KI überwacht Windkraftanlagen
Neues Projekt soll Betrieb und Wartung der Kraftwerke optimieren helfen.
Die Zustandsüberwachung von Windenergieanlagen kann Stillstandzeiten und Folgeschäden verhindern. Für dieses Ziel starteten jüngst Christine Preisach aus der Fakultät für Informatik und Wirtschaftsinformatik der Hochschule Karlsruhe und Martin Kato vom Energieversorger EnBW das gemeinsame Projekt „Condition Monitoring 4.0 bei Windenergieanlagen (AutoDiagCM)“. Eine präzise Fehlerfrüherkennung soll zudem eine Steigerung des Energieertrags und den Übergang von einer rein reaktiven zu einer zustandsbasierten Instandhaltung der Anlagen ermöglichen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit rund 1,34 Millionen Euro bis Ende September 2025 gefördert.
Die Leistungsfähigkeit erneuerbarer Erzeugungsanlagen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, wodurch auch zunehmend mehr Informationen verfügbar sind. Jede neue Analyse, Überwachungsmethode oder ein neuer Kennwert erhöht jedoch den Aufwand in deren Bewertung durch Experten. Mit zunehmender Anzahl der zu überwachenden Anlagen, Kennwerte und verfügbaren Signale wird auch die Verwaltung und Aktualisierung von Schwellenwerten zur Erkennung von Abweichungen immer komplexer und zeitintensiver. Ohne automatisierte und damit maschinelle Unterstützung wird es dadurch immer schwieriger, den Zustand der Anlagen zu beurteilen.
Da Schäden selten und sehr vielfältig auftreten können, benötigen selbstlernende Verfahren viele charakterisierende Schadensdaten. Diese Daten fehlen in der Praxis, wodurch solche Verfahren in der Regel nur allgemeine Aussagen über den Zustand einer Anlage erlauben, bspw. dass die Anlage auffällig ist. Notwendig wird dann eine manuelle Analyse, um auf bestimmte defekte Komponenten zu schließen. Um die Ziele des Ausbaus erneuerbarer Energieerzeugung und die Optimierung der Instandhaltungskosten zu erreichen, ist daher die Entwicklung von skalierbaren Überwachungsmethoden notwendig.
Der Überwachungsaufwand darf sich mit steigendem Ausbau solchern Anlagen nicht weiter erhöhen. Dies erfordert automatisierte Diagnosen von Schäden und den Austausch von Erkenntnissen zwischen Anlagen. Eine moderne Windenergieanlage verfügt heute über knapp 2000 Betriebsdatenpunkte bzgl. Temperaturen, Druckverhältnisse oder Ströme. Hinzu kommen Messdaten und Ergebnisse von Spezialsystemen wie Rotorblatt-, Struktur- oder Triebstrangüberwachung. Will man alle diese Daten aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten, Abweichungen von deren Normalzuständen interpretieren oder müssen diese Daten für unterschiedliche Überwachungsaufgaben speziell aufbereitet und weiterverarbeitet werden, entstehen schnell zehntausende von Parametern pro Anlage, die überwacht werden müssen.
Werden diese vielen Parameter allerdings mit Schäden und Ereignissen kombiniert, wie sie sich etwa aus Instandsetzungsprotokollen ergeben, entstehen Datensätze, mit denen maschinelles Lernen möglich wird. Deutlich wird dieses Prinzip bei der Betrachtung eines defekten Windgeschwindigkeitssensors. Das Signal „Windgeschwindigkeit“ kann aus verschieden Richtungen eingeordnet werden: Passt die Windgeschwindigkeit noch zur Leistung? Verhält sich das Signal an sich auffällig? Hat sich das Verhältnis der Windgeschwindigkeit von der einen Anlage zur Windgeschwindigkeit der Nachbaranlage geändert? All diese Fragen lassen sich mit modernen Überwachungsmethoden beantworten und in Form von Parametern ausdrücken, die eine Abweichung beschreiben.
Problematisch ist allerdings dabei, dass jede Überwachungsmethode nicht vollkommen und damit fehleranfällig ist. Ein solches System produziert ohne weitere Nachbearbeitung bei entsprechend großer Abweichung eine Vielzahl von Alarmen, die nur für den Einzelfall händisch analysierbar sind und zur richtigen Diagnose führen. Angewendet auf eine Vielzahl von Anlagen versagt dieser Ansatz schlicht schon aufgrund der absoluten Fallzahl und des zu bearbeitenden Datenvolumens. Die Verknüpfung der Vielzahl an Informationen mithilfe künstlicher Intelligenz könnte hier helfen, das Problem zu lösen.
Folgende Ziele sollen erreicht werden: eine hohe Überwachungsbreite und -tiefe, eine Automatisierung des Diagnoseprozesses, eine kontinuierliche Weiterentwicklung auf Basis historischer und bereits erkannter Schäden, eine Übertragbarkeit von Erkenntnissen und Fehlern auf Anlagen des gleichen Typs und eine flexible Erweiterbarkeit, indem zusätzliche Datenquellen und Analysemethoden integriert werden können. Durch die Verfolgung dieser Ziele wird eine ganzheitliche und fortschrittliche Überwachungslösung angestrebt, die den manuellen Überwachungsaufwand deutlich senkt.
HKA / JOL