Mathematik an den Schnittstellen
Karen Keskulla Uhlenbeck erhält den Abel-Preis für ihre bahnbrechenden Arbeiten in der Geometrischen Analysis, zu Eichfeldtheorien und zu integrablen Systemen.
Den diesjährigen Abel-Preis erhält die US-amerikanische Mathematikerin Karen K. Uhlenbeck von der University of Texas, Austin. Damit wird der 2003 ins Leben gerufene „Nobelpreis der Mathematik“ erstmals an eine Frau verliehen. In ihrer langen Karriere hat die 76-jährige vor allem an den Schnittstellen von Forschungsgebieten wegweisende Arbeiten verfasst. Beispielsweise hat sie das Feld der Geometrischen Analysis in den 1960er- Jahren mitbegründet, bei dem Methoden aus Geometrie und Topologie mit Formalismen aus der Analysis insbesondere zu partiellen Differentialgleichungen verknüpft werden.
Karen Uhlenbeck studierte zunächst Physik an der University of Michigan, entdeckte aber bald, dass sie die intellektuelle Herausforderung der reinen Mathematik mehr reizte. Ihre Promotion schloss sie an der Brandeis University, Massachusetts, mit dem Thema „The Calculus of Variations and Global Analysis“ ab und ging danach als Post-Doc ans MIT und später als Lecturer an die UC Berkeley. Als Professorin war sie an der UI Urbana-Champaign und an der U Chicago tätig, bevor sie 1988 an die UT Austin berufen wurde. Heute lebt sie in Texas im Ruhestand, engagiert sich aber nach wie vor in der Förderung junger Mathematikerinnen, beispielsweise im Rahmen der Initiative „Woman and Mathematics“ am Institute for Advanced Study in Princeton.
Neben ihren Arbeiten zur Geometrischen Analysis erhält sie den Abel-Preis insbesondere auch für ihre Beiträge zu Eichfeldtheorien, die in der Teilchenphysik, der Stringtheorie und der Allgemeinen Relativitätstheorie zur Anwendung kommen. Auf dieses Arbeitsgebiet an der Schnittstelle zwischen Mathematik und theoretischer Physik wurde Uhlenbeck durch einen Vortrag des Abel-Preisträgers Sir Michael Francis Atiyah (1929 – 2019) zur Yang-Mills-Theorie aufmerksam.
Ihre Arbeiten dazu prägten das Feld und bilden auch heute noch die Basis neuer Entwicklungen. Vor allem die nach ihr benannte „Uhlenbeck-Kompaktheit“ stellte sich als essenziell für viele der zahlreichen Fortschritte heraus. Als reine Mathematikerin beschritt sie einen streng formalen Weg und ermöglichte damit, Eichfeldtheorien auch in Geometrie und Topologie anzuwenden. Noch heute gilt das Lehrbuch „Instantons and 4-Manifold Topology“, das sie gemeinsam mit Daniel S. Freed 1984 veröffentlichte, als Standardwerk für dieses Gebiet. Darüber hinaus nutzte sie Eichfeldtheorien auch, um Probleme integrabler System zu lösen.
Karen Uhlenbeck erhält den Abel-Preis vom norwegischen König Harald V. am 21. Mai bei einem Festakt in der Universität Oslo. Die Zeremonie ist eingebettet in die so genannte Abel-Woche, bei der sich die Preisträgerin unter anderem auch mit Schulkindern in Bergen trifft, um mit ihnen mathematische Spielereien zu absolvieren.
Kerstin Sonnabend
Weitere Infos
Weitere Beiträge
- D. Buchholz, Quantenfeldtheorie ohne Felder, Physik Journal, August/September 2008, S. 45
- J. Louis, Die vielen Saiten der Stringtheorie, Physik Journal, Juni 2008, S. 29
- A. Pawlak, Kleine Wellen, großer Preis (Physik Journal Nachrichten, 24. März 2017)
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