Neue Direktorin am MPI für Radioastronomie
Amélie Saintonge wird die neue Forschungsabteilung Sternentstehung und Galaxienentwicklung leiten.
Anfang des Jahres wurde Amélie Saintonge zum wissenschaftlichen Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft und zur Direktorin am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn berufen, wo sie die neue Forschungsabteilung Sternentstehung und Galaxienentwicklung leiten wird. Amélie Saintonge kann auf eine lange Erfolgsgeschichte in der internationalen Spitzenforschung zur Galaxienentwicklung zurückblicken. Insbesondere untersucht sie das Zusammenspiel zwischen Galaxien und der Umgebung, in der sie leben, mit besonderem Augenmerk auf die zentrale Rolle des kalten interstellaren Mediums bei der Regulierung des Galaxienwachstums. Sie hat gezeigt, dass die Sternentstehung - weit davon entfernt, ein universeller Prozess zu sein - mit einer Effizienz abläuft, die von Galaxie zu Galaxie und auf einer kosmischen Zeitskala systematisch variiert.
Ihre wissenschaftlichen Errungenschaften beruhen auf der Leitung großer Beobachtungsprojekte über das gesamte radioastronomische Spektrum wobei sie auch Brücken zur optischen Astronomie und zur Theorie geschlagen hat. Der Schwerpunkt von Amélie Saintonges neuer Forschungsabteilung „Sternentstehung und Galaxienentwicklung“ am MPIfR wird darin bestehen, eine solide Beobachtungsbasis zu schaffen, insbesondere bei (Sub-)Millimeter- und Radiowellenlängen. Sie ist erforderlich, um die Verbindung von Galaxien mit ihrer großräumigen gasförmigen Umgebung und dem kosmischen Netz, sowie die Physik und Chemie des interstellaren Mediums und die Triebkräfte der Sternentstehung in allen Umgebungen und Maßstäben, von der Milchstraße über nahe Galaxien bis zum frühen Universum, zu untersuchen.
„Wir wissen inzwischen, dass die Geschichte der Galaxien gleichzeitig durch Dinge bestimmt wird, die sowohl auf sehr großen Skalen passieren, wie die Gasströme entlang des kosmischen Netzes der dunklen Materie, als auch auf sehr kleinen Skalen, wo sich einzelne Sterne aus diesem Gas bilden“, sagt Saintonge. „Um dieses dynamische Problem auf mehreren Ebenen zu lösen, müssen wir alle uns zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, aber Beobachtungen des interstellaren Mediums bei Radiowellenlängen sind besonders wichtig. Mit seinem reichen Vermächtnis an Technologieentwicklung für die Submm- und Radioastronomie und dem Zugang zu weltweit führenden Einrichtungen ist das MPIfR die perfekte Umgebung, um diese Forschung durchzuführen.“
„Wir freuen uns sehr, dass wir eine so exzellente Wissenschaftlerin für unser Institut und die Region Bonn/Köln als Ganzes gewinnen konnten. Saintonge wird inspirierende neue wissenschaftliche Aspekte einbringen und die erstaunliche Bandbreite der Forschung aufzeigen, die man mit radioastronomischen Beobachtungen betreiben kann“, sagt Michael Kramer, Direktor am MPIfR und Leiter der Forschungsabteilung „Radioastronomische Fundamentalphysik“. „Während meine Abteilung extreme Zustände der Materie und ihr Verhalten in stark relativistischen Umgebungen untersucht, konzentriert sich Amélies Arbeit auf die Sternentstehung in Galaxien, aber auch auf die Wichtigkeit ihrer Entwicklung als Ganzes.“
Amélie Saintonge stammt ursprünglich aus Kanada, wo sie an der Universität von Montreal Mathematik und Physik studierte. Sie erwarb ihren Master of Science und ihren Doktortitel an der Cornell-Universität und spielte eine zentrale Rolle bei der ALFALFA-Durchmusterung des Arecibo-Radioobservatoriums. Anschließend war sie Postdoktorandin am Institut für Theoretische Physik der Universität Zürich, Schweiz, bevor sie eine gemeinsame Forschungsstelle an den Max-Planck-Instituten für Astrophysik und extraterrestrische Physik in Garching antrat. Seit 2013 ist sie Professorin für Astrophysik am University College London. Von 2013 bis 2021 war sie University Research Fellow der Royal Society und wurde 2018 mit dem Fowler Award for Early Achievement in Astronomy der Royal Astronomical Society ausgezeichnet.
„Wir sind begeistert, Amélie Saintonge als neue Direktorin am Max-Planck-Institut für Radioastronomie zu haben“, sagt J. Anton Zensus, Geschäftsführender Direktor am MPIfR und Leiter der Forschungsabteilung „Radioastronomie/VLBI“. „Mit ihrer exzellenten Forschung zum Zusammenspiel von Sternentstehung und Galaxienentwicklung wird sie die Wissenschaft an unserem Institut, auch unter Nutzung einer neuen Generation von Teleskopen, in hervorragender Weise ergänzen.“
MPIfR / JOL