Sicherheit in Menschenmengen
Forschungsprojekt CrowdDNA analysiert Verhalten von Menschenansammlungen in umfangreicher Studie.
Unvermutetes Schubsen kann sich schnell zu einem echten Sicherheitsrisiko auswachsen. Gefährlich werden kann es besonders dann, wenn Menschen dicht an dicht stehen, beispielsweise bei großen Events, oder wenn sich Menschenmassen auf öffentlichen Plätzen tummeln. Mit dem EU-geförderten Forschungsprojekt CrowdDNA gehen Experten des Forschungszentrums Jülich und der Bergischen Universität Wuppertal den vorherrschenden Kräften sowie maßgeblichen psychologischen Faktoren in einer solchen Menschenmenge auf den Grund. Gemeinsam mit Projektpartnern aus Frankreich, Spanien und Deutschland haben sie dazu unterschiedliche Experimente für mehrere Hundert Probanden an der Bergischen Universität Wuppertal vorbereitet.
Die Versuchsteilnehmer müssen sich beispielsweise in Gruppen durch einen Einlass zwängen, sind plötzlichen Schubsern beim Schlangestehen ausgesetzt oder treffen in verschiedenen Konstellationen aufeinander. Die Forscher wollen so einen tiefen Einblick in die physikalischen Kräfte gewinnen, die auf die Probanden wirken. Und sie wollen neue Erkenntnisse über die Ausbreitung von Informationen inmitten einer Menschenmenge erlangen, wie Menschen untereinander kommunizieren, in welche Richtung sie Informationen weitergegeben. Videoanalysen und spezielle Monturen zur Bewegungsmessung, Xsens-3D-Motion-Tracking-Anzüge, liefern dabei umfangreiche Daten, um ein hochaufgelöstes Bild des dynamischen Geschehens zu erfassen: Welche Körperstellen kommen in Kontakt? Wie breiten sich Schubser in einer Menge aus? Und wie wirken sich die Stärke des Stoßes, die Anordnung der Probanden und der Abstand zwischen den Personen auf das Körpergleichgewicht und damit auf das Sturzrisiko aus?
„Die Experimente sollen dazu beitragen, auf einer ganz grundlegenden Ebene das physikalische Verständnis der Dynamik von Menschenmengen zu verbessern“, erklärt Versuchsleiter Armin Seyfried vom Forschungszentrum Jülich und der Bergischen Universität Wuppertal. „Ziel ist es letztlich, ein skalenübergreifendes Verständnis zu erlangen, um aus leicht messbaren Größen wie der Bewegungsgeschwindigkeit oder Personendichte auf die vorherrschenden Kräfteverhältnisse und mögliche Gefahren für den Einzelnen rückschließen zu können.“
Die Erkenntnisse sollen den Grundstein legen für eine neue Generation von Crowd-Analyse- und Simulationssystemen, die weniger auf Erfahrungswerten basieren und die Dynamik von Menschenmengen anhand wissenschaftlich fundierter Merkmale präzise vorhersagen können. Im CrowdDNA-Projekt arbeiten dazu Experten aus der Physik, Psychologie, Informatik und des maschinellen Lernens eng mit Unternehmen aus den Bereichen der Crowd-Simulation und des Crowd-Managements zusammen.
FZJ / DE