08.10.2018

Lückenloses Höhenmodell der Erde

Digitales Höhenmodell mit neunzig Metern Auf­lösung jetzt frei ver­füg­bar.

Als der Radarsatellit TanDEM-X am 21. Juni 2010 ins All startete, flog sein „Zwilling“ TerraSAR-X dort bereits seit dem 15. Juni 2007 um die Erde. Gemeinsam, im engen Forma­tions­flug, zeichnen die beiden deutschen Radar­satel­liten seitdem die Erde auf – beide Satel­liten „sehen“ während des Über­fluges den­selben Gelände­abschnitt, aller­dings aus leicht unter­schied­licher Perspek­tive. Das am Boden reflek­tierte Signal trifft wegen der gering­fügig unter­schied­lichen Ent­fernung mit leichtem Zeit­versatz bei den Satel­liten ein. Dieser Entfer­nungs­unter­schied wird inter­fero­metrisch auf Milli­meter genau erfasst. Um genaue Höhen zu berechnen, waren zwischen 2011 und Ende 2015 mehr­fache Auf­nahmen der gesamten Land­ober­fläche der Erde not­wendig. Dabei vari­ierte der Abstand zwischen den beiden Zwillings­satel­liten zwischen 500 Metern und teil­weise nur noch 120 Metern.

Abb.: Höhenmodell von Palmerland auf der ant­ark­tischen Halb­insel. (Bild: DLR)

Daraus entstand an den Rechnern des DLR ein digitales Höhen­modell der Erd­ober­fläche. Aus den voll­auf­ge­lösten Daten mit einem Mess­punkt­abstand von zwölf Metern wurden auch Vari­anten mit redu­zierten Auf­lösungen von dreißig Metern und neunzig Metern erstellt. Während der Zugang zu den zwölf Meter und dreißig Meter Höhen­modellen wegen der kommer­ziellen Verwer­tung gewissen Beschrän­kungen unter­liegt und ein wissen­schaft­liches Antrags­ver­fahren erfordert, wird nun das 90-Meter-DEM auf einem Server des DLR kosten­frei für die wissen­schaft­liche Daten­nutzung zur Ver­fügung gestellt. Damit orien­tiert sich das DLR an der europä­ischen Daten­politik im Rahmen des Erd­beob­ach­tungs­programms Coper­nicus mit einem offenen und kosten­freien Zugang zu Satel­liten­daten.

Das TanDEM-X-DEM deckt sämtliche Landoberflächen der Erde mit ins­gesamt mehr als 148 Millionen Quadrat­kilo­meter ab. Die absolute Höhen­genauig­keit beträgt dabei einen Meter. Dieses Abbild der Erde in 3D wurde im September 2016 fertig­gestellt und ist etwa dreißig Mal genauer als andere globale Daten­sätze. Die mit TanDEM-X und TerraSAR-X erstellten Höhen­modelle haben zusätz­lich den Vorteil, dass sie die Erde erst­mals mit ein­heit­licher Genauig­keit und ohne Lücken erfassen.

„Mit dem freien und unkomplizierten Zugang zu den Höhen­modellen von TanDEM-X mit 90-Meter-Raster erwarten wir welt­weit mehrere 100.000 Down­loads in den nächsten Monaten für Anwen­dungen im Bereich der Geo-, Hydro- und Umwelt­wissen­schaften sowie Infra­struktur­planung und Fern­erkun­dung“, erläutert Alberto Moreira, Direktor des DLR-Instituts für Hoch­frequenz­technik und Radar­systeme. Kommer­zielle Nutzer müssen sich weiterhin an Airbus Defence & Space wenden.

Insgesamt arbeiten schon über 2400 Wissenschaftler aus siebzig Ländern mit den Radar­daten von TanDEM-X und TerraSAR-X. Die digitalen Höhen­modelle können für topo­gra­fische Karten ver­wendet werden, aber auch für die Erfas­sung von Land­schafts­nutzungen und Vegeta­tion, für hydro­lo­gische Infor­ma­tionen wie beispiels­weise Ent­wässe­rungs­wege oder Nässe­gehalts des Bodens oder auch für die Beob­ach­tung von polaren Eis­kappen oder Gletschern.

Derzeit nehmen die beiden Satelliten im Formationsflug die Erde weiterhin auf, um Ände­rungen der Topo­grafie zu erfassen, die sich zwischen­zeit­lich beispiels­weise durch Erdbeben, bei Gletschern, in Perma­frost­gebieten oder bei land­wirt­schaft­lich genutzten Gebieten und in urbanen Räumen ergeben haben. Die Satel­liten funktio­nieren nach elf und acht Jahren im Orbit weiterhin einwand­frei und haben ihre nomi­nelle Lebens­dauer von 5,5 Jahren weit über­troffen. „Die Qualität der Daten von TerraSAR-X und TanDEM-X ist nach wie vor hervor­ragend, beide Radar­instru­mente arbeiten wie am Anfang der Mission. Auf Grund der noch verfüg­baren Treib­stoff­ressourcen und des guten Zustands der Batterien erscheint ein Betrieb über 2020 hinaus möglich“, erläutert DLR-Missions­manager Stefan Buckreuß.

Eine mögliche Nachfolgemission hat das DLR auch bereits entworfen: Das Tandem-L-Missions­konzept sieht zwei Radar­satel­liten im L-Band bei einer Wellen­länge von 23,6 Zenti­metern vor und soll die dyna­mischen Prozesse auf der Erd­ober­fläche erfassen. Ziel von Tandem-L ist es, die Land­masse der Erde im Wochen­rhythmus abzu­bilden. „Die Mission würde neue Maßstäbe in der Erd­beob­ach­tung setzen, den globalen Wandel mit einer neuen Qualität beob­achten und wichtige Hand­lungs­empfeh­lungen ermög­lichen“, betont Moreira. Mit der neuen Techno­logie könnten die drei­dimen­sio­nalen Struktur von Vegeta­tions- und Eis­gebieten sowie die groß­flächige Vermes­sung von Deforma­tionen mit Milli­meter­genauig­keit erfolgen.

DLR / RK

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