Tickender Atomkern
Millionenförderung für die Entwicklung einer Thorium-Kernuhr.
Eine Thorium-Kernuhr könnte noch einmal deutlich genauer sein als alle bisherigen Cäsium- und auch die optischen Atomuhren. Das verspricht Vorteile für die Anwendungen präziser Zeit- und Frequenzmessung, aber auch für physikalische Grundlagenforschung. Nachdem das internationale Forschungskonsortium mit mehreren Veröffentlichungen bereits gezeigt hat, dass eine solche Uhr grundsätzlich realisierbar ist, zeigt nun der europäische Forschungsrat sein Vertrauen in das Projekt, indem er es mit insgesamt 13,8 Millionen Euro fördert. An dem interdisziplinären und internationalen Projekt „Thorium Nuclear Clock“ sind neben der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) Wissenschaftler aus Wien, München, Delaware, Heidelberg und Aachen beteiligt. Das Synergy Programm des European Research Council (ERC) ist die am höchsten dotierte Forschungsförderung des ERC und konzentriert sich insbesondere auf Themen mit hohem Innovationspotenzial, die eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachgebieten erfordern, wie hier Atom- und Kernphysik, Laserphysik und theoretische Physik.
Bei bisherigen Atomuhren „tickt“ sozusagen die Atomhülle, bei der Thoriumuhr dagegen der Atomkern. Das Ticken entspricht periodischen Vorgängen, konkret den Schwingungen von Mikrowellen- oder optischer Strahlung, die zur Anregung von Elektronen oder eines Kerns in den Atomen genutzt wird. Weil im Atomkern die Protonen und Neutronen wesentlich dichter gepackt und fester gebunden sind als die Elektronen in der Außenhülle, verspricht eine Kernuhr eine deutlich höhere Genauigkeit als bisherige Atomuhren. „Sie ist aber genau deswegen auch deutlich komplizierter zu realisieren,“ sagt Ekkehard Peik, Physiker und Fachbereichsleiter an der PTB.
Zusammen mit seinem Kollegen Christian Tamm hat Peik schon vor mehr als einem Jahrzehnt das Konzept für eine Thoriumuhr entwickelt. Thorium-229 besitzt als einzig bekanntes Atom einen isomeren Kernzustand, den man mit Lasertechnik, wie sie ähnlich auch bei heutigen Atomuhren genutzt wird, anregen kann. Aus dem Konzept erwuchs eine intensive Forschungsarbeit verschiedenster Wissenschaftlergruppen weltweit. Auch durch die enge Kooperation verschiedener Institutionen ist die Thoriumuhr Schritt für Schritt näher gerückt. „Wenn alles gut läuft, werden wir in sechs Jahren schon zwei unterschiedliche Versionen von Kernuhren haben“, hofft Peik.
Allerdings sei dazu noch viel Grundlagenarbeit zu leisten. Aber die kostet Geld, und die 13,7 Millionen der EU schaffen die perfekten Bedingungen dafür. Damit können – auch noch über das Ziel einer neuen Uhr hinaus – neue grundlegende Einblicke in die Struktur des Thorium-229-Atomkerns gewonnen werden. „Potenziell erhalten wir damit auch einen Zugang zu offenen Fragen aus der Physik – etwa, wie sich die Quantengravitation oder die dunkle Materie auf präzise Vergleiche zwischen unterschiedlichen Atomuhren auswirken“, sagt Peik.
Im Rahmen des ERC Synergy Grant werden über sechs Jahre hinweg Peik und die anderen Principal Investigators des Projektes gefördert: Thorsten Schumm von der Technischen Universität Wien, der auch der Sprecher des Projektes ist, Peter Thirolf von der Ludwig-Maximilians-Universität München und Marianna Safranova von der University of Delaware in den USA. Beteiligt sind zudem Forscher am Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg und am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik in Aachen.
PTB / JOL
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