23.12.2022

Standardisierte Satelliten-Software

Stuttgarter Start-up bietet skalierbare Softwarelösungen an.

Die Raumfahrt befindet sich im stetigen Wandel. Entwicklungszyklen für Satelliten haben sich stark verkürzt und dadurch haben sich auch die Anforderungen an deren Betriebssystem verändert. Für die neuen Anforderungen an die Software von Satelliten hat das Start-up der Universität Stuttgart sat:io ein Konzept entwickelt. Das Team bietet ganzheitliche, skalierbare Lösungen an, die einen multi-missionsfähigen Satelliten­betrieb ermöglichen.

 

Abb.: Gruppen­foto von sat:io (Bild: U. Stuttgart)
Abb.: Gruppen­foto von sat:io (Bild: U. Stuttgart)

Die Startkosten in der Raumfahrt sind in den vergangenen Jahren stark gesunken. Satelliten sind teilweise nur noch so groß wie Schuhkartons oder kleiner. Ihre Sensor­technologie wird preiswerter, kleiner und besser. Und künstliche Intelligenz ermöglicht es, die großen Datenmengen effektiv zu verarbeiten und auszuwerten. Das alles trägt dazu bei, dass die Konditionen für die Raumfahrt insgesamt günstiger werden, weshalb mehr Start-ups und klein- und mittel­ständische Unternehmen die Chance ergreifen und sich am Raumfahrtmarkt etablieren – die New-Space-Bewegung.

Früher gab es einige wenige, dafür finanziell sehr gut gestellte, institutionelle Raumfahrt­projekte. Sie konnten es sich leisten, für jede neue Satelliten­mission eine eigene, größtenteils neue Software zu entwickeln. Heute ist die Entwicklung eines Betriebssystems für die Satelliten eine große Herausforderung, insbesondere für die mit Wagnis­kapital ausgestatteten Start-ups. Sie stehen vor der Herausforderung, in kurzer Zeit ihre anspruchsvollen Geschäftsziele zu erreichen und das dafür notwendige Wissen aufzubauen. „Wir können uns das so vorstellen, als müssten wir mit jedem neuen Laptop-Kauf ein neues Windows-Betriebssystem entwickeln“, erklärt Florian Schilli, Teammitglied von sat:io. Die Satellitenbetreiber bräuchten ein skalierbares System, das sie mit einem geringen Integrationsaufwand immer wieder für neue Satelliten­missionen nutzen könnten. sat:io hat diesen Wandel am Markt erkannt und Lösungen entwickelt.

„Wir wollen den Satellitenbetreibern eine ganzheitliche Lösung anbieten, um ihren Integrations­aufwand zu reduzieren. Statt eines großen teuren Gesamt­systems bieten wir mit unserer Toolsuite einzelne Tools an, die in oder über die einzelnen Projektphasen hinweg bedarfsgerecht eingesetzt werden können.“ Ihre Produkte bieten sie als Pay-as-you-go-Modell an. Das bedeutet, die Satellitenbetreiber bezahlen nur die Tools, die sie benötigen. Diese stehen ihnen unmittelbar zur Verfügung und sind bereits im Gesamtsystem integriert.

Vorstellen könne man es sich wie das Office-Paket für Windows. „Wir haben einzelne Tools wie Word, Outlook und Excel, deren Schnittstellen perfekt aufeinander abgestimmt sind und die zuverlässig miteinander interagieren“, sagt Schilli. Ziel sei es, die Kundinnen und Kunden möglichst entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette zu begleiten und einen Mehrwert zu schaffen.

Eine Herausforderung, die sat:io lösen will, ist das automatisierte Auflösen von Konflikten innerhalb der Missionsplanung. Während des Satelliten­betriebs werden Ressourcen wie elektrische Energie verbraucht und andere Ressourcen sind über ein bestimmtes Zeitfenster hinweg in Verwendung und damit nicht anderweitig verfügbar. Die Sensorik für Erdbeobachtung kann zum Beispiel immer nur eine Beobachtung ausführen. Das System berücksichtigt die Verfügbarkeit von Ressourcen innerhalb der Missionsplanung und löst Konflikte automatisiert auf. Die Basis dafür ist ein Ressourcen­management, das Teil einer Patent­anmeldung von sat:io und der Universität Stuttgart ist.

sat:io ist ein Start-up des Instituts für Raumfahrtsysteme (IRS) der Universität Stuttgart. Die Gründungsmitglieder Susann Pätschke, Sebastian Wenzel und Kai Leidig sind Alumni der Universität. Insgesamt zu siebt arbeitet das Team an seiner Idee. Für ihre Forschung haben sie im September 2022 eine EXIST-Forschungs­transfer-Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz erhalten. Die Förderung unterstützt herausragende forschungsbasierte Gründungsvorhaben, die mit aufwändigen und risikoreichen Entwicklungsarbeiten verbunden sind. Ende November 2022 hat das Berliner Markt­forschungs­institut Capitol Momentum sat:io zum Start-up mit der vielversprechendsten innovativen Geschäftsidee im Bereich der New-Space-Industrie in Deutschland gewählt.

Fachliche Unterstützung erhält das Team vom IRS, insbesondere von seiner Mentorin Sabine Klinkner. Parallel zu dem Verbund­projekt EIVE entwickelt sat:io gemeinsam mit Universitäts-Kollegen das Betriebs­system für den 6U CubeSat. Im Juni 2023 soll EIVE ins Weltall starten.

U. Stuttgart / DE

 

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