20.11.2025

Kagome-Kristalle: Geometrie beeinflusst die Quantenkohärenz

Langstrecken-Elektronenkohärenz in sternförmigem Kristallsäulen-Metall bildet ohne Supraleitung einen formempfindlichen Quantenzustand.

Forschende am Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) in Hamburg haben eine bemerkenswerte neue Form von Quantenverhalten entdeckt. In sternförmigen Kagome-Kristallen – benannt nach einem traditionellen japanischen Bambuskorb-Flechtmuster – synchronisieren sich Elektronen, die sich normalerweise wie eine laute Menschenmenge verhalten, plötzlich und bilden einen kollektiven „Song“, der von der Form des Kristalls abhängt. Wie die Arbeit zeigt, kann die Geometrie selbst die Quantenkohärenz beeinflussen, was die Möglichkeit zur Entwicklung neuer Materialien eröffnet, bei denen die Form die Funktion bestimmt.

Quantenkohärenz ist normalerweise auf exotische Zustände wie Supraleitung beschränkt, bei denen sich Elektronen zu Paaren verbinden und kohärent fließen. In gewöhnlichen Metallen wird diese Kohärenz schnell von Kollisionen im Material zerstört. Das Kagome-Metall CsV3Sb5, das aus Kristallsäulen mit nur wenigen Mikrometern Durchmesser konstruiert wird, verhält sich anders: Das Team beobachtete nach Anlegen eines Magnetfeldes Aharonov-Bohm-ähnliche Schwingungen im elektrischen Widerstand, was zeigt, dass die Elektronen kollektiv interferierten und weit über das hinaus kohärent blieben, was die Einzelteilchenphysik zulassen würde. „Das ist nicht das Verhalten, das wir von nicht wechselwirkenden Elektronen erwarten“ sagt Studienleiter Chunyu Guo. „Es deutet auf einen kohärenten Vielteilchenzustand hin.“

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Carsten Timm • 12/2024 • Seite 18

Kagome-Supraleiter sorgen für Wirbel

Noch überraschender war, dass die Schwingungen von der Geometrie des Kris­talls abhingen. Recht­eckige Proben wechselten ihr Muster im rechten Winkel, während Paral­lelo­gramme dies bei 60° und 120° taten – genau entspre­chend ihrer Geo­me­trie. „Es ist, als wüss­ten die Elektronen, ob sie sich in einem Recht­eck oder einem Paral­lelo­gramm befin­den“, erklärt Instituts­direktor Philip Moll. „Sie singen in Harmonie – und der Song ändert sich je nach dem Raum, in dem sie sich befin­den.“

Die Entdeckung deutet auf eine neue Mög­lich­keit hin, Quanten­zustände zu formen: durch die Gestal­tung der Geome­trie eines Mate­rials. Wenn Kohärenz nicht nur beobachtet, sondern auch gestaltet werden kann, könnten Forschende Materi­alien entwickeln, die sich wie gestimmte Instru­mente verhalten – bei denen nicht nur die Chemie, sondern auch die Struktur ihre Reso­nanz bestimmt. „Kagome-Metalle geben uns einen Ein­blick in eine Kohärenz, die sowohl robust als auch form­empfind­lich ist“, sagt Moll. „Das ist ein neues Design­prinzip, mit dem wir nicht gerechnet haben.“

Kagome-Gitter faszi­nieren seit langem auf­grund ihres komplexen Designs aus inein­ander verwo­benen Drei- und Sechs­ecken, die die Elek­tronen in neue Bahnen zwingen und so zu exoti­schen Phasen des Materials führen. Die jüngsten Erkennt­nisse des Ham­burger Teams erweitern dies nun von der atomaren Ebene auf die Größe von Chips und Elek­tronik und zeigen, dass die Geome­trie das kollek­tive Quanten­verhalten von Elek­tronen beeinflusst. Ähnlich wie ein Chor in einer Kathe­drale anders klingt als in einem Konzert­saal, scheinen Elek­tronen in diesen stern­förmigen Kris­tallen einen neuen Klang zu erzeugen – einen Klang, der nicht nur von der Anord­nung der Atome, sondern auch von ihrer Form beeinflusst wird. Derzeit ist dieses Phänomen auf Labor­beding­ungen beschränkt, wo fokus­sierte Ionen­strahlen Kristalle zu mikro­meter­großen Säulen schneiden. Die Auswir­kungen dieser Forschung sind jedoch weit­reichend. „Sobald Kohärenz nicht mehr nur entdeckt, sondern auch gestaltet werden kann, könnte sich die Grenze der Quanten­materi­alien von der Chemie zur Archi­tektur verschieben“, sagt Guo „es könnte die Mög­lich­keit eröffnen in Zukunft Quanten­funktio­nalität für Elek­tronik durch gezieltes manipu­lieren der Geometrie zu ent­wickeln“. [MPSD / dre]

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Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie

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22761 Hamburg
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