Quantensoftware für die Wirtschaft
Physiker entwerfen Quantenalgorithmen für Optimierungsprobleme der Industrie.
Am 1. Januar ist das Verbundprojekt Quantum Methods and Benchmarks for Resource Allocation, kurz QuBRA gestartet. In einem Verbund aus Forschung und Industrie will das Projekt zeigen, welche konkreten Vorteile Quantentechnologien gegenüber heute bereits vorhandenen Algorithmen bieten könnten, um so das Zukunftsversprechen der Quantencomputer einzulösen. Geleitet wird der Verbund von der Leibniz-Universität Hannover. Akademische Partner mit Expertise in Quanten- sowie klassischer Informationsverarbeitung sind die Universität zu Köln, die Ruhr-Universität Bochum und die TU Braunschweig. Konkrete Anwendungsbeispiele sollen in Zusammenarbeit mit der Infineon Technologies AG und der Volkswagen AG entwickelt werden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt mit drei Millionen Euro über drei Jahre.
Quantencomputer versprechen ungekannte Rechenpower und damit die Lösung von Problemen, an denen klassische Rechner bisher scheitern. Erste Prototypen existieren, können jedoch nur Fragestellungen lösen, die keinen praktischen Anwendungsbezug haben. „Unter Anwendern in der Industrie gibt es große Unsicherheit darüber, für welche Fragestellungen Quantencomputer vorteilhaft sein können“, sagt David Gross, Professor für theoretische Physik an der Uni Köln und Partner im QuBRA-Verbund. „Leider sind wir noch weit davon entfernt, eine einfache Antwort geben zu können.“ Um dieser Antwort näher zu kommen und einen möglichen Einsatz von Quantenalgorithmen in industriellen Prozessen zu finden, bedarf es der engen Zusammenarbeit von Grundlagenforschung und Praxis.
Ein Beispiel: Für die Herstellung von Gütern vom Mikrochip bis zum Automobil müssen Daten von Kunden, Zulieferern und den eigenen Fabriken zusammengeführt werden, um die Auslastung der kapitalintensiven Produktionsanlagen zu maximieren. Selbst kleine Lösungsverbesserung dieses Optimierungsproblems kann zu wirtschaftlichen Vorteilen in Millionenhöhe führen.
Mariami Gachechiladze, die mit Abschlüssen sowohl in Informatik wie auch in Quantenphysik in der Arbeitsgruppe für Quanteninformationstheorie an der Universität zu Köln forscht und zu Anfang Februar eine Professur für Informatik an der TU Darmstadt annimmt, erklärt: „In der Informatik werden solche Optimierungen in die Klasse der NP-schweren Rechenprobleme eingeordnet. In welchem Umfang es für sie einen Quantenvorteil gegenüber konkurrierenden klassischen Algorithmen gibt, und wie genau man diesen Vorteil ausnutzen kann, ist Gegenstand aktueller Forschung.“ Um das zu klären, haben sich die akademischen Experten mit den Forschungsabteilungen der beiden DAX-Konzerne zusammengetan.
Um Fortschritte zu machen, werden die Physiker zunächst Quantenalgorithmen für Optimierungsprobleme entwerfen, die bei den Industriepartnern in der Praxis auftreten. Das interdisziplinäre Team wird sie dann auf großen klassischen Computern und früher Quantenhardware testen – und gegen herkömmliche Lösungen antreten lassen. Auf diese Art werden die Parameterbereiche identifiziert werden, in denen sich zukünftig der Einsatz von Quantencomputern lohnt.
Das BMBF fördert das Projekt im Rahmen der Fördermaßnahme „Anwendungsnetzwerk für das Quantencomputing“. In dieser Fördermaßnahme wird das Ziel verfolgt, den Nachweis praktischer Anwendervorteile durch die Nutzung eines Quantencomputers zu erbringen, oder zumindest die Grundlagen hierfür zu erschließen. Für definierte Anwendungsgebiete in Wirtschaft oder Wissenschaft soll ein nützlicher Quantenvorteil erzielt werden. Die Fördermaßnahme ist Bestandteil des Rahmenprogramms „Quantentechnologien – von den Grundlagen zum Markt“ und damit Teil der Hightech-Strategie der Bundesregierung.
U. zu Köln / RK
Weitere Infos
- AG Osborne, Institut für theoretische Physik, Leibniz-Universität Hannover
- Quantum Information Theory (D. Gross), Institut für theoretische Physik, Universität zu Köln