Forscher des Schweizer Forschungs- und Entwicklungszentrums CSEM haben eine neue Lidar-Technologie eingesetzt, um ein im Neuenburgersee entdecktes römisches Schiffswrack zu untersuchen. Ein in Echtzeit gewonnenes 3D-Relief ermöglicht die genaue Visualisierung des Kahns, ohne ihn aus dem Wasser zu holen. Es handelt sich dabei um eine Barke, die vermutlich für den Transport von Bausteinen benutzt wurde. Das 2014 identifizierte Schiffswrack stammt aus dem Anfang des zweiten Jahrhunderts und wurde erst kürzlich zur Untersuchung aus dem Sand gehoben. Das Ziel: die Geschichte und die Architektur des Boots rekonstruieren und möglichst viele Informationen sammeln, bevor es wieder im Sand versenkt wird.
Das Untersuchungsobjekt ist selten: Es ist erst das dritte Boot dieser Art, das in Schweizer Seen gefunden wurde. Der ursprünglich 15 bis 25 Meter lange, teilweise erhaltene Kahn wurde vermutlich für den Transport von Kalksteinen aus den Steinbrüchen von Hauterive und Concise auf der Nordküste des Neuenburgersees bis nach Avenches verwendet. Das Relikt zeichnet sich dadurch aus, dass es eine zwölf Meter lange, praktisch unversehrte Seite besitzt – etwas, was in der Schweiz in dieser Form noch nie gesichtet wurde.
Forscher des CSEM konnten ihre neuen Lidar-Technologie einsetzen, um ein hochpräzises und dreidimensionales Relief des Bootes zu liefern. Von einem durchsichtigen Gehäuse geschützt ist es dem System gelungen, das Wrack detailgetreu zu rekonstruieren, ohne dass ein direkter Kontakt erforderlich gewesen wäre. „Diese erste Erfahrung unter realen Bedingungen zeigt, dass wir sehr rasch eine Beurteilung durchführen können, ohne auf ein Taucherteam zurückgreifen zu müssen“, erläutert Fabien Droz, Leiter des Bereichs Instrumente beim CSEM. „Während die Bedingungen beim Wrack aus dem Neuenburgersee den traditionellen Ansatz mit Unterstützung von spezialisierten Tauchern erlauben, ist dies bei vielen Wracks aufgrund der Tiefe oder des Zugangsrisikos nicht der Fall.“
Anders als beim klassischen Laserscanning per Lidar, das langsam arbeitet und teure, großformatige Instrumente erfordert, präsentiert sich die neue Lidar-Technologie des CSEM in einer kompakten Form, die mit Blitzlichtern arbeitet und fast augenblicklich Ergebnisse liefert. „Eine ganze Szene kann mit einem einzigen Blitzimpuls ausgemessen werden“, so Christophe Pache, Sektionsleiter am CSEM. Das Gerät – ausgestattet mit über zehntausend Miniatur-Sensoren – sendet zunächst eine Reihe von Blitzimpulsen auf das Untersuchungsobjekt und analysiert anschließend das zurückgestreute Licht.
„Wir messen den Zeitabstand zwischen der Zündung des Blitzlichts und dem Empfang des Lichtes nach dem Aufprall. Die Lichtlaufzeit der Photonen gibt uns Auskunft über das Relief, das wir betrachten“, sagt Droz. Weil sich Photonen mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, werden die Messungen in einer Milliardstel Sekunde durchgeführt.
Diese äußerst robuste Methode wurde ursprünglich für Weltraumanwendungen entwickelt, um vor einer Mond- oder Mars-Landung augenblicklich eine Bodenkartierung vornehmen zu können. Nun könnte sie sich auch als besonders geeignet erweisen für bathymetrische Vermessungen, um Defekte an Pipelines oder Windenergieanlagen vor der Küste zu orten, sowie für alle anderen Wasserinspektionen, die eine dreidimensionale Bildgebung verlangen.
CSEM / RK
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