06.08.2010

Mit Pioniergeist zur Perfektion

Peter Leibinger, TRUMPF, zu Vergangenheit und Zukunft der industriellen Lasertechnik in Deutschland.

Peter Leibinger, TRUMPF, zu Vergangenheit und Zukunft der industriellen Lasertechnik in Deutschland.

Vor 50 Jahren wurde der Laser erfunden. Hieß es anfänglich noch „Eine Lösung, die ein Problem sucht“, so ist die Lasertechnologie heute in der Industrie angekommen. Über den Weg dahin und über die Zukunft der industriellen Lasertechnik sprach Andreas Thoß mit Peter Leibinger, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Geschäftsführung der TRUMPF GmbH + Co. KG und Vorsitzenden des Geschäftsbereichs Lasertechnik/Elektronik.

Das Interview mit Peter Leibinger erschien in der Ausgabe 04/2010 vom Laser Technik Journal im Juli 2010.

Laser Technik Journal: Herr Leibinger, wie fing bei Ihnen persönlich die Begeisterung für den Laser an?

Leibinger: Ich war sehr jung, als ich das erste Mal mit dem Laser in Berührung gekommen bin. Das war Ende der siebziger Jahre. Eine erste Erinnerung an den Laser verbinde ich mit meiner Konfirmation. Ich hatte den Wunsch, dass mir beim anschließenden Familienfest bei uns im Unternehmen eine der ersten Lasermaschinen vorgeführt wird. Das war eine Laser-Stanz-Kombimaschine mit einem zugekauften Laser, da wir damals noch keine eigenen Strahlquellen herstellten. Das habe ich auch deswegen noch sehr gut in Erinnerung, da der Laser nicht funktionierte. Ich weiß nicht genau, was passiert war. Aber unter der Maschine sammelte sich eine große Öllache. Mein eher ungewöhnlicher Wunsch für meine Konfirmation zeigt, wie begeistert ich damals von der Technologie war.

Abb. 1: Im Jahr 1979 stellt TRUMPF die erste kombinierte Stanz-Lasermaschine vor. Als Strahlquellen dienten CO2-Laser mit 500 und 700 Watt Leistung aus den USA. (Bild: TRUMPF/LTJ) 

 

LTJ: Können Sie genauer umreißen, welcher Aufwand damals betrieben wurde, um aus dieser Idee, die Ihr Vater aus Amerika mitgebracht haben, ein Produkt zu machen, das man dem Kunden in die Hand geben konnte?

Leibinger: Der Aufwand im Haus war eher überschaubar. Ein Team aus ungefähr 4-5 Leuten hat daran gearbeitet, einen Hochleistungs-CO2-Laser an eine Stanzmaschine anzubauen, um damit die kombinierte Blechbearbeitung mit Stanzen und Lasern zu verwirklichen. Das war relativ einfach, auch weil wir so wenig wussten. Das klingt jetzt paradox, aber ich gebe Ihnen ein Beispiel.

Wir haben damals noch nicht verstanden, dass sich die Polarisation des Lichts auf das Schneidergebnis auswirkt. Wir haben daher zunächst mit linear polarisiertem Licht geschnitten und konnten das in die eine Richtung gut. In die andere Richtung klappte es dagegen weniger gut. Diesen Effekt haben wir ursprünglich nicht verstanden. Irgendwann haben wir dann verstanden, dass wir die lineare Polarisation in eine zirkulare umwandeln mussten.

Die Ansprüche an das Produkt bei der Robustheit waren damals sowohl auf unserer als auch auf Kundenseite noch gering. Beide waren Pioniere. Wir als diejenigen, die den Laser als industrielles Werkzeug einsetzen wollten und unsere Kunden als die Ersten, die mit dem Produkt arbeiteten. Uns war schnell klar, dass wir das Gerät zuverlässiger machen mussten, da sich sonst das Verfahren nie durchsetzen würde.

LTJ: Können Sie abschätzen, wie lange die Pionierphase gedauert hat, wo die Enthusiasten auf Herstellerseite mit den Enthusiasten auf Nutzerseite zusammengearbeitet haben?

