07.04.2021

Preisgekrönte Analytik und Desinfektion

Leibniz-Gründungspreis 2021 geht an zwei Start-ups, die sich dem Kampf gegen Viren und Bakterien verschrieben haben.

Zwei Gründungs­vorhaben erhalten den Leibniz-Gründungspreis 2021. HyPhoX aus Frankfurt (Oder) liefert ein Analysetool für Flüssigkeiten im Gesundheits- und Umwelt­bereich auf Basis eines patentierten photonischen Sensors, während Nebula Biocides aus Greifswald ein neuartiges Breitband-Desinfektions­verfahren entwickelt hat, mit dem Viren und Bakterien­sporen in kurzer Zeit abgetötet werden können. Beide Gründungs­vorhaben erhalten ein für die weitere Unterstützung der Unternehmens­konzepte zweck­gebundenes Preisgeld in Höhe von jeweils 25.000 Euro. 
 

Abb.: Träger des Gründungs­preises 2021 der Leibniz-Gemeinschaft: Die...
Abb.: Träger des Gründungs­preises 2021 der Leibniz-Gemeinschaft: Die Gründer von HyPhoX aus dem Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik, Andreas Mai (li.) und Patrick Steglich. (Bild: IHP)

Das Gründungs­vorhaben HyPhoX – chip-integrated photonic sensor technologies stammt aus dem Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP) in Frankfurt (Oder). HyPhoX liefert ein universales Analysetool für Flüssigkeiten, das etwa Viren, Giftstoffe, Bakterien oder Proteine in Blut, Urin oder Wasser entdeckt und unter anderem in der Lebensmittelanalytik, Hygiene- und Umwelt­überwachung eingesetzt werden kann. 

Mit Hilfe eines patentierten und für die Massenproduktion tauglichen photonischen Sensors lassen sich die Analyse­ergebnisse in Echtzeit und vor Ort auswerten. Konkrete Einsatzbereiche liegen etwa in der Entdeckung von Legionellen mittels Wasser­analytik oder für Anti­körpertest in der Medizin, beispielsweise von Covid-19. Die Technologie ist für Anwendungen in Wissenschaft und Industrie von Interesse.

Technologisch werden die Sensor-Chips mit einer silizium-basierten und industriell nutzbaren Halbleiter­technologie hergestellt, was eine kostengünstige Massen­fertigung erlaubt. Eine Besonderheit des patentierten Ansatzes ist die Möglichkeit einer einfachen und kostengünstigen Weiterverarbeitung zum fertigen Produkt, wozu erstmals Herstellungs­prozesse aus der Mikro­elektronik genutzt werden können. Dies bietet neben ökonomischen Vorteilen eine hohe Zuverlässigkeit und eine gute Integrier­barkeit in bestehende Systeme.

Das Gründerteam besteht aus dem Physiker Andreas Mai, Abteilungsleiter „Technologie für smarte Systeme“ am Leibniz-Institut IHP sowie Professor für Mikro- und Nano­elektronik an der Technischen Hochschule Wildau, und dem promovierten Physiker und ausgebildeten Konstruktions­mechaniker Patrick Steglich, der als Projekt­leiter in der Abteilung Technologie und Silizium-Photonik des Leibniz-Instituts IHP sowie als Dozent für Photonik an der TH Wildau tätig ist.

Die Nebula Biocides GmbH wurde 2019 als Spin-off aus dem Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP) von den Wissenschaftlern Jörn Winter, Ansgar Schmidt-Bleker und dem wissenschaftlichen Direktor des INP, Klaus-Dieter Weltmann, in Greifswald gegründet. Die Forscher entwickelten ein neuartiges Desinfektions­verfahren, das nicht nur gegen Bakterien, Pilze und Viren hochwirksam ist, sondern auch widerstandsfähige Bakterien­sporen innerhalb kürzester Zeit abtötet. Die unter dem Markennamen Sporosan registrierte Technologie, ist das weltweit erste schnellwirkende Breitband-Desinfektions­verfahren mit guter Haut- und Material­verträglichkeit. 

Das zum Patent angemeldete Verfahren basiert auf kurzlebigen reaktiven Wirkstoffen, die aus zwei Ausgangs­flüssigkeiten erzeugt werden und beispielsweise zur Desinfektion von Händen und Medizin­produkten in Krankenhäusern oder Pflege­einrichtungen zum Einsatz kommen kann. Eine sehr gute Wirksamkeit wird zum Beispiel gegen die widerstands­fähigen und langlebigen Sporen des Krankenhaus­keims Clostridioides difficile erzielt, der von der US-Gesundheits­behörde CDC zu den fünf größten Bedrohungen im Bereich Antibiotika­resistenzen gerechnet wird. Die beiden promovierten Physiker und Geschäfts­führer der Nebula Biocides GmbH, Schmidt-Bleker und Winter, beschäftigen sich seit 2016 am INP mit grundlegenden chemischen Prozessen in plasma­behandelten Flüssigkeiten sowie der Entwicklung daraus abgeleiteter, plasmafreier Dekontaminations­prozesse.

Leibniz-Präsident Matthias Kleiner gratuliert den ausgewählten Gründungs­vorhaben herzlich und hebt die hohe gesellschaftliche Relevanz der Geschäfts­ideen hervor: „Die Corona-Pandemie hat im Verlauf des vergangenen Jahres immer wieder Schwachstellen offenbart, die die Ausbreitung von Infektionen erleichtern. Dazu gehörten unter anderem fehlende Desinfektions­möglichkeiten und langsame Test­ergebnisse. Genau an diesen Stellen setzen die beiden ausgezeichneten Innovationen aus der Forschung unserer Leibniz-Institute an. Ich bin guter Hoffnung, dass sie uns in Zukunft dabei helfen werden, Krankheitserreger frühzeitig zu erkennen und ihre Verbreitung einzudämmen und somit effektiv gegen Infektions­krankheiten ankämpfen zu können. Dass beide Start-ups aus Regionen stammen, die mitunter mit dem Label strukturschwach belegt werden, freut mich besonders, weil sie zeigen, dass mit Forschung der Wandel von strukturschwach zu innovations­stark möglich ist.“

Leibniz-Gem. / DE
 

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