11.05.2021

Magnetisch kühlen

Tino Gottschall erhält den Nicholas-Kurti-Wissenschaftspreis 2021 für Arbeiten zu magnetokalorischer Kühlung.

Der Gerätehersteller Oxford Instruments NanoScience ehrt Tino Gottschall mit dem Nicholas-Kurti-Wissenschafts­preis 2021. Die mit 8000 Euro dotierte Auszeichnung würdigt Gottschalls innovative Arbeiten zu magnetokalorischen Materialien im Bereich der Grundlagen­forschung und angewandten Wissenschaften. Diese Materialien gelten als aussichtsreiche Kandidaten für ökologisch nachhaltige Kühlprozesse.

 

Abb.: Tino Gottschall (Bild: R. Weisflog / HZDR)
Abb.: Tino Gottschall (Bild: R. Weisflog / HZDR)

Einige chemische Elemente und Metall­legierungen ändern ihre Temperatur, wenn sie einem magnetischen Feld ausgesetzt werden. Der Untersuchung dieses magneto­kalorischen Effekts hat sich Tino Gottschall verschrieben, der am Hochfeld-Magnetlabor Dresden (HLD) am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) eine Gruppe leitet. Seine Forschungen haben zum besseren Verständnis der mit diesen Materialien verbundenen Phänomene geführt, die sich beispielsweise in statischen und gepulsten Magnetfeldern beobachten lassen.

Dabei hat Gottschall auch die praktische Anwendung seiner Forschungsergebnisse fest im Blick: Durch seine Mitwirkung ist die magnetische Kälteerzeugung mittlerweile sowohl für Raumtemperatur­anwendungen als auch für die Verflüssigung von Wasserstoff attraktiv geworden. Ihn interessiert dabei besonders, wie sich effizientere und umwelt­schonende Kälteverfahren künftig umsetzen lassen. Seine Arbeiten sind auch deshalb von hoher Relevanz, da der zunehmende Einsatz von Kühlanwendungen in unserem Alltag zu einem stetig wachsenden ökologischen Problem führt. Neue Verfahren wie die magnetische Kühlung könnten diese Belastung für Klima und Umwelt minimieren.

„Ich bin sehr dankbar, den Nicholas-Kurti-Wissenschafts­preis 2021 zu erhalten. Da magnetische Materialien ein Gebiet sind, das mir sehr am Herzen liegt und in das ich viele Jahre Forschungs- und Entwicklungsarbeit investiert habe, ist diese Auszeichnung eine große Ehre für mich. Mein Dank geht an das Auswahl­komitee und natürlich an Oxford Instruments, die diese Auszeichnung seit vielen Jahren ermöglichen“, kommentiert Gottschall die Ehrung.

Nach seiner Promotion an der TU Darmstadt auf dem Gebiet der Materialwissenschaften und Postdoc-Aufenthalten in Darmstadt und Barcelona forscht Gottschall seit 2017 am HLD. 2019 wurde er Mitbegründer von MagnoTherm Solutions, einem jungen Spin-off-Unternehmen der TU Darmstadt, das sich die Entwicklung hocheffizienter und nachhaltiger Kühl- sowie Heizlösungen auf Basis magnetischer Materialien zum Ziel gesetzt hat. Darüber hinaus hat Gottschall zahlreiche Arbeiten und Reviews zum magneto­kalorischen Effekt veröffentlicht. Damit wurde er auf dem Gebiet der magnetischen Materialien zu einem der meistzitierten europäischen Wissenschaftler unter 35 Jahren.

Das Ziel des Nicholas-Kurti-Wissenschaftspreises ist es, neuartige Arbeiten junger Wissenschaftler, die auf dem Gebiet der tiefen Temperaturen oder hohen Magnetfeldern in Europa arbeiten, zu fördern und durch öffentliche Anerkennung auf ihre Forschung aufmerksam zu machen.

Der Preis ist nach Nicholas Kurti (1908-1998) benannt, der für seine herausragenden Arbeiten auf dem Gebiet der Ultratief­temperaturphysik am Clarendon Laboratory der University of Oxford bekannt ist. Sein Team war in den 1950er Jahren mit der Technik der adiabatischen Kern­entmagnetisierung als erstes in den niedrigen Mikrokelvin-Temperatur­bereich vorgedrungen. Unter Überwindung enormer experimenteller Schwierigkeiten – zu denen damals auch die Erzeugung ausreichend hoher Magnetfelder zählte – hatten sie sich dem absoluten Nullpunkt auf ein paar Millionstel Kelvin genähert. Zum Vergleich: Die 2,73 Kelvin der Hintergrund­strahlung des Universums gilt als tiefste in der Natur zu beobachtende Temperatur.

Und hier schließt sich im weiteren Sinne ein Kreis: Am HLD widmen sich die Forscher Eigenschaften von Materie, die sie in der Regel nur bei hohen Magnetfeldern und tiefen Temperaturen beobachten können. In beiden Bereichen verfügt das Institut über eine weltweit anerkannte Reputation. „Ich habe hier ein hervorragendes Umfeld gefunden, in dem ich meine Arbeiten zur magnetischen Kühlung weiter erfolgreich vorantreiben kann", fasst Gottschall seine Arbeits­bedingungen mit Blick in die Zukunft zusammen.

HZDR / DE

 

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