfähigkeit der mit Graphen- bzw. Kohlenstofftinten hergestellten Elektroden und Leiterbahnen erwies sich jedoch als unzureichend. Erfolgreich war schließlich der Ansatz, biokompatible Elektroden mit ausreichend hoher elektrischer Leitfähigkeit durch das Drucken einer biokompatiblen Kohlenstoffschicht auf eine hoch leitfähige Silberunterschicht zu realisieren. Zytotoxizitätstests zeigten, dass der biokompatible Kohlenstoff in dieser Mehrfachschicht das zellschädigende Silber ausreichend abdeckt.
Die im Laufe des Projekts erarbeiteten Druckprozesse wurden schließlich beim Projektpartner Notion Systems in Schwetzingen auf einen Industriedrucker transferiert, der ein Drucken im Hochdurchsatz gestattet. Das Drucken der Elektrodenstrukturen im industriellen Maßstab erfolgte mit einem n.jet-Drucker von Notion Systems mit industriellen Druckköpfen. Die Projektpartner der Universität Tel Aviv erbrachten den Nachweis der Eignung der gedruckten Elektroden sowohl für die EMG- als auch für die EEG-Signalableitung. Dabei kamen jeweils anwendungsspezifische Elektrodengeometrien zum Einsatz. Hierzu entwickelten die Sensomedical Labs in Nazareth eine miniaturisierte Sensorelektronik zum Aufbau kompletter Monitoringsysteme.
Eine eigens entwickelte Messmethode und Vorrichtung zur Charakterisierung der Steifigkeit gedruckter Elektroden half dabei, mit unterschiedlichen Tinten gedruckte Strukturen auf ihre mechanische Verformbarkeit hin zu untersuchen. Durch den Vergleich der mit dieser Methode ermittelten Verformbarkeiten mit dem Signal-Rausch-Verhältnis der abgeleiteten EEG-Signale konnte erstmals gezeigt werden, dass die Eignung von Hautelektroden zur Ableitung von EEG-Signalen mit der mechanischen Verformbarkeit der Elektroden korreliert. Dieses Ergebnis stützt die dem Forschungsprojekt zugrundeliegende Hypothese, dass die möglichst gute Anpassung der Elektroden an die Kontur der Haut einen entscheidenden Faktor für die rauscharme Ableitung von EEG-Signalen darstellt.
Das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik IBMT war im Projekt für die mechanische und biologische Charakterisierung der verschiedenen Tinten, die Konzeption der Prozesskette sowie die Entwicklung der Druckprozesse verantwortlich. Als Projektergebnis steht nun eine auf Graphen und Industrieruß basierte Tinte für den Inkjet-Druck zur Verfügung, die die erwartete elektrische Leitfähigkeit und eine gute Haftung auf PU-Folien aufweist. Weiterhin sind die Evaluierungsergebnisse verschiedener kommerzieller Silber- und Kohlenstofftinten bezüglich Druckbarkeit, Biokompatibilität und elektrischer Leitfähigkeit verfügbar.
Fh.-IBMT / JOL