Rundes Jubiläum für das Radioteleskop Effelsberg
Das 100-Meter-Radioteleskop wurde vor einem halben Jahrhundert eröffnet und zählt immer noch zur Weltspitze.
Das 100-Meter-Radioteleskop des Bonner MPIfR begeht im Jahr 2021 seinen 50. Geburtstag. Der Aufbau des Teleskops in einem Eifeltal rund vierzig Kilometer südwestlich von Bonn erfolgte in gut dreieinhalbjähriger Bauzeit von 1967 bis 1971. Am 12. Mai 1971 war Richtfest in Form einer feierlichen Eröffnung am Standort des Teleskops. Zur Eröffnung konnte eine Reihe von Gästen aus Forschung und Politik vor Ort begrüßt werden. Während der folgenden fünf Jahrzehnte erfolgte eine stetige technische Aufrüstung des Radioteleskops, so dass es auch heute noch zu den leistungsfähigsten Teleskopen der Erde zählt. Das Teleskop ist nach wie vor ein zentraler Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit des Instituts.
Seit ihren Anfängen in den 1930er Jahren hat sich die Radioastronomie zu einer bedeutenden Methode für die Erforschung des Weltalls entwickelt, denn sie dringt in Tiefen des Universums ein, die dem sichtbaren Licht versperrt bleiben. So ist etwa die Entdeckung von neuen Himmelskörpern wie Quasaren und Pulsaren sowie weit entfernten Galaxien diesem Teilgebiet der Astronomie zuzuschreiben. Mindestens vier Physik-Nobelpreise gehen auf radioastronomische Erkenntnisse zurück. Zur Beobachtung von Radiowellen werden spezielle Teleskope eingesetzt. In Deutschland ist das 100-Meter-Radioteleskop des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR) das mit Abstand größte seiner Art – es ist auch fünfzig Jahre nach seiner Fertigstellung das größte voll bewegliche Radioteleskop Europas und das zweitgrößte der Erde.
Als Rückschau auf bisher fünfzig Jahre erfolgreicher Forschungsarbeit mit dem Radioteleskop Effelsberg wird in diesen Tagen ein neuer Wanderweg, der „Zeitreiseweg“, rund um das Teleskop eröffnet, der auf insgesamt zwanzig Stationen eine Reihe von besonderen Ereignissen aus diesen fünf Jahrzehnten beschreibt, von der Eröffnung des Radioteleskops im Jahr 1971 bis zum 50-Jahre-Jubiläum in diesem Jahr 2021.
Darunter finden sich sowohl wissenschaftliche als auch technische Wegmarken, von der erstmaligen Entdeckung der Moleküle Wasser und Ammoniak außerhalb der Grenzen unserer Milchstraße in den Jahren 1977/79 bis zu einem Weltrekord in Winkelauflösung von nur 11 Mikrobogensekunden (das entspricht dem Durchmesser einer Ein-Cent-Münze auf dem Mond) durch Weltraum-VLBI unter Beteiligung des 100-Meter-Teleskops. Auch technische Wegmarken wie der Einbau eines neuen Subreflektors mit aktiver Oberfläche im Jahr 2006 oder die Inbetriebnahme eines zweiten Radioteleskops vor Ort, der Effelsberg-Station des europäischen LOFAR-Teleskopnetzwerks, sind darin enthalten.
Die unteren Elemente der Tragekonstruktion erschienen ursprünglich nicht in Weiß, sondern eher dunkel. Tatsächlich war dieser Teil des Teleskops zunächst für kurze Zeit in Blau angestrichen. Das daraus resultierende Temperaturverhalten führte allerdings sehr schnell zu einem Anstrich in weißer Farbe auch für diesen Teleskopteil, und dabei ist es dann auch geblieben. Nach wie vor sind Malerarbeiten ein regulärer Bestandteil der jährlichen Wartungsarbeiten am Teleskop. Die Maler kommen in jedem Sommer für rund acht Wochen im Juli und August. Dann finden tagsüber Anstricharbeiten statt, während nachts das Teleskop auch in dieser Phase für ein astronomisches Messprogramm zur Verfügung steht.
Ein größerer Teil der heutigen Forschungsarbeit in der „Millimeter- und Submillimeter-Astronomie“ spielt sich allerdings bei höheren Radiofrequenzen im Millimeter- und Submillimeter-Wellenlängenbereich ab und nutzt Radioteleskope wie Apex in Chile und die fliegende Sternwarte Sofia. In diesen Wellenlängenbereichen kommt das 100-Meter-Teleskop (Grenzfrequenz 96 Gigahertz/3,1 Millimeter Wellenlänge) dann nicht mehr zum Einsatz.
Aktuell dominieren im Messprogramm mit dem Radioteleskop Effelsberg, wie üblich in dieser Zeit des Jahres, Messprogramme im internationalen Verbund (Very Long Baseline Interferometrie, VLBI), bei denen das 100-Meter-Radioteleskop mit anderen Radioteleskopen der Erde vernetzt wird, um so über Kontinente und Ozeane hinweg Messungen mit höchster Winkelauflösung durchführen zu können. Damit wird ein virtuelles Radioteleskop von bis zu Erdgröße simuliert. Das Radioteleskop Effelsberg ist wegen seiner großen Sammelfläche (es ist auch nach fünf Jahrzehnten Betrieb noch das zweitgrößte bewegliche Radiotelekop der Erde) nach wie vor ein begehrter Partner für diese Messungen.
In einer aktuellen Information des MPIfR wurde der Beitrag des Radioteleskops Effelsberg bei der Untersuchung des Zentralbereichs der Galaxie M87 (M87*) gewürdigt. Im Zentrum dieser Galaxie konnte erstmals ein Bild vom Schatten eines Schwarzen Lochs dargestellt werden. Ein weiterer Schwerpunkt des Beobachtungsprogramms liegt bei Pulsaren und schnellen Radiostrahlungsausbrüchen (Fast Radio Bursts, FRBs), also Beobachtungen mit sehr hoher Zeitauflösung im Bereich von Mikrosekunden.
„Auch nach fünfzig Jahren ist das Teleskop ein astronomisches Instrument der Spitzenklasse. In den vergangenen Jahrzehnten wurden – abgesehen von der Grundstruktur – nahezu alle Komponenten beständig erneuert und verbessert. Nach wie vor ist die Nachfrage nach Messzeit hoch und es kommen Beobachtungsanträge von Wissenschaftlern aus aller Welt“, sagt Alex Kraus, der Leiter des Radioobservatoriums Effelsberg.
„Effelsberg hat in der Vergangenheit wiederholt seine Vielseitigkeit gezeigt. Die Möglichkeit, immer wieder neue, speziell entwickelte Spitzentechnologie für die Empfangssysteme einzusetzen, wird unser Teleskop noch auf absehbarer Zukunft an der Weltspitze halten”, schließt Michael Kramer, als Direktor am MPIfR verantwortlich für das Radioobservatorium mit dem 100-Meter-Teleskop.
MPIfR / DE