Krater wie auf dem Mond
Rasterelektronen-Mikroskop liefert überraschende Nahaufnahmen von Kosmetika.
Der Kosmetikpinsel hat Spliss. Durch mehrfaches Auftragen von Puder sind seine Haare brüchig geworden. Holger Uphoff kann das sehen – indem er die feinen Haare im Rasterelektronenmikroskop im Labor auf dem Steinfurter Campus der FH Münster um ein Vielfaches vergrößert. Der Forscher macht dies auf Bitten des Instagram-Kanals BeautyQuarks, einem Ableger der Wissenschaftssendung „Quarks“, der in dem sozialen Netzwerk einen greifbaren und optisch ansprechenden Zugang zur Wissenschaft schaffen möchte. Das Quarks-Team wünscht sich deshalb Nahaufnahmen und Elementanalysen von verschiedenen Kosmetikmitteln, um sie dort zu veröffentlichen. Holger Uphoff, Hans-Christoph Mertins und Siemon Albers von der FH Münster fertigen diese Bilder dafür an.
Die Anfrage kommt nicht von ungefähr – erst kürzlich hat das Team des Labors „Physik der Materialien/Elektronenmikroskopie“ der FH Münster für BeautyQuarks solche Aufnahmen gemacht – allerdings von Kuh- und pflanzlicher Milch. Das Rasterelektronenmikroskop kann ganz nah an Proben heranzoomen und somit die Oberflächenstrukturen einzelner Moleküle sichtbar machen.
„Es geht bei der heutigen Untersuchung darum, zu sehen, was sich für Stoffe in den Kosmetika befinden“, ordnet Hans-Christoph Mertins die Versuche ein. Die Nanopartikel, die die verschiedenen Produkte enthalten, seien so klein, dass sie prinzipiell in die Hautzellen eindringen können. „Da ist es natürlich interessant, mit dem Elektronenmikroskop zu sehen, woraus sie bestehen.“ Für eine weitere Untersuchung, zum Beispiel medizinischer Aspekte, werden sie in der Regel an Biologen oder auch Chemiker weitergeschickt. „Diese Interdisziplinarität ist bei uns auch in Studiengängen wie Materials Science and Engineering bemerkbar“, sagt Mertins. Er koordiniert den Studiengang an der Hochschule, bei dem das Rasterelektronenmikroskop auch zum Einsatz kommt.
Der Pinsel mit dem Puder offenbart jedoch keine Überraschung. „Das hier könnte Talkum sein“, vermutet Uphoff auf den ersten Blick, als er sich die Probe einmal genauer ansieht. Talkum? „Das wäre nicht ungewöhnlich“, erläutert der Forscher. „Dabei handelt es sich um ein Mineral, das häufiger in Pudern verwendet wird.“ Mit Talkum „pudern wir unser Gesicht und belegen es wie ein Dach mit Dachziegeln“, erläutern Mertins, Uphoff und Albers später in ihrem Abschlussbericht der Untersuchung.
Neben Puder und Pinsel nimmt Uphoff Nagellack, Lippenstift, Karnevalsschminke, Anti-Falten-Creme, Zahnpasta und ein Peeling unter die Lupe. Gerade bei den Proben, die Flüssigkeit enthalten, wird es spektakulär. Mit flüssigem Stickstoff schockgefriert er die Untersuchungsgegenstände. Nebel steigt im Labor auf, als Uphoff das Peeling mit dem schätzungsweise minus 196 Grad Celsius kalten Stickstoff herunterkühlt. „Im Rasterelektronenmikroskop befindet sich ein Vakuum“, erklärt er. „Darin würde die Flüssigkeit verdampfen.“ Deshalb müssen die Stoffe verfestigt werden.
Wie bei den übrigen Proben des Tages fallen dem Mikroskopie-Experten jedoch keine ungewöhnlichen Bestandteile des Peelings auf. Dafür offenbart die Untersuchung aber erstaunliche Bilder: Die Aufnahmen, die er von den feinen Kügelchen im Peeling anfertigt, sehen für das ungeübte Auge aus wie Krater in einer Mondlandschaft. Die Aufnahmen zeigt BeautyQuarks ab dem 5. Oktober unter @beautyquarks auf Instagram.
FH Münster / RK
Weitere Infos
- Labor für Physik der Materialien/Elektronenmikroskopie, Fachhochschule Münster
- BeautyQuarks auf Instagram