Leibinger: Etwa zehn Jahre. Bei TRUMPF sind wir 1979 mit dem Laser gestartet. 1985 führten wir unseren eigenen CO2-Laser ein, bei dem unsere zentralen Innovationsleistungen vor allem die Zuverlässigkeit und Industrietauglichkeit waren. Und nach weiteren fünf Jahren wurde die „Laserschneidmaschine“ als robustes, zuverlässiges und industrietaugliches Produkt akzeptiert. Die Pionierphase ging bis Ende der achtziger Jahre. Seit Mitte der neunziger Jahre ist der Laser unstrittig ein industrielles Standardprodukt.

LTJ: Wann war klar, dass der Laser eine Kernkompetenz von TRUMPF werden muss?

Leibinger: Ich denke, das war am Ende der Pionierphase, wie ich sie gerade definiert habe. Das kann man auch an unserer Akquisitionspolitik ablesen. Um 1990 herum haben wir mit der Entwicklung von Festkörperlasern begonnen und eher zufällig 1992 Haas-Laser in Schramberg akquiriert. Wir haben das Unternehmen damals in einer Zeit angeboten bekommen, in der wir eine Krise im Werkzeugmaschinenbau hatten. Eigentlich planten wir keine Akquisitionen. Hätten wir den Laser damals nicht als Kernkompetenz gesehen, hätten wir niemals diese Akquisition durchgeführt. Zeitgleich haben wir Hüttinger in Freiburg gekauft, den Lieferanten für die Anregung der CO2-Laser, zur Plasma-Stromversorgung und HF-Stromversorgung. Damit haben wir die Wertschöpfungs- und die Technologiekette besonders im Laserbereich abgesichert. Das zeigt, dass schon einige Zeit vorher das Bewusstsein gereift war, dass der Laser unsere Kernkompetenz ist.

Abb. 2: Impressionen aus der TRUMPF-Laserentwicklung in den 1980er Jahren. (Bild: TRUMPF/LTJ)

LTJ: Was sind in Ihrem Baden-Württembergischen Umfeld eigentlich die entscheidenden Faktoren, dass TRUMPF sich zu einem Marktführer in seinem Bereich entwickeln konnte?

Leibinger: Wir hatten Glück, dass wir in Stuttgart und vielmehr auch in Deutschland waren - ich möchte das gar nicht auf Baden-Württemberg begrenzen. In diesem Umfeld hatten wir exzellente Ingenieure, eine hervorragende Facharbeiterausbildung und - um das Dreieck zu komplettieren eine Forschungslandschaft, die die wissenschaftlichen Grundlagen für die Lasertechnik liefern konnte. Warum ist dieser Dreiklang so wichtig? Wenn man den klassischen CO2- und Festkörperlaser betrachtet, haben wir es mit Produkten zu tun, die ein komplexes Multi-Parameter-System sind. Wir müssen unterschiedliche physikalische Phänomene gleichzeitig beherrschen. Im Fall des CO2-Lasers sind das beispielsweise: Optik, Vakuum, schnelle Strömung, optisches System, mechanische und thermische Stabilität und hohe elektrische Leistungen, die wir in diesem System unterbringen und gleichzeitig beherrschen müssen. Ein komplexes System, das in kleinen Serien in hoher Qualität hergestellt wird.

Die Verbindung Facharbeiter, Ingenieur und Wissenschaft ist für die Erzeugung solcher Produkte sehr vorteilhaft. Von daher war auch das deutsche Ausbildungssystem für uns enorm hilfreich, weil wir qualifizierte Mitarbeiter hatten, um solche Systeme zu bauen. Der zweite Aspekt war - und hier kommt Baden-Württemberg ins Spiel -, dass wir im Umkreis von 60 km viele Lieferanten fanden, die praktisch auf Zuruf in der richtigen Qualität liefern konnten. Diese Lieferanten waren nicht nur flexibel und schnell, sondern sprachen auch unsere Sprache im doppelten Sinn. Sie verfügten über eine ähnliche Infrastruktur mit ihren Ingenieuren und Facharbeitern wie wir selbst. Da braucht man dann keine großen Hindernisse mehr zu überwinden. Wenn wir ein technisches Problem lösen möchten, setzen wir uns mit den Lieferanten zusammen, erklären ihnen, was wir brauchen. Und sie verstehen uns sofort. Das alles war und ist bis heute ein enormer Standortvorteil.

