07.10.2008

Nobelpreis für Physik 2008

Der Preis wurde im Bereich der Elementarteilchenphysik (Symmetriebrechung) verliehen und ging an Yoichiro Nambu (USA), Makoto Kobayashi (Japan) und Toshihide Maskawa (Japan).



Der Nobelpreis für Physik geht in diesem Jahr an zwei japanische und einen US-Forscher. Die Physiker Yoichiro Nambu (USA), Makoto Kobayashi (Japan) und Toshihide Maskawa (Japan) erhalten die höchste Auszeichnung ihres Faches, weil sie bedeutende Erklärungen zur Existenz des Universums lieferten. Das teilte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm mit. Die Vorhersagen und Rechnungen der Physiker lieferten entscheidende Bausteine für das Standardmodell, mit dem die moderne Physik den Kosmos erklärt.

Stockholm (dpa) - Die Arbeit der Forscher liefere «grundlegende Konzepte des physikalischen Weltbildes», ergänzte Prof. Wolfgang Hollik, Direktor am Max-Planck-Institut für Physik in München. Die Vergabe sei gut und berechtigt, die «mathematisch eleganten» Ergebnisse der Forscher heute Lehrbuchwissen. Nambu (87) arbeitet an der Universität von Chicago, Kobayashi (64) bei der japanischen Gesellschaft für die Förderung der Wissenschaften in Tokio, und Maskawa (68) an der Universität von Kyoto.

Die neuen Nobelpreisträger haben sich seit mehr als 30 Jahren mit einem Konzept namens Symmetriebrechung befasst. Solche Vorgänge werden unter anderem herangezogen, um die Existenz der Materie zu erklären, denn deren Existenz ist keinesfalls selbstverständlich. Nach Ansicht der Forscher entstanden beim Urknall vor rund 14 Milliarden Jahren etwa gleiche Mengen von Materie und Antimaterie. Warum löschten sich diese Partikel mit ihren exakt entgegengesetzten Eigenschaften nicht gleich wieder gegenseitig aus, wie es zu erwarten wäre?

Heute lassen sich im Universum keine signifikanten Mengen von Antimaterie nachweisen, wohl aber große Mengen Materie - Galaxien, Sterne, Planeten, Menschen, Wäscheklammern. Wo blieb also also die ganze Antimaterie? Eine mögliche Erklärung könnten feine und unerwartete Unterschiede in den Eigenschaften von Materie und Antimaterie sein. Offenbar ist die Symmetrie von Materie und Antimaterie «verletzt». Physiker sprechen von der «CP violation» (charge parity violation). Die Ursache ist bis heute nicht gefunden, Aufschluss könnten neue Experimente des Teilchenbeschleunigers LHC am Teilchenforschungszentrum Cern geben.

Die Forscher schufen mit ihren Ideen und Formeln ein genaueres Bild von Symmetriebrüchen. Kobayashi und Maskawa sagten dafür unter anderem die Existenz einer dritten Familie von Quarks voraus - und behielten recht. Nambus Arbeit hilft dabei, die grundlegenden Kräfte der Natur und die kleinsten Bausteine der Materie im Standardmodell zu vereinen.



Physik Preisträger 2008:



Abb.: Y. Nambu (Bild: University of Chicago)

Yoichiro Nambu
(USA), *1921
"for the discovery of the mechanism of spontaneous broken symmetry in subatomic physics"
("Für die Entdeckung der Mechanismen spontaner Symmetriebrechung im sub-atomaren Bereich.")

Nambu kam 1921 im japanischen Fukui zur Welt, studierte an der Universität Tokio und promovierte dort 1952. Er lehrte Physik an der Universität Osaka, bevor er einem Ruf der Universität Chicago in die USA folgte. Dort ist er noch heute als emeritierter Professor aktiv. Nambu gilt als führende Figur bei der Entwicklung der modernen Teilchenphysik. Er war unter anderen an der Erstellung des Han-Nambu-Modells beteiligt, das die Farbladung als zusätzliche Quark-Eigenschaft definiert, sowie an dem quantenfeldtheoretischem Nambu-Jona-Lasio-Modell. Darüber hinaus gilt er als einer der Väter der Stringtheorie.

Über seinen Anteil am diesjährigen Nobelpreis ist der 87-jährige Forscher «mächtig begeistert», wie er am Telefon bekannte. «Das ist die Krönung», schwärmte er. Zu den vielen anderen Preisen, mit denen er bisher ausgezeichnet wurde, gehören der Dannie-Heinemann-Preis 1970, der Oppenheimer Preis 1976, die National Medal of Science 1982, die Max-Planck-Medaille 1985 sowie der Wolf-Preis 1994/5.





Abb.: (v.l.) M. Kobayashi und T.Maskawa(Bild: KEK)

Makoto Kobayashi (Japan), *1944
Toshihide Maskawa (Japan), *1940

"for the discovery of the origin of the broken symmetry which predicts the existence of at least three families of quarks in nature"
("Für die Entdeckung des Ursprungs der Gebrochenen Symmetrie welche die Existenz von mindestens drei Familien von Quarks vorhersagt")

Toshihide Maskawa (68) hat sein gesamtes Forscherleben in Japan verbracht. In der Präfektur Aichi auf der japanischen Hauptinsel Honshu geboren, studierte er in seiner Heimatstadt Nagoya Physik an der dortigen Universität, wo er 1967 seinen Doktor machte und anschließend als Assistent weiter arbeitete. 1970 wechselte er an die Universität Kyoto. Dort entstand dann gemeinsam mit seinem Fachkollegen Makoto Kobayashi die Theorie über Asymmetrien in der Teilchenphysik für die beide Physiker in diesem Jahr den Nobelpreis erhalten.

