Plasmapartikel im freien Fall
Auf Parabelflügen Bewegung von festen Partikeln in einem Plasma exakt vermessen.
Heiße, ionisierte Gase mit festen Partikeln werden als staubige Plasmen bezeichnet. Man findet sie beispielsweise in den Ringen des Saturn. Sie entstehen aber auch unerwünscht in den Ätzreaktoren zur Herstellung von Computerchips oder werden gezielt bei der Herstellung von Dünnschicht-Solarzellen erzeugt. Um die Vorgänge in astrophysikalischen oder technologischen „staubigen Plasmen“ verstehen zu können, müssen Forscher die räumlichen Bewegungen der Partikel messen. Dazu führen sie Experimente unter Schwerelosigkeit durch, bei denen sich die Partikel in dem gesamten Plasmavolumen verteilen können. Unter normalen Bedingungen sammeln sich die Partikel an unteren Rand des Plasmas und bilden dort eine schwebende Scheibe.
Abb.: Das Experiment in der Schwerelosigkeitsphase. (Bild: privat)
Die Greifswalder Physiker André Melzer, Michael Himpel und Carsten Killer haben deshalb ihre Versuchsapparatur in ein speziell ausgestattetes Flugzeug des Typs Airbus A300 eingebaut. Der A300 ZERO-G startet vom Flughafen Bordeaux-Mérignac in Frankreich zu Parabelflügen. Dabei führt er ein kompliziertes Flugmanöver aus, bei dem sich das Flugzeug im freien Fall befindet und somit die Schwerkraft quasi unwirksam ist. Für 22 Sekunden befinden sich das Experiment und die Experimentatoren unter Schwerelosigkeit ähnlich wie auf der Raumstation ISS. Solche Parabeln werden an drei Flugtagen jeweils 31 mal geflogen, so dass insgesamt über eine halbe Stunde Schwerelosigkeitsexperimente möglich sind.
Mehrere Hochgeschwindigkeitskameras beobachten die Partikel stereoskopisch. Mit dieser einzigartigen Apparatur können Strukturen in der Anordnung der Partikel erkannt, Wellenvorgänge aufgezeichnet und die Grenzen der Partikelwolken vermessen werden.
Die Greifswalder nehmen schon seit mehreren Jahren regelmäßig an diesen Parabelflügen teil. Ziel der Untersuchungen ist, die Anordnung der Partikel im Plasma sowie die in der Plasmaumgebung wirkenden Kräfte zu verstehen. Die Wechselwirkung der Partikel untereinander sowie mit dem Plasma führt zur Ausbildung vieler interessanter Phänomene, die es zu erklären gilt, so zum Beispiel selbsterregte Wellen, Grenzschichten zwischen verschiedenen Partikelsorten oder Staubströmungen.
U. Greifswald / PH