LTJ: Wie sehen Sie die Rolle und auch die Wirksamkeit von Förderprogrammen für die Laserbranche?

Leibinger: Wir haben natürlich massiv von der geförderten Projektforschung profitiert. Ich glaube, es ist auch ein kein Geheimnis, dass die optischen Technologien und insbesondere die Lasertechnik Paradebeispiele für eine erfolgreiche Technologieförderung sind. Ich kenne kein anderes Beispiel aus dem BMBF für eine ähnlich erfolgreiche Technologieförderung - im Sinne von messbaren wirtschaftlichen Erfolgen - aus der dann Produkte in Deutschland entwickelt und hergestellt werden und bei denen Deutschland Weltmarktführer ist. Der Erfolg zeigt sich auch im Verhältnis von Einsatz an Mitteln zu tatsächlichen Erfolgen, das sehr gut ist.

Dabei gelingt es sehr gut, das eigentliche Produkt von Instituten - die Köpfe mit ihrem Wissen - in der Industrie zu verankern. Der effektivste und effizienteste Technologietransfer findet über Köpfe statt. Für mich ist das fast das wichtigste Ergebnis der Projektforschung. Dass wir gemeinsam mit Instituten konkrete Technologien erarbeiten und darüber Menschen kennenlernen, die vielleicht zu uns passen und gerne bei uns arbeiten möchten. Irgendwann, wenn sie mit ihrer Dissertation oder Diplomarbeit fertig sind, wechseln sie zu TRUMPF oder anderen Unternehmen und transferieren damit ihr Fachwissen ins Unternehmen.

Noch eine Beobachtung: Es ist ein guter Schulterschluss gelungen zwischen der Industrie und wichtigen Institutionen, wie der Fraunhofer Gesellschaft. Die Beteiligten haben erkannt, dass wir hier eine Institutslandschaft aufbauen müssen. Was zwischen 1980 und heute bei den Forschungsinstituten für optische Technologien passiert ist, ist gewaltig. Hier wurde enorm viel Kompetenz und Infrakstruktur aufgebaut. Das ist nicht nur durch das BMBF entstanden. Die Initiative kam ursprünglich eher aus der Branche. Umsetzbar wurde es nur, weil es sowohl in der Branche als auch bei wichtigen Institutionen eine Bereitschaft gab, sich über den unmittelbaren Auftrag hinaus zu engagieren.

LTJ: Wie viel Zeit haben Sie heute noch, um sich mit den neuen Ideen und technischen Geräten zu beschäftigen, die jetzt und heute entwickelt werden?

Leibinger: Technologien sind natürlich ein ganz wichtiger Teil meiner Arbeit und auch des Geistes von TRUMPF. Wenn man uns als Unternehmen charakterisieren wollte, dann gehört die Technikbegeisterung ganz sicher dazu. Mindestens 25 Prozent meiner Zeit setze ich mich intensiv mit der Technik auseinander. Ich bin in allen wichtigen Neuentwicklungs- sowie Produktentwicklungsprojekten involviert und bin maßgeblich verantwortlich für unsere Technologie-Roadmap. Gleichzeitig verlasse mich ganz stark auf meine Mitarbeiter, die vieles besser verstehen als ich. Das hängt sehr stark mit Vertrauen zusammen. Der Technologie-aspekt meines täglichen Arbeitens ist daher eng verknüpft mit einem menschlichen Aspekt. Ich muss darum bemüht sein, zu denjenigen, die technisch kompetent sind, ein persönliches Verhältnis aufzubauen, das uns erlaubt, uns fast blind zu verstehen und zu wissen, wer wann was über eine bestimmte Sache denkt. Eine Zusammenarbeit bei wichtigen Technologieprojekten funktioniert nur dann vernünftig, wenn ein tiefes Vertrauen untereinander herrscht.

