27.12.2023

Topografische Veränderungen der Erde gemessen

Neuer globaler TanDEM-X-Datensatz ermöglichen erstmals genaue zeitliche Analysen.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt setzt einen weiteren Meilenstein in der 3D-Vermessung der Erde: Die „TanDEM X 30 m DEM Change Maps“ geben einen globalen Überblick über die Veränderungen der Erdoberfläche. Ob Gletscherschwund, landwirtschaftliche Entwicklungen, Vulkanaktivitäten oder Städteplanung – die Änderungskarten sind für zahlreiche Forschungsbereiche, Fragen des Klimawandels sowie für gesellschaftspolitische Themen relevant. Der neue Datensatz der Satellitenmission TanDEM-X ist ab sofort frei verfügbar – dreißig Meter Pixelgröße und eine Höhengenauigkeit von einem Meter liefern die hochpräzisen Daten weltweit.

Abb.: Rodungsmuster wie hier im brasilianischen Bundesstaat Pará.
Abb.: Rodungsmuster wie hier im brasilianischen Bundesstaat Pará zeichnen sich in den TanDEM-X DEM Change Maps sehr deutlich durch die rot markierten Höhenabnahmen ab.
Quelle: DLR

Die DEM Change Maps folgen auf das 2016 fertiggestellte globale TanDEM-X-Höhenmodell, dass schon bisher als weltweit anerkannte Referenz in wissenschaftlichen und kommerziellen Anwendungen genutzt wird. Das Höhenmodell von 2016 steht nun mit der neuen Veröffentlichung selbst in einer editierten Version zur Verfügung. Mit diesem Upgrade dient es als Referenz, um Höhenänderungen für die neuen Änderungskarten im Rahmen der DEM Change Maps zu berechnen. Das erste globale Höhenmodell entstand durch eine gewichtete Mittelung mehrerer Aufnahmen im Zeitraum von 2011 bis 2015, weshalb eine zeitliche Zuordnung zunächst nur grob möglich ist. Im Gegensatz dazu ist in den DCMs jeder einzelne Höhenmesswert mit dem Aufnahmedatum versehen, sodass genaue Analysen der Veränderungen über der Zeit möglich werden. Zusätzlich ergänzte das Missionsteam die Höhendaten mit einer globalen Waldkarte und einer genauen Wassermaske, um die Analyse der DEM Change Maps zu unterstützen.

„Die Erdoberfläche unterliegt in vielen Bereichen dynamischen Veränderungen. Im Vergleich der neuen Datensätze zeigt sich in erstaunlich detaillierten Facetten, wie sich die Topographie unseres Planeten innerhalb eines Zeitraums von sechs bis acht Jahren gewandelt hat“, erklärt Marie Lachaise vom DLR-Institut für Methodik der Fernerkundung.

Konkret zeichnen sich beispielsweise über Deutschland die veränderten Landschaften der Kohleabbau-Gebiete ab. Mithilfe der DEM Change Maps lässt sich die Menge an geförderter Braunkohle und das Abraumvolumen weiter ableiten. Am Beispiel des Tagewerks Garzweiler in Nordrhein-Westfalen berechneten die Forscher, dass zwischen 2011/2013 und 2018 ein Gesamtvolumen von etwa 490 Millionen Kubikmeter Erdmaterial ausgebaggert wurde. Die Größenordnung stimmt mit den Angaben des Energieversorgungskonzerns überein, der die Kohleförderung mit dreißig Millionen Tonnen und einer Abraumleistung von 100 bis 120 Millionen Kubikmeter pro Jahr beziffert.

Eine natürliche Ressource, die uns hilft, der globalen Erwärmung entgegenzuwirken, ist der Wald. Drastische Abholzungen, speziell in den tropischen Regenwäldern, stehen daher unter besonderer Beobachtung. Über bewaldete Flächen dringen X-Band-Radarwellen nur wenig ein, deshalb bewegen sich die TanDEM-X-Höhen im Kronendach. Man spricht von einem Oberflächenmodell. In der 3D-Änderungskarte werden die Rodungsmuster über die Höhenabnahme entsprechend deutlich sichtbar.

Veränderungen an Gletschern und Eisfeldern sind hochempfindliche Indikatoren für den Klimawandel. Die TanDEM-X DCMs lassen erkennen, wie dramatisch sich unsere Polarregionen und Gletscher innerhalb weniger Jahre verändert haben. Massive Abschmelzungen offenbart unter anderem das südpatagonische Eisfeld in Chile. Insbesondere der Jorge-Mott-Gletscher ist seit den Aufnahmen für das erste Höhenmodell stark geschrumpft. Der Veränderungsanalyse nach hat der Gletscher zwischen 2012/2014 und Juni 2018 ein Gesamtvolumen von etwa 10,7 Kubikkilometer verloren. Das bedeutet eine Abschmelzrate von bis zu 2,6 Kubikkilometer pro Jahr.

Eine Höhenzunahme hingegen verzeichnet der Brüggen-Gletscher, der aus dem südpatagonischen Eisfeld abfließt. In Summe weist er im gleichen Zeitraum ein Wachstum von etwa 7,6 Kubikkilometer auf. Aktuellen Studien zufolge haben lokale geologische und klimatische Bedingungen zu dem ungewöhnlichen Zuwachs während der letzten Jahrzehnte geführt. Die neue 3D-Änderungskarte wird die Forscher dabei unterstützen, die komplexen Gletscherprozesse nachzuvollziehen.

Ursprünglich war die Mission auf fünf Jahre angelegt. Die Zwillingssatelliten liefern nun auch nach mehr als 13 beziehungsweise 16 Betriebsjahren zuverlässig hochqualitative Radardaten und werden weiter genutzt, um 3D-Veränderungen in der Kryosphäre, den globalen Wäldern sowie in Großstädten weiter zu erfassen. Die nun verfügbaren TanDEM-X 30 m DEM Change Maps haben sämtliche topographischen Änderungen im Blick. Ziel ist es, möglichst lange Zeitreihen von DCMs zu erzeugen. Die Zeitachse soll die Änderungskarten künftig immer stärker in die vierte Dimension heben. Waldgebiete könnten dann zum Beispiel quantitativ analysiert und sogar ihr Aufwuchs erfasst werden.

DLR / RK


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