Preisgekrönte Analytik und Desinfektion
Leibniz-Gründungspreis 2021 geht an zwei Start-ups, die sich dem Kampf gegen Viren und Bakterien verschrieben haben.
Zwei Gründungsvorhaben erhalten den Leibniz-Gründungspreis 2021. HyPhoX aus Frankfurt (Oder) liefert ein Analysetool für Flüssigkeiten im Gesundheits- und Umweltbereich auf Basis eines patentierten photonischen Sensors, während Nebula Biocides aus Greifswald ein neuartiges Breitband-Desinfektionsverfahren entwickelt hat, mit dem Viren und Bakteriensporen in kurzer Zeit abgetötet werden können. Beide Gründungsvorhaben erhalten ein für die weitere Unterstützung der Unternehmenskonzepte zweckgebundenes Preisgeld in Höhe von jeweils 25.000 Euro.
Das Gründungsvorhaben HyPhoX – chip-integrated photonic sensor technologies stammt aus dem Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP) in Frankfurt (Oder). HyPhoX liefert ein universales Analysetool für Flüssigkeiten, das etwa Viren, Giftstoffe, Bakterien oder Proteine in Blut, Urin oder Wasser entdeckt und unter anderem in der Lebensmittelanalytik, Hygiene- und Umweltüberwachung eingesetzt werden kann.
Mit Hilfe eines patentierten und für die Massenproduktion tauglichen photonischen Sensors lassen sich die Analyseergebnisse in Echtzeit und vor Ort auswerten. Konkrete Einsatzbereiche liegen etwa in der Entdeckung von Legionellen mittels Wasseranalytik oder für Antikörpertest in der Medizin, beispielsweise von Covid-19. Die Technologie ist für Anwendungen in Wissenschaft und Industrie von Interesse.
Technologisch werden die Sensor-Chips mit einer silizium-basierten und industriell nutzbaren Halbleitertechnologie hergestellt, was eine kostengünstige Massenfertigung erlaubt. Eine Besonderheit des patentierten Ansatzes ist die Möglichkeit einer einfachen und kostengünstigen Weiterverarbeitung zum fertigen Produkt, wozu erstmals Herstellungsprozesse aus der Mikroelektronik genutzt werden können. Dies bietet neben ökonomischen Vorteilen eine hohe Zuverlässigkeit und eine gute Integrierbarkeit in bestehende Systeme.
Das Gründerteam besteht aus dem Physiker Andreas Mai, Abteilungsleiter „Technologie für smarte Systeme“ am Leibniz-Institut IHP sowie Professor für Mikro- und Nanoelektronik an der Technischen Hochschule Wildau, und dem promovierten Physiker und ausgebildeten Konstruktionsmechaniker Patrick Steglich, der als Projektleiter in der Abteilung Technologie und Silizium-Photonik des Leibniz-Instituts IHP sowie als Dozent für Photonik an der TH Wildau tätig ist.
Die Nebula Biocides GmbH wurde 2019 als Spin-off aus dem Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP) von den Wissenschaftlern Jörn Winter, Ansgar Schmidt-Bleker und dem wissenschaftlichen Direktor des INP, Klaus-Dieter Weltmann, in Greifswald gegründet. Die Forscher entwickelten ein neuartiges Desinfektionsverfahren, das nicht nur gegen Bakterien, Pilze und Viren hochwirksam ist, sondern auch widerstandsfähige Bakteriensporen innerhalb kürzester Zeit abtötet. Die unter dem Markennamen Sporosan registrierte Technologie, ist das weltweit erste schnellwirkende Breitband-Desinfektionsverfahren mit guter Haut- und Materialverträglichkeit.
Das zum Patent angemeldete Verfahren basiert auf kurzlebigen reaktiven Wirkstoffen, die aus zwei Ausgangsflüssigkeiten erzeugt werden und beispielsweise zur Desinfektion von Händen und Medizinprodukten in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen zum Einsatz kommen kann. Eine sehr gute Wirksamkeit wird zum Beispiel gegen die widerstandsfähigen und langlebigen Sporen des Krankenhauskeims Clostridioides difficile erzielt, der von der US-Gesundheitsbehörde CDC zu den fünf größten Bedrohungen im Bereich Antibiotikaresistenzen gerechnet wird. Die beiden promovierten Physiker und Geschäftsführer der Nebula Biocides GmbH, Schmidt-Bleker und Winter, beschäftigen sich seit 2016 am INP mit grundlegenden chemischen Prozessen in plasmabehandelten Flüssigkeiten sowie der Entwicklung daraus abgeleiteter, plasmafreier Dekontaminationsprozesse.
Leibniz-Präsident Matthias Kleiner gratuliert den ausgewählten Gründungsvorhaben herzlich und hebt die hohe gesellschaftliche Relevanz der Geschäftsideen hervor: „Die Corona-Pandemie hat im Verlauf des vergangenen Jahres immer wieder Schwachstellen offenbart, die die Ausbreitung von Infektionen erleichtern. Dazu gehörten unter anderem fehlende Desinfektionsmöglichkeiten und langsame Testergebnisse. Genau an diesen Stellen setzen die beiden ausgezeichneten Innovationen aus der Forschung unserer Leibniz-Institute an. Ich bin guter Hoffnung, dass sie uns in Zukunft dabei helfen werden, Krankheitserreger frühzeitig zu erkennen und ihre Verbreitung einzudämmen und somit effektiv gegen Infektionskrankheiten ankämpfen zu können. Dass beide Start-ups aus Regionen stammen, die mitunter mit dem Label strukturschwach belegt werden, freut mich besonders, weil sie zeigen, dass mit Forschung der Wandel von strukturschwach zu innovationsstark möglich ist.“
Leibniz-Gem. / DE