LTJ: Welche Werte haben TRUMPFzu dem gemacht, das es heute ist?

Leibinger: Das ist relativ einfach. Einerseits gibt es natürlich die äußeren Rahmenbedingungen des Unternehmens bei der Finanzierung. Wir investieren die Gewinne immer wieder in das Unternehmen. Die Gesellschafterverträge verbieten uns explizit, Gelder aus dem Unternehmen zu nehmen. Die Gesellschafter, Geschäftsführer und Mitarbeiter haben eine Art Grundverständnis darüber, dass der Erhalt und die Weiterentwicklung des Unternehmens im Zentrum des Interesses aller stehen. Das wird nie infrage gestellt und ist Grundvoraussetzung dafür, dass wir einen anderen Wert leben können: die Nachhaltigkeit, die Langfristigkeit des Engagements und Geduld mit Technologieprojekten. Wir streben eine hohe Konsistenz unseres Tuns an und versuchen, nicht sprunghaft zu agieren.

Drittens versuchen wir, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Wir fordern sehr viel von unseren Mitarbeitern. Loyalität und Hingabe ans Unternehmen ist Voraussetzung dafür, dass man bei uns einen Weg gehen kann, den man als Karriere bezeichnet. Auf der anderen Seite versuchen wir menschlich und fair zu sein, individuelle Interessen und Probleme zu erkennen und machen es uns nicht leicht mit menschlich schwierigen Entscheidungen.

  

Wir haben bereits über die Technologieaffinität gesprochen und ich möchte es sogar noch breiter fassen: Neugierde auf Neues. Dazu zählen nicht nur Technologien, sondern auch andere Innovationen, zum Beispiel wie wir Produkte herstellen oder wie wir das Verhältnis von Mitarbeitern zum Unternehmen handhaben. Stichwort Arbeitszeitkonten - wir waren das erste Unternehmen der Metallindustrie, das dies eingeführt hat. Ich glaube, dass wir grundsätzlich neugierig und auch bereit sind, Dinge fortwährend infrage zu stellen. Es ändert sich bei TRUMPF ständig sehr viel. Dies ist eine Art Grundprinzip bei uns und entscheidend für unser Wachstum.

Der letzte Aspekt ist unser hoher Qualitätsanspruch. Wenn Sie bei uns sind und miterleben, wie extrem wir auf Details achten, geht das schon fast in Richtung Perfektionismus. Wir sind sehr gründlich.

 

 

Abb. 3: Optikaufbau des Diodenlasers TruDiode, den TRUMPF im Jahr 2009 auf den Markt gebracht hat. (Bild: TRUMPF/LTJ)

 

LTJ: Was tun Sie in schwierigen Zeiten für den Nachwuchs der Firma?

Leibinger: Uns ist klar, dass es eine Zeit nach der Krise geben wird und wir dafür auch gute Leute brauchen werden. Von daher ist es nur vernünftig, sich auch während der Krise um guten Nachwuchs zu kümmern. Beispielsweise haben wir unseren Prozentsatz der Auszubildenden nicht reduziert und stehen nach wie vor dazu, dass wir alle unsere Auszubildenden übernehmen. Eigentlich haben wir die Krise eher als Chance begriffen, da wir nun hochqualifizierte Leute einstellen können, die vielleicht nicht zu uns gekommen wären. Selbst Unternehmen wie TRUMPF müssen sich am Markt für Talente stark bemühen. Gerade im Großraum Stuttgart gibt es viele Firmen, die als noch attraktiverer angesehen werden.

