Licht mit Nanoantennen steuern
Neue Professur für photonische Nanomaterialien erforscht Nanofilme mit winzigen Antennen.
Viele Technologien, die heute unseren Alltag bestimmen, wären ohne Kontrolle über das Licht undenkbar. Eine Schlüsselrolle in der künftigen Photonik könnte dabei das Forschungsfeld von Isabelle Staude von der Universität Jena einnehmen. Die Physikerin entwickelt kleinste photonische Strukturen – unter anderem Nanofilme –, um damit Licht in maßgeschneiderte Form zu bringen. Seit neuestem ist die 38-jährige Wissenschaftlerin Professorin für photonische Nanomaterialien an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
„Lichtteilchen besitzen weder eine Ladung noch eine Ruhemasse und sind deshalb nur schwer zu kontrollieren“, erklärt Isabelle Staude. „Hier kommen unsere künstlich hergestellten Nanofilme ins Spiel, mit denen wir beispielsweise bestimmen können, wie viel Licht in welche Richtung abstrahlt.“ Möglich machen das winzige „Antennen“, aus denen die Nanofilme aufgebaut sind. Ganz analog zur Wechselwirkung herkömmlicher Antennen mit Radiowellen kann Licht als elektromagnetische Welle in den Nanoantennen elektrische Ströme induzieren. Je nachdem wie und aus welchem Material diese Mini-Antennen konstruiert sind, können sie Licht ablenken, fokussieren oder seine Eigenschaften verändern. Um die Lichtwellen mit den Antennen „empfangen“ zu können, müssen diese sehr klein sein und dürfen eine Größe von wenigen hundert Nanometern nicht überschreiten.
Eine Herausforderung besteht für Staude und ihre Mitarbeiter also darin, Materialien in dieser geringen Größe überhaupt anzufertigen. Dafür kommt ein spezielles lithographisches Verfahren zum Einsatz, bei dem ein Elektronenstrahl die Form und Position der Nanoantennen vorgibt. Das Endergebnis kann man nicht mit bloßem Auge, sondern nur unter dem Elektronenmikroskop betrachten. Doch der große Aufwand lohnt sich: Nanofilme könnten einmal herkömmliche optische Komponenten wie Linsen ersetzen. „Sie besitzen nicht nur eine höhere Funktionalität, sondern sind auch viel dünner und leichter“, erläutert Staude. „Sie könnten in Displays, Sensoren oder in der Mikroskopie eingesetzt werden, um nur ein paar Anwendungsbeispiele zu nennen.“ Bis es zur breiten Nutzung der Nanofilme kommt, will Staude das Konzept noch weiterentwickeln. Dafür setzt sie – im Gegensatz zu vielen anderen Forschungsgruppen, die Metalle bevorzugen – auf Nanofilme aus Dielektrika.
Isabelle Staude geriet eher zufällig an ihr Forschungsthema. Während des Studiums in Konstanz interessierte sie sich hauptsächlich für Elementarteilchenphysik. Dann kam sie bei einem Forschungspraktikum in Südkorea mit der damals weniger bekannten Nanophotonik in Kontakt – und blieb dabei. „Ich war sofort davon begeistert“, erinnert sich die gebürtige Frankfurterin. „Besonders gefiel mir, dass ich den gesamten Forschungsprozess überblicken und dabei selbst kreativ sein kann.“ Im Jahr 2011 wurde sie am Karlsruher Institut für Technologie über dreidimensionale Nanostrukturen promoviert und zog danach für drei Jahre nach Australien, um an der Australian National University in Canberra zu forschen. Parallel zu ihrer Promotion absolvierte sie noch ein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität Hagen. „Tatsächlich hilft mir dieses Zweitstudium noch heute“, sagt Staude. „Oft muss ich auch als Forscherin wie eine Managerin denken, etwa wenn es darum geht, neue Teammitglieder einzustellen und die Finanzierung eines Projekts im Auge zu behalten.“
2015 wechselte sie von Canberra an die Universität Jena, wo sie zunächst die Nachwuchsgruppe für photonische Nanostrukturen leitete, bevor sie nun zur Professorin ernannt wurde. „Jena ist zweifellos das Mekka der Optik“, zeigt sich Staude von ihren Möglichkeiten beeindruckt. „Eine solche Ansammlung optischer Forschung und Unternehmen ist weltweit einmalig. Dazu kommt das sehr gute akademische Umfeld, das mir die Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen wie der Chemie ermöglicht.“
FSU / DE