Für seine bahnbrechende Forschung auf dem Gebiet der Warmen Dichten Materie wurde Professor Michael Bonitz vom Institut für Theoretische Physik und Astrophysik der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) mit dem John Dawson Award for Excellence in Plasma Physics Research 2021 ausgezeichnet. Mit dem Preis würdigt die American Physical Society (APS) jedes Jahr herausragende Errungenschaften in der Plasmaphysik. Prämiert wurde die Entwicklung neuer Simulationsverfahren, mit denen das Verhalten von Elektronen in Warmer Dichter Materie für alle relevanten Bedingungen erstmals exakt vorhergesagt werden kann. Warme Dichte Materie bezeichnet einen exotischen Materiezustand bei extremem Druck und niedrigen bis moderaten Temperaturen, wie er etwa im Inneren von Sternen und Planeten oder auch im Erdkern vorkommt.
Die mit 5.000 US-Dollar dotierte Auszeichnung teilt sich Bonitz mit seinen ebenfalls beteiligten ehemaligen Doktoranden Dr. Tim Schoof (Deutsches Elektronen Synchrotron, DESY), Dr. Tobias Dornheim (Center for Advanced Systems Understanding CASUS, Görlitz) und Dr. Simon Groth (McKinsey & Company). Ihre Ergebnisse entstanden in Kooperation mit Professor Dr. William Matthew Colwyn Foulkes (Imperial College London), Dr. Fionn D. Malone (QC Ware Corp) und Dr. Travis Sjostrom (Los Alamos National Laboratory), die ebenfalls ausgezeichnet werden. Die von ihnen entwickelten Monte-Carlo-Methoden konnten das sogenannte Fermionische Vorzeichenproblem überwinden und führten zu den ersten ab initio-Daten für das Elektronengas unter den Bedingungen Warmer Dichter Materie, heißt es in der Begründung der APS.
Ähnlich extreme Bedingungen wie im Inneren von Sternen und Planeten im Grenzbereich zwischen Festkörper und Plasma werden inzwischen auch im Labor erzeugt, etwa mit Hilfe von Hochintensitätslasern oder Freien Elektronenlasern, wie etwa am European XFEL zwischen Hamburg und Schenefeld in Schleswig-Holstein. Dabei werden unterschiedliche Materialien erhitzt, komprimiert oder stark angeregt. Bei der theoretischen Beschreibung dieser Materiezustände versagen etablierte Theorien und Computermodelle jedoch, da viele Effekte wie die Coulomb-Wechselwirkung der geladenen Teilchen, Quanten- und Spineffekte der Elektronen, sowie die starke Anregung aus dem Grundzustand simultan berücksichtigt werden müssen.
Dr. Tim Schoof, mittlerweile wissenschaftlicher Mitarbeiter am DESY, Hamburg, im Bereich Forschung mit Photonen/Scientific Computing) legte mit seiner ersten Implementierung des neuen Configuration Path Integral Monte Carlo-Verfahrens und seiner Anwendung auf das homogene Elektronengas in seiner Promotion in der Arbeitsgruppe von Professor Michael Bonitz den Grundstein für den Erfolg des Forschungsteams. Dr. Simon Groth (inzwischen consultant bei McKinsey & Co.) setzte diese Untersuchungen im Rahmen seiner Masterarbeit und seiner Promotion in der Arbeitsgruppe von Professor Michael Bonitz fort. Dr. Tobias Dornheim, jetzt wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Warme Dichte Materie am Center for Advanced Systems Understanding, Görlitz, entwickelte in seiner Promotion bei Bonitz zunächst Permutation Blocking Path Integral Monte Carlo und originelle Lösungen für die Ab initio-Berechnung thermodynamischer Eigenschaften warmer dichter Materie. Seitdem hat er viele weitere innovative Zugänge entwickelt – etwa zum dynamischen Strukturfaktor, der Lokalfeldkorrektur und der linearen und nichtlinearen Dichteresponse des Elektronengases – und das Forschungsgebiet der Warmen Dichten Materie damit erheblich vorangetrieben.
Der Preis wurde als Award for Excellence in Plasma Physics im Jahr 1981 von der American Physical Society (APS), der größten physikalischen Fachgesellschaft zur Anerkennung einer besonderen, kürzlich erbrachten herausragenden Leistung in der Plasmaphysikforschung eingerichtet. Seit 2007 stellt die University of California, Los Angeles (UCLA) – and der der renommierte Plasmaphysiker John Dawson fast 30 Jahre bis 2001 tätig war – großzügige Mittel zur Verfügung, die durch Spenden von Familie, Freunden und Kollegen von John Dawson ermöglicht werden. Die APS-Abteilung für Plasmaphysik (DPP) wird die Auszeichnung auf ihrer Jahrestagung im November in Pittsburgh, Pennsylvania USA, überreichen.
CAU / LK