Um in der Kurzarbeit Mitarbeiter einstellen zu können, haben wir zusammen mit der Agentur für Arbeit ein Programm für sogenannte MINT-Studenten (Maschinenbau, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) erarbeitet. So werden wir im laufenden Geschäftsjahr ungefähr 25 Absolventen in diesen Studiengängen ganz gezielt für Positionen in Entwicklungs- und anderen Abteilungen einstellen; unterstützt durch die Bundesagentur für Arbeit bilden wir sie dann aus. Typischerweise gibt es bei Maschinenbaustudiengängen einen „Schweinezyklus“. In Krisen schreiben sich weniger Studenten ein, weil sie von den aktuellen Abgängern hören, dass diese keine Arbeit finden. Diesen „Schweinezyklus“ muss man durchbrechen, weil wir sonst fünf Jahre später nicht genügend Abgänger aus den MINT-Studiengängen haben.

Zusätzlich haben wir unsere Mitarbeiter während der Kurzarbeit auf zahlreiche Fort- und Weiterbildungen geschickt und sie fit gemacht für den Aufschwung. Das war wirklich erfolgreich.

  

LTJ: Was tun Sie, um Ihre Begeisterung für die Lasertechnologie an die Nachwelt weiterzugeben?

Leibinger: Wir haben uns vor einigen Jahren, stark getrieben durch meinen Vater, mit einigen anderen Firmen zusammengetan und die Initiative Wissensfabrik gegründet. Sie soll die Technikaffinität bei Kindern und Jugendlichen fördern. Inzwischen gehören über 100 Unternehmen dieser Initiative an und es gibt viele interessante Projekte. Eines davon nennt sich KIWIS - Kinder entdecken Wirtschaft - wo wir uns für Grundschüler engagieren. Wir haben für mehrere Schulen Patenschaften übernommen, bei der die Schulklassen auch mehrfach bei uns im Unternehmen sind und ein Produkt herstellen. So überlegen sich beispielsweise Grundschüler, wie sie mit einer Lasermaschine einen Kleiderbügel herstellen können und führend dies dann auch praktisch aus. Im Grunde lernen diese Kinder die Prozesskette Wirtschaft kennen und sehen, dass man etwas herstellen muss, das Geld kostet und das dann auch verkauft werden muss. Die Kinder haben erstaunlich wenig Berührungsangst und sind unheimlich leicht zu begeistern. Zusätzlich engagieren wir uns noch für mehrere andere Initiativen, zum Beispiel dem Lukas Forscherland vom BMBF.

LTJ: Die Erfindung des Lasers jährt sich dieses Jahr zum 50. Mal. Was meinen Sie, wie die nächsten 20 Jahre die „Laserlandschaft“ verändern werden?

Leibinger: Eine Vorhersage ist natürlich wahnsinnig schwierig. Wenn man extrapoliert und versucht, aktuelle Trends und Entwicklungen zu erkennen, dann gibt es den Treiber der Herstellkosten oder die degressive Entwicklung bei den Kosten pro Watt Laserleistung, die durch die Halbleitertechnik bestimmt wird. Die wird sich noch eine Weile fortsetzen, bei den ganz hohen Leistungen im Kilowattbereich aber eher abschwächen. Wenn man sich den gesamten Produktionsprozess ansieht, war das Werkzeug Laser schon immer günstig. Wenn er in der Anschaffung kostengünstiger wird, dann wird sich seine Anwendung noch mehr verbreiten.

Zusätzlich erhält der Laser einen Schub aus Megatrends. Themen wie Photovoltaik, Elektromobilität, Herstellung von Halbleitern, Leichtbau in der Großserie spielen da eine große Rolle. Da ist die Technologie bekannt, aber die Fertigungstechnologie, vor allem die kostengünstige, fehlt zum Teil noch.

Erlauben Sie mir noch einen Nachtrag. Wir verwenden heute viel Energie darauf, Zukunftstechnologien zu entwickeln. Aber wenn wir versäumen, parallel dazu in Deutschland die Fertigungstechnologie für diese Zukunftstechnologien zu entwickeln, dann werden wir dasselbe erleben wie bei den Flachbildschirmen. Wir waren maßgeblich an der Entwicklung der Grundlagen für Flachbildschirme beteiligt, aber die Fertigungstechnologie ist stark asiatisch geprägt. Tatsächlich werden die Produkte heute in Korea, Taiwan, Japan und China hergestellt. Dasselbe sollte uns bei den LEDs, bei der Elektromobilität - Antrieb und Energiespeicherung - oder beim Leichtbau nicht passieren. Wenn man sich die großen Spieler und unsere technologische Breite ansieht, dann haben wir in Deutschland die Möglichkeiten, die Fertigungstechnologie im Land zu behalten und damit auch Arbeitsplätze bei der Herstellung dieser Produkte zu schaffen.

