Rotierende Phononen für die Spintronik
Forschungsgruppe will Spintronik mit mechanischen Schwingungen koppeln.
Spintronik kommt bereits heute vielfach zum Einsatz: in Datenspeichern, in der Sensorik und zunehmend in der Kommunikationstechnologie. In vielen Autos und Handys sind längst Komponenten verbaut, die auf Spintronik basieren. Spintronik bedeutet, dass nicht nur die elektrische Ladung als Informationsspeicher herangezogen wird, sondern auch der Elektronenspin. Physiker der Uni Konstanz wollen nun gemeinsam mit Kollegen anderer Universitäten noch einen Schritt weiter gehen: In der Forschungsgruppe „Chiral Phonons for Spintronics“, kurz ChiPS, untersuchen die Wissenschaftler, wie die Spintronik zusätzlich an Phononen angekoppelt werden kann. Eine Schlüsselrolle spielen dabei chirale Phononen.

„Wir wollen chirale Phononen erzeugen, transportieren und nachweisen“, so ChiPS-Sprecher Ulrich Nowak. „All diese Schritte sind im Wesentlichen Neuland.“ Bereits 2022 wies Nowak mit seinem Kollegen Peter Baum nach, wie chirale Phononen durch ultraschnelle Entmagnetisierung erzeugt und mit magnetischen Eigenschaften gekoppelt werden können – ein wichtiger Ausgangspunkt für die heutige Forschungsgruppe.
Phononen sind kollektive Anregungen der Gitterschwingung eines Festkörpers, also die kollektiven Bewegungen von sehr vielen Atomen. Chiral werden die Phononen, wenn die Atome sich auf Bahnen so bewegen, dass sie einen links- oder rechtshändigen Drehimpuls bekommen. Dieser Drehimpuls ist entscheidend, da er quantisiert ist und als Informationsträger genutzt werden kann. „Chirale Phononen haben einen mechanischen Drehimpuls, der mit dem Elektronenspin wechselwirken kann“, verdeutlicht Nowak. Auf diese Weise könnte der Spin in mechanische Schwingungen übersetzt werden – eine Grundlage für neuartige Technologien.
„Wir wollen nun zeigen, dass man diese chiralen Phononen für die Spintronik ausnutzen und funktionalisieren kann. Die Vision wäre, dass wir in Zukunft neue Geräte haben, die nicht nur elektronisch oder spintronisch sind, sondern auch phononische Teile enthalten“, so Nowak. Interessant wäre das zum Beispiel für neuartige Schaltkreise aus Materialien, die weder elektrisch leitend noch magnetisch sind, aber durch ihre Phononen trotzdem noch einen Drehimpuls transportieren und damit Information verarbeiten.
U. Konstanz / RK