28.04.2020

Testzentrum für Tauchboote

Forschungsareal in der Nordsee vor Helgoland geht in Betrieb.

Nur wenige Seemeilen von der Insel Helgoland entfernt kennzeichnen seit wenigen Tagen acht gelbe Tonnen ein drei Quadrat­kilometer großes und 45 Meter tiefes Forschungs­testfeld für Über- und Unterwasser­anwendungen. Nachdem im Sommer 2019 mit der Gründung des Testzentrums für maritime Technologien die landseitige Logistik bereits aufgebaut wurde, können nun auch die Forschungs­arbeiten auf hoher See beginnen.

Abb.: Testzentrum für maritime Techno­logien nimmt Forschungs­areal in der...
Abb.: Testzentrum für maritime Techno­logien nimmt Forschungs­areal in der Nordsee vor Helgoland in Betrieb. (Bild: Fh.-IFAM / Deichblick)

Die Forschung auf dem offenen Meer ist bislang nicht oder nur unter aufwendigen Bedingungen zu gestalten. Wer große Bauteile oder komplette maritime Systeme untersuchen möchte, muss ein Schiff anmieten und auf die richtigen Wetter­bedingungen hoffen. Langzeit­versuche sind kaum durchführbar. Nun eröffnet das europaweit einzigartige Forschungs­areal Wissenschaftlern und Partnern aus der Industrie die Möglichkeit, Über- und Unterwasser­technologien unter realen Bedingungen zu entwickeln und sowohl in Langzeitversuchen als auch in kurzzeitigen Prüf­szenarien zu erproben. Neben der Erforschung von Prozessen wie Stoffkreis­läufen im Meer soll das abgesteckte Seegebiet vor allem zur Erprobung autonomer Unterwasser­fahrzeuge und Flugsysteme dienen. Die mobile Robotik besitzt das Potenzial, industrielle Messverfahren und Reparatur­arbeiten für den Offshore-Einsatz zu revo­lutionieren. Damit können aufwendige Wartungs­arbeiten unter und über Wasser durch innovative Verfahren mit geringerem Energie- und Zeitaufwand ersetzt werden.

So sollen sich Unterwasser­fahrzeuge zukünftig selbstständig bewegen und Unterwasser­strukturen auf Schäden untersuchen und eigenständig reparieren können. Auch intelligente Flugsysteme werden in dem Areal getestet, um dann beispiels­weise bei der Inspektion und Instandhaltung von Offshore-Wind­energieanlagen zum Einsatz zu kommen und somit Menschen bei diesen gefährlichen Arbeiten zu entlasten. Zur Erfüllung dieses breiten Aufgaben­spektrums müssen die Luft- und Wasser­fahrzeuge mit effizienten elektrischen Antrieben, einer umfangreichen Sensorik, Sensor­datenerfassung und -auswertung sowie entsprechenden Algorithmen zur autonomen Durch­führung komplexer Missionen ausgestattet sein. Für diese Anwendungen gelten hohe Anforderungen hinsichtlich der Zuver­lässigkeit und der Umsetzung der Digi­talisierung in den maritimen Bereichen. 

Der Nachweis der Zuver­lässigkeit dieser Hard- und Software unter realen Umgebungs­bedingungen steht im Vordergrund der Forschungs- und Entwicklungs­arbeiten. Konkrete Entwicklungen aus der mobilen Robotik können bei Seegang, Strömung, Sedimentfracht, hohen Windge­schwindigkeiten und unter eingeschränkter Sicht ihre Zuverlässigkeit unter Beweis stellen. Außerdem können Im Testfeld je nach Anwendungs­bereich unterschiedliche Prüf- und Testszenarien aufgebaut werden. Die Versuche liefern wichtige Erkenntnisse für Entwicklungs­fragen und für die Optimierung der Systeme. Insbesondere werden am Testzentrum Themen wie die Elek­trifizierung von Schiffs­antrieben, die Zuver­lässigkeit und Effizienz von Antriebs­systemen für Unterwasser­fahrzeuge und elektrische Energiespeicher für Über- und Unterwasser­anwendungen bearbeitet.

Nicht nur im Norden Deutschlands, sondern auch weltweit zählt die maritime Wirtschaft zu einer der wichtigsten Industrie­branchen. Um diesen leistungsfähigen Wirtschaftszweig zu stärken und auszubauen, sind Produkte und Dienst­leistungen auf höchstem Niveau notwendig. Hohe Anforderungen hinsichtlich der Zuver­lässigkeit werden gestellt und die Digi­talisierung in den maritimen Bereichen gilt gleichfalls als Heraus­forderung. Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, sind Versuche und Langzeit­tests unter anwendungs­nahen Bedingungen unverzichtbar.

Um die Forschung und Entwicklung für den maritimen Sektor voran­zutreiben, wurde unter der Federführung des Fraunhofer-Institut für Fertigungs­technik und Angewandte Material­forschung IFAM gemeinsam mit dem Deutschen Forschungs­zentrum für Künstliche Intelligenz DFKI, dem Helmholtz-Zentrum Geesthacht, Zentrum für Material- und Küsten­forschung HZG, dem Institut für Chemie und Biologie des Meeres der Universität Oldenburg und der Jacobs University Bremen ein inter­disziplinäres Forschungs­konsortium gegründet. Wissenschaftlich unterstützt wird das Konsortium zudem durch das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresf­orschung AWI. Innerhalb des Testzentrums für maritime Technologien bündeln die Forschungs­partner ihre spezifischen Expertisen zu Material­forschung und Fertigungs­technologien, Künstlicher Intelligenz und Robotik, Werkstoff- und Küsten­forschung, Meeres­geologie, mariner Stoffkreis­läufe und Energie­flüsse sowie Polar- und Meeres­forschung, um Zukunfts­technologien für den maritimen Sektor in die Anwendung zu bringen.

Gleichzeitig können Industrie­partner, die für die Entwicklung robuster und zuverlässiger Systeme geeignete Partner und Testum­gebungen suchen, das wissenschaftliche Know-how und Dienst­leistungsangebot des Testzentrums für maritime Technologien nutzen. Angeboten werden die Planung, Durch­führung und Auswertung für anwendungs­bezogene Leistungs­bewertungen im Testfeld. Zusätzlich können erfahrene Techniker in den Bereichen Logistik, Engineering, Werkstatt und Leitstand zur Verfügung gestellt werden.

FhG / JOL

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