27.10.2025

Internationales Projekt zur Verschmelzung von Neutronensternen

Forschende der FSU und der Penn State untersuchen Multimessenger-Daten von kompakten Sternresten mit numerischer Relativitätstheorie.

Wenn Schwarze Löcher und Neutronen­sterne aufeinander zu spiralen, erzittert die Raumzeit: Die Verschmelzung dieser Himmels­körper setzt nicht nur riesige Energiemengen frei, die sich als Gravitations­wellen mit Licht­geschwindig­keit durch das Universum ausbreiten und von Gravitations­wellen­observa­torien wie LIGO und Virgo – und in Zukunft auch mit dem Einstein-Teleskop – erfasst werden können. Bei den Kollisionen von Neutronen­sternen und Schwarzen Löchern wird zudem Materie ins All geschleudert, was elektro­magnetische Strahlung wie Gamma­strahlen, Röntgen­strahlen und sicht­bares Licht erzeugt. Diese kann von boden­gestützten Observa­torien wie dem Very Large Telescope der ESO und von weltraum­gestützten Observatorien wie dem James Webb Space Telescope der NASA erfasst werden.

Sowohl die Gravitationswellen als auch elektro­magnetische Strahlung der Neutronen­stern­verschmelzung enthalten Informationen über die extremen physika­lischen Zustände, die sich auf der Erde selbst nicht reprodu­zieren lassen. Ein Beispiel dafür ist der noch immer unbekannte Ursprung Seltener Erden oder von Metallen wie Gold im Universum, die wahr­schein­lich während solcher Verschmel­zungen entstehen.

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Achim Schwenk und Ingo Tews • 12/2022 • Seite 28

Dichter Materie auf der Spur

„Voraussetzung für solche grund­legenden Entdeckungen ist, dass wir die Informa­tionen in den Gravitations­wellen und der elektro­magnetischen Strahlung lesen und richtig interpre­tieren können“, sagt Sebastiano Bernuzzi von der Univer­sität Jena. Zwar können die unter­schied­lichen Signale inzwischen zusammen empfangen werden. Sie umfassend zu analysieren, bleibt jedoch eine Heraus­forderung, erklärt der Professor für Theore­tische Physik und Gravitations­theorie.

Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen von der US-amerikanischen Pennsylvania State Univer­sity hat Bernuzzi ein neues Forschungs­projekt gestartet, das genau hier ansetzt: Das Projekt „Multi­messenger Astronomy of Neutron Star Mergers with Nume­rical Rela­tivity“ soll den theore­tischen Rahmen entwickeln, der für die Inter­pretation zukünftiger Beobach­tungen notwendig ist. Das Projekt wird im Rahmen des Förderprogramms „NSF-DFG Funding Opportunity for Collabo­rations in Physics“ durch­geführt und von der Deut­schen Forschungs­gemeinschaft an der Uni Jena mit rund 300.000 Euro gefördert.

Ein wesentlicher Bestandteil des Projekts ist der Aufbau einer öffent­lich zugäng­lichen Daten­bank mit etwa ein­tausend Simulationen von Neutronen­stern- und Schwarzer-Loch-Neutronen­stern-Verschmel­zungen. Die Forschenden wollen die verschie­denen Bedingungen von Stern­verschmel­zungen unter­suchen. Beispielsweise wollen sie heraus­finden, welche Massen die kollidie­renden Objekte haben und ob sie überwiegend aus „traditio­nellen” Teilchen wie Protonen und Neutronen oder eher aus „exoti­schen” Teilchen wie Quarks bestehen. Simulations­daten und Modelle werden eine theore­tische Grundlage für die Inter­pre­tation künf­tiger Beobach­tungen solcher Ereig­nisse liefern. So werden beispiels­weise Vorher­sagen darüber möglich sein, wie viel Materie von Doppel­sternen mit unter­schied­lichen Massen ausge­stoßen wird, welche Eigen­schaften die verschmel­zenden Objekte haben und welche charakte­ristischen Signaturen in den Gravitations­wellen zu finden sind.

Im Rahmen des Projekts werden Dokto­randinnen und Dokto­randen in den Bereichen relativis­tische Astro­physik, numerische allge­meine Relativi­täts­theorie, Strömungs­mechanik, Hoch­leistungs­rechnen und maschi­nelles Lernen ausge­bildet. „Das Team und das Projekt werden erheb­lich von der sich ergän­zenden Expertise der beiden Gruppen profi­tieren”, erwartet Prof. Bernuzzi. „Darüber hinaus ermög­lichen die Förder­mittel den Austausch von Master­studie­renden zwischen den beiden Univer­sitäten. Bachelor­studierende haben so die großartige Gelegen­heit, verschie­dene Forschungs­umgebungen und Lebens­weisen kennenzu­lernen.“ [FSU / dre]

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