23.09.2024

Raumschiff Orion im Strahlenschutzcheck

Erste Ergebnisse der Strahlungsmessungen auf dem Weg von Artemis-I zum Mond.

Weltraumstrahlung birgt Gesundheitsrisiken für den menschlichen Körper bei astronautischen Langzeitmissionen. Sie kann Krebs und degenerative Erkrankungen verschiedener Organe verursachen. Um Astronauten bei zukünftig immer längeren Weltraumaufenthalten bestmöglich zu schützen, gilt es, geeignete Schutzmaßnahmen zu finden. Dafür sind detaillierte Messdaten über die Strahlungsbelastung beim Raumflug außerhalb des Erdmagnetfelds nötig. Ende 2022 starteten mit dem Nasa-Raumschiff Orion die beiden Messpuppen Helga und Zohar im Rahmen des vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt geleiteten Projekts MARE. Bei der Artemis-I-Mission flogen sie auf einer über 25-tägigen Reise zum Mond und wieder zurück. Dabei wurden zum ersten Mal kontinuierlich Messdaten zu den Strahlungswerten zwischen der Erde und ihrem Trabanten gewonnen.

Abb.: Die beiden Messpuppen des Experiments MARE nehmen zwei der Passagiersitze...
Abb.: Die beiden Messpuppen des Experiments MARE nehmen zwei der Passagiersitze der Orion-Kapsel ein.
Quelle: Nasa / Lockheed Martin / DLR

„Wir wollten erstmals einen umfassenden und zusammenhängenden Datensatz zu den Strahlungsverhältnissen bei einem Mondflug erheben, wozu aktuell noch die Auswertungen laufen“, erläutert Thomas Berger, Strahlenphysiker vom DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin in Köln und Leiter des Experiments MARE. „gemeinsam mit Nasa und Esa ging es uns darum, die Strahlungsunterschiede innerhalb des Orion-Raumschiffes zu charakterisieren, wozu nun die Ergebnisse vorliegen. Im Vorfeld hatten wir dafür eine sehr große Anzahl von Dosimetern an verschiedenen festen Positionen innerhalb des Raumschiffs sowie in unseren beiden lebensgroßen MARE-Messphantomen Helga und Zohar platziert.“

Die Messergebnisse zeigen: Während des Durchflugs durch den inneren Van Allen Gürtel unterschied sich die Strahlungsdosis innerhalb des Raumschiffs je nach Ort des Detektors sehr deutlich. Die Dosisraten zwischen den am besten und am wenigsten geschützten Bereichen innerhalb der Raumkapsel unterschieden sich um das Vierfache. Diese enormen Unterschiede bestätigen das Design und Abschirmungskonzept der Raumkapsel. Im stärker abgeschirmten Bereich der Kapsel kann die auf die Besatzung wirkende Gesamtdosis bei großen solaren Teilchenereignissen auf maximal 150 Millisievert beschränkt werden. Bei dieser Dosis sind keine Symptome einer akuten Strahlenkrankheit zu erwarten.

Die Daten zeigen zudem, dass die Ausrichtung des Raumschiffs während des eine signifikante Auswirkung auf die Strahlungswerte innerhalb der Kapsel hatte. Zum Ende des Durchflugs durch den inneren Protonengürtel führte Orion eine 90-Grad-Drehung durch, die zu einer unerwartet starken Reduzierung der Strahlungsdosis um fünfzig Prozent führte. „Das zeigt uns, dass sich mit diesem Flugmanöver die Strahlenbelastung für die Besatzung im Inneren des Raumschiffs deutlich reduzieren lässt. Auch das ist ein gutes Zeichen und bestätigt die grundsätzliche Eignung der Orion für zukünftige Raumflüge mit Astronautinnen und Astronauten. Und unsere Messdaten sind eine wertvolle Informationsgrundlage für die Gestaltung zukünftiger Missionen“, so Berger.

Nicht zuletzt zeigt die Studie, dass die moderne Computersimulation von Strahlungsumgebungen verbessert wurde, da die experimentellen Messdaten weitgehend mit den vorhergesagten Modellrechnungen übereinstimmen. Auch diese sind ein wichtiger Faktor für eine zeit- und kosteneffiziente Weiterentwicklung des Orion-Konzepts.

Insgesamt stellt das Wissenschaftsteam fest, dass die Strahlenexposition für zukünftige Artemis-Missionen, die ja nur einige Tage bis Wochen dauern werden, wahrscheinlich nicht die aktuellen Nasa-Grenzwerte für Astronauten überschreiten, vorausgesetzt, dass ähnliche Missionsbedingungen eingehalten werden. Das Strahlungsrisiko bleibt jedoch eine der zentralen Herausforderung für die astronautische Weltraumfahrt.

DLR / RK

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