NOvA und T2K veröffentlichen erste gemeinsame Analyse
Die kombinierten Neutrino-Ergebnisse zweier konkurrierender – aber sich ergänzender – Experimente erweitern das Verständnis der Teilchen.
Die internationalen Kollaborationen, die zwei Neutrinoexperimente vertreten, T2K in Japan und NOvA in den Vereinigten Staaten von Amerika, haben kürzlich ihre Kräfte gebündelt und ihre ersten gemeinsamen Ergebnisse erzielt. Diese erste gemeinsame Analyse liefert einige der präzisesten Messungen der Neutrinooszillation in diesem Bereich. Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist in diesen Kooperationen durch die Mitglieder der lokalen T2K-Gruppe vertreten, die von Alfons Weber und Lukas Koch aus der Gruppe für Experimentelle Teilchen- und Astroteilchenphysik am Institut für Physik geleitet wird.


Die Lücken in unserem Wissen über Neutrinos und ihre Eigenschaften zu schließen, könnte grundlegende Erkenntnisse über das Universum liefern. T2K und NOvA zählen beide zu den long-baseline-Experimenten: Sie schießen jeweils einen intensiven Neutrinostrahl ab, der sowohl einen Detektor in der Nähe der Quelle als auch einen Detektor in Hunderten von Kilometern Entfernung durchläuft. Beide Experimente vergleichen die in den einzelnen Detektoren aufgezeichneten Daten, um mehr über das Verhalten und die Eigenschaften von Neutrinos wie Massen und Oszillationen zu erfahren.
NOvA, das NuMI Off-axis νe Appearance Experiment, sendet einen Neutrinostrahl über eine Entfernung von 810 Kilometern von seiner Quelle im Fermi National Accelerator Laboratory in der Nähe von Chicago, Illinois, zu einem 14.000 Tonnen schweren Flüssigszintillator-Detektor in Ash River, Minnesota.
Der Neutrinostrahl des T2K-Experiments legt 295 Kilometer von Tokai nach Kamioka zurück – daher der Name T2K. In Tokai befindet sich der Japan Proton Accelerator Research Complex (J-PARC) und in Kamioka der Super-Kamiokande-Neutrinodetektor, ein riesiger Tank mit ultrareinem Wasser, der sich einen Kilometer unter der Erde befindet.
Da die Experimente ähnliche wissenschaftliche Ziele verfolgen, aber unterschiedliche Basislinien und Neutrinoenergien haben, können Physikerinnen und Physiker durch die Kombination ihrer Daten mehr Erkenntnisse gewinnen. „Durch eine gemeinsame Analyse erhält man präzisere Messwerte, als jedes Experiment für sich allein liefern könnte“, sagt Liudmila Kolupaeva, Mitarbeiterin bei NOvA. „In der Regel unterscheiden sich Experimente in der Hochenergiephysik in ihrer Ausgestaltung, auch wenn sie dasselbe wissenschaftliche Ziel verfolgen. Gemeinsame Analysen ermöglichen es uns, die komplementären Merkmale dieser Ausgestaltungen zu nutzen.“
Als long-baseline-Experimente eignen sich NOvA und T2K ideal für die Untersuchung von Neutrinooszillationen, einem Phänomen, das Aufschluss über offene Fragen wie die Verletzung der Ladungsparität und die Neutrinomassenordnung geben kann. Diese jetzigen ersten gemeinsamen Ergebnisse lösen zwar noch keines der Rätsel um Neutrinos, erweitern jedoch das Wissen über diese Teilchen.
Die NOvA-Kollaboration besteht aus mehr als 250 Forschende aus 49 Institutionen in acht Ländern. Die T2K-Kollaboration hat mehr als 560 Mitglieder aus 75 Institutionen in 15 Ländern. Die beiden Kollaborationen begannen 2019 mit der aktiven Arbeit an dieser gemeinsamen Analyse. Sie kombiniert sechs Jahre Daten von NOvA, das 2014 mit der Datenerfassung begann, und ein Jahrzehnt Daten von T2K, das 2010 an den Start ging. Prof. Weber entwickelte ursprünglich die Elektronik für den T2K-Nahdetektor. Jetzt untersucht sein von der DFG gefördertes Team mit dem verbesserten T2K/ND280-Detektor, wie das Vorhandensein von Neutronen in Neutrino-Wechselwirkungen die Ergebnisse beeinflusst. Dr. Koch ist seit 2012 Teil der T2K-Kollaboration und leitet seit 2024 die Analysegruppe für Neutronen im Nahdetektor.
Beide Experimente sammeln weiterhin Daten, und es werden bereits Anstrengungen unternommen, um die gemeinsame Analyse mit den neuen Daten zu aktualisieren. „Die gemeinsame Analysearbeit ist beiden Kollaborationen zugutegekommen“, sagt Patricia Vahle, Co-Sprecherin von NOvA. „Wir haben ein viel besseres gegenseitiges Verständnis für die Stärken und Herausforderungen der verschiedenen Versuchsaufbauten und Analysetechniken.“ [JGU / dre]
Weitere Informationen
- Originalveröffentlichung
The NOvA Collaboration & The T2K Collaboration, Joint neutrino oscillation analysis from the T2K and NOvA experiments, Nature 646, pages 818–824, 22. Oktober 2025; DOI: 10.1038/s41586-025-09599-3 - Tokai to Kamioka long baseline neutrino oscillation experiment T2K, Kamioka Observatory, Institute for Cosmic-Ray Research ICRR, University of Tokyo
- NuMI Off-axis νe Appearance Experiment NOvA, Fermi National Accelerator Laboratory, Batavia IL
- Neutrino physics; neutrino oscillations; electronics for particle detectors; detector development (Alfons Weber), Experimentelle Teilchen- und Astroteilchen Physik ETAP, Fachbereich Physik, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Anbieter
Johannes Gutenberg-Universität MainzSaarstr. 21
55122 Mainz
Deutschland
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