Otto von Guericke-Preis verliehen
Karl Stock und Steffen Nothelfer erhalten die Auszeichnung für die Entwicklung eines hyperspektralen Kamerasystems zur Melanom-Früherkennung.
Etwa 23.000 Menschen erkranken jedes Jahr in Deutschland an Hautkrebs, rund 3000 Menschen sterben jährlich daran. Bislang sind Untersuchungen zur Hautkrebsfrüherkennung in hohem Maße von der Erfahrung des untersuchenden Arztes abhängig: So erfolgen Biopsien, also die chirurgischen Entnahmen von tumorverdächtigem Gewebe, bisher meist ausschließlich auf Basis visueller Kontrollen. Manche bösartigen Melanome werden dabei übersehen oder nicht frühzeitig genug erkannt. Ulmer Wissenschaftler haben jetzt ein neuartiges Verfahren zur Hautkrebsfrüherkennung entwickelt, das die Diagnostik präziser, kostengünstiger und einfacher macht.
Mithilfe eines hyperspektralen Kamerasystems, kombiniert mit strukturierter Beleuchtung, können Vorstufen bösartiger Melanome und kleinste Unterschiede in der Mikrostruktur des Gewebes zuverlässig detektiert werden. Für ihre Leistungen sind Karl Stock und Steffen Nothelfer vom Institut für Lasertechnologien in der Medizin und Messtechnik an der Universität Ulm heute in Köln mit dem Otto von Guericke-Preis der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) ausgezeichnet worden. Durchgeführt wurde das Projekt vom AiF-Mitglied Forschungsvereinigung Feinmechanik, Optik und Medizintechnik e. V. (F. O. M.). Der Preis wird einmal im Jahr für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der IGF vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert. Die vorwettbewerbliche IGF wird im Innovationsnetzwerk der AiF und ihrer 100 Forschungsvereinigungen organisiert und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit öffentlichen Mitteln gefördert.
„Wir haben ein Gerät entwickelt, das den Arzt bei der Erkennung von schwarzem Hautkrebs unterstützen soll“, erklärt Stock das Ergebnis der Forschungsarbeiten. „Damit können wir die optischen Eigenschaften eines Gewebes in jedem Punkt exakt bestimmen und daraus auf Gewebeveränderungen schließen.“ Sein Kollege Nothelfer beschreibt das Vorgehen: „Zunächst beleuchten wir die Haut bei der Untersuchung in unterschiedlichen Farben und mit unterschiedlichen Streifenmustern. Einfach gesagt projizieren wir bestimmte Muster auf die Haut und erfassen dann das zurückgestreute Licht mit einer empfindlichen Kamera.“ Aus Abweichungen oder Verzerrungen des ursprünglichen Musters lassen sich mithilfe von Auswertealgorithmen sehr genau Änderungen der optischen Gewebeeigenschaften, auch in der Tiefe, ableiten. Diese können erste Hinweise einer krankhaften Gewebestörung sein. „In erster Linie kommt das Gerät den Patienten zugute, denn je früher das Melanom entdeckt wird, desto höher sind die Überlebenschancen des Patienten“, resümiert Stock.
Jean-Michel Asfour, Geschäftsführer der Dioptic GmbH, sieht in dem heute ausgezeichneten Projekt einen Initiator für die Entwicklung neuer und innovativer Messsysteme in weiteren Bereichen, beispielsweise in der Lebensmittelkontrolle oder der Papier- und Textilindustrie. „Gerade auch in Kombination mit künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen eröffnet es Unternehmen wie uns große Marktpotentiale“, ist Asfour überzeugt. Die Dioptic GmbH war als Industriepartner am projektbegleitenden Ausschuss des heute ausgezeichneten Projekts beteiligt.
Der Geschäftsführer der F. O. M., Markus Safaricz, zeigt sich beeindruckt von den Leistungen des Ulmer Teams. „Die Forscher haben es geschafft, ein Messsystem zu entwickeln, das bereits zum Projektende den Weg in die Klinik geschafft hat. Auch über die Krebsbekämpfung hinaus sind die Einsatzmöglichkeiten mit nur minimalem Investitionsaufwand extrem vielfältig. Beispielsweise führten Teilergebnisse zur Entwicklung einer LED-Strahlungseinheit zur Keimabtötung, andere sollen künftig bei 3D-Druckverfahren eingesetzt werden.“ Laut Safaricz eignet sich das Messsystem besonders für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und eröffnet ihnen neue, innovative Geschäftsmodelle.
AiF / DE