Hyperloop: Keyplayer Vakuum rückt ins Blickfeld
TUM startet Forschungsprogramm zur Entwicklung eines Unterdrucktunnels.
Nun wird es Ernst in der Welt terrestrischer Hochgeschwindigkeitsreisen im luftleeren Raum. Während in den vergangenen vier Jahren Aufbau und Ausrüstung der Pod genannten Rennkapseln im Vordergrund der 2015 von Elon Musk ins Leben gerufenen Hyperloop Competitions standen, geht es nun um die Entwicklung und den Bau der partiell evakuierten Röhre selbst. Aufgrund äußerst geringer Reibungsverluste im Vakuum und modernster Magnetschwebetechnik sollen die Züge der Zukunft die Passagiere mit nahezu Schallgeschwindigkeit ans Ziel bringen. Nach vier jährlich in Hawthorne, Kalifornien, ausgetragenen Wettbewerben in einer geraden 1,6 Kilometer langen Unterdruckröhre setzte Elon Musk, CEO des ausrichtenden Unternehmens SpaceX, Anfang des Monats zeitgemäß via Twitter die Rahmenbedingungen für Folgeveranstaltungen: „We need to finish building a much longer vacuum tunnel for speed tests & probably have an additional competition for tunneling itself.“
Studenten der Technischen Universität München (TUM) haben in den letzten Hyperloop-Competitions bereits bewiesen, dass sie unschlagbar schnelle Prototypen der Passagierkapseln bauen können. Mit 467 Stundenkilometern stellten sie 2018 den Geschwindingkeitsrekord auf, an den auch sie selbst im letzten Jahr nur bis auf vier Stundenkilometer herankamen. Eine Leistung, die ihnen immerhin erneut den ersten Platz einbrachte. Nun werden sie in einem Forschungsprogramm gemeinsam mit Wissenschaftlern an der Realisierung des Superschnellzugs arbeiten.
Doch den Tüftlern geht es nicht nur um die Geschwindigkeit: Sie untersuchen auch, wie der Hyperloop ein sicheres, bezahlbares und nachhaltiges Transportmittel der Zukunft werden kann. So entwickelten sie unter anderem ein Schwebesystem für den Pod sowie den Prototyp einer Teströhre aus ultrahochfestem Beton.
Die Studenten konnten mit ihrem Engagement überzeugen: An der Fakultät für Luftfahrt, Raumfahrt und Geodäsie der TUM wurde nun das Hyperloop-Forschungsprogramm ins Leben gerufen. Gefördert wird das Programm aus Mitteln der Hightech Agenda Bayern der Bayerischen Staatsregierung.
In einer ersten Phase, die über zwei Jahre läuft, werden zunächst Systemanalysen durchgeführt, um die Machbarkeit und das Potential des Konzepts in Europa zu untersuchen, sowie Hyperloop-relevante Technologien entwickelt und erprobt. Außerdem sollen eine 24 Meter lange Teströhre auf dem Gelände des Ludwig Bölkow Campus in Taufkirchen / Ottobrunn sowie eine Prototyp-Kapsel im Maßstab 1:1 gebaut werden. Dabei wird die Expertise verschiedener Fachbereiche der TUM, etwa aus der Materialwissenschaft, dem Bauingenieurwesen und der Antriebssysteme, ins Programm einfließen.
Geleitet wird das Forschungsprogramm unter anderem von Agnes Jocher, die seit Anfang Juli die Professur für Sustainable Future Mobility innehat. „Der Hyperloop hat das Potential, eine schnelle, elektrische Alternative auf mittellangen Strecken zu bieten und somit nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Transport zu ermöglichen“, erklärt sie. „Es ist aber noch weitere Forschung nötig, um diese Annahme zu prüfen. Zum Beispiel müssen auch die Produktion und der Aufbau des Systems miteinbezogen werden.“
Gabriele Semino arbeitet seit 2017 im TUM-Hyperloop-Team und war bei drei Wettbewerben in Los Angeles dabei. Jetzt ist er als wissenschaftlichen Mitarbeiter am Programm beteiligt. „Beim Wettbewerb handelte es sich um Prototypen, die hauptsächlich auf ihre Geschwindigkeit ausgelegt worden sind“, erklärt er. „In diesem Programm verfolgen wir nun ein skalierbares Gesamtsystem, das von sämtlichen Aspekten wie der Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Sicherheit beeinflusst wird. Das über die Jahre hinweg gesammelte Wissen in der Hyperloop-Materie sowie im Prototypenbau wird uns jedoch auf jeden Fall unabdingbar sein.“
Anders als die bisherigen Prototypen soll der geplante „Demonstrator“ so groß wie eine mögliche zukünftige Passagierkapsel sein. „Unser letzter Prototyp hat unter 70 Kilogramm gewogen, jetzt sind wir bei mehreren Tonnen“, erklärt Semino. Die Teströhre soll inklusive Fundament etwa vier Meter hoch werden.
Zunächst soll das Konzept mithilfe des Demonstrators validiert werden. In einer späteren Phase des Programms ist eine längere Teststrecke für weitere Versuche angedacht.
TUM / LK
Weitere Infos
Weitere Beiträge