22.12.2016

Kosmische Strahlung auf der ISS

Messungen legen Basis für eine dreidimensionale Karte der Strahlenbelastung. 

Von außen sehen die Päckchen unspek­takulär aus, aber in ihrem Inneren befinden sich jeweils hunderte von kleinen Detektoren, die in der Inter­nationalen Raum­station ISS die kosmische Strahlung erfassen. Nun hat der euro­päische Astronaut Thomas Pesquet das mittlerweile zehnte Detek­toren-Set für das Expe­riment DOSIS 3D im Forschungs­labor Columbus installiert. An insgesamt elf verschiedenen Orten im Modul zeichnen die Detektoren für sechs Monate die Strahlung auf, bis sie wieder ein­gesammelt und zur Auswertung auf die Erde trans­portiert werden. „So können wir über einen längeren Zeitraum ein drei­dimensionales Bild gewinnen, wo im Forschungs­labor welche Strahlung ankommt“, erläutert Thomas Berger, Strahlen­physiker am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR. Zudem messen die Wissen­schaftler die ganz persönliche Strahlendosis des fran­zösischen Astro­nauten im Auftrag des Euro­päischen Astronauten­zentrums EAC mit einem passiven Personendosimeter. Erstmals können aber auch mit dem neu instal­lierten System EAD (ESA Active Dosimeter) die Strahlungs­daten des Astro­nauten den Strahlen­physikern auf der Erde in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden.

Abb.: Im Inneren des orangenen Päckchens befinden sich hunderte von kleinen Detektoren, die im Forschungslabor Columbus der Internationalen Raumstation ISS die Strahlung erfassen. (Bild: DLR / ESA)

Auf Menschen auf der Erde – geschützt durch die Atmo­sphäre und das Magnet­feld – wirkt eine tägliche Strahlen­dosis von gerade einmal 0,0025 Milli­sievert. Für Astro­nauten liegt die Belastung an ihrem schwebenden Arbeits- und Wohnort im All deutlicher höher: Durch­schnittlich 0,8 Millisievert am Tag beträgt die Strahlen­dosis im Forschungs­modul Columbus auf der ISS. „Unser Ziel ist es, in Zusammen­arbeit mit unseren Kooperations­partnern, der ameri­kanischen Weltraum­behörde NASA, der japa­nischen Raumfahrt­agentur JAXA und dem russischen Institut für Biomedi­zinische Probleme IMBP, eine drei­dimensionale Karte der Strahlen­belastung in der gesamten ISS zu erstellen“, erläutert Strahlen­physiker Thomas Berger vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrt­medizin.

Jeweils in Abhängig­keit von der Sonnen­aktivität oder auch der Flughöhe der ISS ändere sich die Strahlung, der die Astro­nauten im Inneren der ISS ausgesetzt seien. Da vor allem vom Material der ISS die kosmische Strahlung abgehalten würde, hätten sogar einzelne Experiment-Racks oder andere Ausrüstungs­gegenstände einen Einfluss auf die Strahlen­dosis. Alleine innerhalb des Forschungs­moduls Columbus kann die Strahlen­dosis an ver­schiedenen Positionen um 50 Prozent variieren.

Die Erkennt­nisse der inter­nationalen Teams sind wichtig für die Gesundheit der Astro­nauten. Die ameri­kanische Weltraum­behörde NASA setzt beispiels­weise Limits, die ein Astronaut in seiner gesamten Berufs­karriere nicht überschreiten soll: Erreicht ein Astronaut im Laufe seiner Beruf­skarriere durch mehrere Missionen im All diesen Wert, sind weitere Einsätze für ihn nicht mehr vorgesehen. Menschen auf der Erde erreichen in einem Jahr einen durch­schnittlichen Wert von drei bis vier Millisievert, in dem neben der Rest­strahlung, die die Erde erreicht, auch zum Beispiel die Strahlung von medi­zinischen Unter­suchungen wie Röntgen­aufnahmen oder Computer­tomographien enthalten sind.

Wertvoll ist die Erforschung der Strahlen­belastung, der ein Astronaut ausgesetzt ist, aber auch für die Planung zukünf­tiger Langzeit­missionen zu Mond oder Mars. „Dafür ist es ent­scheidend, die Höhe und auch die Auswirkung der Strahlen­belastung zu erforschen“, sagt Strahlen­physiker Thomas Berger. „Nur so kann man auch über Limits für die Astro­nauten sprechen, die eingehalten werden müssen.“ Diese Werte können jedoch für Langzeit­missionen derzeit nur mit Computer­modellen berechnet werden. Die gemessenen Daten an Bord der ISS sind daher eine Möglichkeit, diese Rechnungen auf ihre Richtig­keit hin zu überprüfen. Mit der Techno­logie-Demon­stration EAD, der jüngsten Ent­wicklung zur Erfor­schung der kosmischen Strahlung auf der ISS, werden die Möglich­keiten zur Strahlungs­messung während des Aufent­halts der Astro­nauten im All und die Wissen­schaftler auf der Erde zudem noch erweitert, erläutert ESA-Projekt­leiter Ulrich Sträube.

Abb.: Astronaut Thomas Pesquet schwebt über dem EAD, dem ESA Active Dosimeter, mit dem die Messdaten seiner persönlichen Strahlendosis in Echtzeit zur Erde gesendet werden können. (Bild: DLR / ESA)

Erste Werte für einen Flug und einen Aufenthalt auf dem Mars aber haben die Wissen­schaftler des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrt­medizin bereits mit ihrer Beteiligung am Strahlungs­messgerät RAD (Radiation Assess­ment Detector) an Bord des ameri­kanischen Mars-Rovers Curiosity gewonnen: Erstmals konnte bereits auf dem fast sechs­monatigen Flug zum Mars ein Instrument die Strahlen­belastung messen. Seit der Landung am 6. August 2012 zeichnet das Gerät außerdem die Strahlungs­belastung auf dem Mars auf. „Auf dem Flug betrug die Strahlung etwa zwei bis drei Milli­sievert pro Tag, auf dem Mars selbst dann 0,8 Milli­sievert pro Tag.“ Die Atmo­sphäre des Mars würde also einen Schutz ähnlich wie die Außen­hülle der Raum­station ISS bieten.

Das DOSIS 3D-Experiment läuft bereits seit Mai 2012 mit jeweils elf passiven Detektor­paketen, die erst auf der Erde ausgewertet werden können, sowie zwei aktiven Detek­toren, deren Werte einmal monatlich zur Erde übertragen werden. Das passive Personen­dosimeter EuCPD (European Crew Personal Dosi­meter), das erstmals Astronaut Thomas Reiter 2006 während seines gesamten Aufent­halts auf der ISS am Körper trug, wird auch von Astronaut Thomas Pesquet getragen und am DLR im Auftrag der ESA nach seiner Mission ausge­wertet.

DLR / JOL

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

Weiterbildung

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie
TUM INSTITUTE FOR LIFELONG LEARNING

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie

Vom eintägigen Überblickskurs bis hin zum Deep Dive in die Technologie: für Fach- & Führungskräfte unterschiedlichster Branchen.

Meist gelesen

Themen