LTJ: Ein anderer Geschäftsführer in Deutschland hat mal gesagt, dass sein Geschäftsfeld mit global 500 Millionen Euro Umsatz für die Chinesen zu klein ist und ihm daher wohl erhalten bleibt. Wie sehen Sie die Entwicklung der Konkurrenz aus Fernost?

Leibinger: Das glaube ich nicht. Es ist heute schon so, dass zum Beispiel die Chinesen aber auch andere asiatische Länder sich mit der Lasertechnik befassen. Das werden sie auch in Zukunft tun und das ist auch ein gesunder Prozess, weil es beweist, dass der Laser eine Schlüsseltechnologie ist. Das hängt meiner Ansicht nach nicht mit der Größe der Branche zusammen. Wenn es eine „Enabling Technology“ ist, dann wird es weit entwickelte Länder wie Japan auch interessieren. Das heißt aber nicht, dass wir an Umsatz verlieren.

Ich glaube schon, dass wir über den guten Schulterschluss aus Wissenschaft, Industrie und Politik unsere führende Position behaupten können, natürlich über Technologieführerschaft, aber auch darüber, dass wir uns in den Märkten dem Wettbewerb stellen. Wenn es genügt, einen Lasermarkierer zu bauen, der nur 75 Prozent von dem kann, was unser Produkt heute kann, aber dafür die Hälfte kostet, dann muss uns das interessieren. Solche Erfahrungen sammeln wir, wenn wir uns den Wettbewerbern in diesen Märkten stellen. Ich bin für eine Vorwärtsstrategie: einerseits die vorhandenen Stärken weiter ausbauen und gleichzeitig den Mut haben, global zu agieren, international zu denken und sich auch Wettbewerbern in deren Märkten zu stellen. Ich mache mir mir keine Sorgen um unsere Industrie. Da entstehen auch Chancen, erstens, dass wir besser werden und zweitens, dass wir in diesen Märkten Marktanteile gewinnen.

Peter Leibinger:

1967 in Stuttgart geboren. Studium des Maschinenbaus an der RWTH Aachen, Abschluss als Diplom-Ingenieur. Von 1997 bis 1999 Entwicklungsingenieur bei der Ingersoll Milling Machine Company, Rockford, IL/ USA. Von 1999 bis 2003 Chairman und CEO bei TRUMPF, Inc., Farmington, CT/USA. Seit 2000 Geschäftsführer der TRUMPF GmbH + Co. KG.

Seit 2003 Vorsitzender des Geschäftsbereichs Lasertechnik und von 2003 bis 2005 Geschäftsführer der TRUMPF Laser GmbH + Co. KG. Seit November 2005 ist Peter Leibinger stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der TRUMPF GmbH + Co. KG. Er ist Vorsitzender des Geschäftsbereichs Lasertechnik/Elektronik und für den Funktionsbereich Forschung und Entwicklung sowie für die Entwicklung neuer Geschäftsfelder zuständig.

TRUMPF GmbH + Co. KG:

Die TRUMPF GmbH + Co. KG Gruppe zählt zu den weltweit führenden Unternehmen in der Fertigungstechnik. Unter dem Dach einer Holding sind die drei Geschäftsbereiche - Werkzeugmaschinen/ Elektrowerkzeuge, Lasertechnik/Elektronik und Medizintechnik - zusammengefasst. Kerngeschäft sind Werkzeugmaschinen für die flexible Blechbearbeitung zum Stanzen und Umformen, für die Laserbearbeitung und zum Biegen. Im Bereich industrieller Laser und Lasersysteme ist das Unternehmen Technologie- und Weltmarktführer.

Laser Technik Journal/AL

 

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