Nach einem Intermezzo am Institut für Nuklearforschung der Universität Tokio (1976-1980), kehrte Maskawa 1980 nach Kyoto zurück: Dort übernahm er eine Professur am Yukawa-Institut für Theoretische Physik, das er von 1997 bis 2003 auch als Direktor leitete. Seit 2003 lehrt der emeritierte Professor an der Kyoto-Sangyo-Universität. Über sein Privatleben wurde zunächst nichts bekannt.


Makoto Kobayashi (64) war von dem Anruf des Nobelpreis-Komitees am Dienstag völlig überrascht: «Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich hab den Preis nicht erwartet», stammelte er. Auf die Frage, was der Preis für ihn bedeute, hatte er überhaupt keine Antwort. Auf die Frage, ob er noch unter Schock stehe, sagte er nur: «Ja.» Nachdem sich der erste Schock etwas gelegt haben dürfte, sagte er dem japanischen Fernsehsender NHK am späten Abend (Ortszeit) in einer Live-Sendung: «Ich fühle mich, als ob ich in die Vergangenheit zurückgeworfen wäre. Ich verspüre eine gewisse Distanz zwischen meinem damaligen Wirken und meinem heutigen Ich.»

Kobayashi wies darauf hin, dass seine wissenschaftliche Errungenschaft, für die ihn das Nobelkomitee nun ausgezeichnet hat, bereits über 30 Jahre zurückliegt. Zusammen mit Yoichiro Nambu, der 1970 die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen hatte, und Toshihide Maskawa erhält Kobayashi den Nobelpreis für fundamentale Erkenntnisse in der Teilchenphysik, die das Verständnis der Natur entscheidend verbessert haben.

«Wir haben dieses Schritt für Schritt erreicht, und das hat sich über meine ganze Karriere als Wissenschaftler erstreckt. Dass ich dieses Thema die ganze Zeit hindurch begleiten konnte, war eine fruchtbare Karriere», erzählte der schüchtern und bescheiden wirkende Kobayashi seinen Mitbürgern live im nationalen Fernsehen. Wie Maskawa ist auch Kobayashi seinem Heimatland ein Leben lang forschend treugeblieben. Ebenso wie dieser studierte er auch an der Universität der Großstadt Nagoya, wo er 1972 seinen Doktor machte.

Später folgte Kobayashi seinem Kollegen zudem an die Universität der alten Kaiserstadt Kyoto, wo er als Assistent arbeitete und gemeinsam mit Kobayashi forschte. Als Assistenz-Professor ging Kobayashi 1979 an das Nationallabor für Hochenergiephysik in Tsukuba in der Nähe von Tokio. Dort wechselte er 1979 zum Teilchenbeschleuniger KEK, dessen Direktor er auch zeitweise war. Heute arbeitet er dort noch als sogenannter «Diamond Fellow».

Auf die Frage, was er fortan noch vorhabe, sagte Kobayashi: «Ich möchte mich, solange ich noch kann, mit Wissenschaftlern in verschiedenen Bereichen austauschen und in verschiedenen Bereichen aktiv sein.»




Weitere Infos:



Die Physik-Nobelpreisträger seit 1998:
  • 2007: Peter Grünberg (Deutschland) und Albert Fert (Frankreich) für die Entdeckung des Riesenmagnetowiderstands.
  • 2006: John C. Mather und George F. Smoot (beide USA) für den Nachweis winziger Temperaturschwankungen in der so genannten kosmischen Hintergrundstrahlung, dem «Echo des Urknalls».

  • 2005: Roy J. Glauber (USA) für Grundlagen der Quantenoptik sowie John L. Hall (USA) und Theodor W. Hänsch (Deutschland) für die Entwicklung einer Laser-basierten Präzisionsmesstechnik für Lichtfrequenzen.

  • 2004: David J. Gross, H. David Politzer und Frank Wilczek (alle USA) für Erkenntnisse zur Kraft zwischen den kleinsten Materieteilchen im Atomkern, den Quarks.

  • 2003: Alexej Abrikosow (USA und Russland), Vitali Ginsburg (Russland) Anthony Leggett (USA und Großbritannien) für bahnbrechende Arbeiten zu Supraleitern und Supraflüssigleiten.

  • 2002: Raymond Davis (USA), Masatoshi Koshiba (Japan) und Riccardo Giacconi (USA) für die Entdeckung kosmischer Röntgenstrahlen und Neutrinos.

  • 2001: Wolfgang Ketterle (Deutschland), Eric A. Cornell (USA) und Carl E. Wieman (USA) für die Erschaffung des Bose-Einstein- Kondensats, der fünften Erscheinungsform der Materie neben fest, flüssig, gasförmig und dem Plasma.

  • 2000: Herbert Kroemer (Deutschland), Zhores Alferow (Russland) und Jack Kilby (USA) für die Herstellung integrierter Schaltkreise und des Halbleiter-Lasers.

  • 1999: Gerardus 't Hooft und Martinus J.G. Veltman (beide Niederlande) für ihre Beiträge zur Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung.

  • 1998: Robert B. Laughlin (USA), Horst L. Störmer (Deutschland) und Daniel C. Tsui (USA) für die Entdeckung einer neuen Art von Quantenflüssigkeit.


GWF

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