01.04.2025

Schwerwiegende Kürzungen für die Forschung

In den USA sorgen gestrichene Fördergelder und massenhafte Entlassungen für ein Klima der Unsicherheit in Forschungseinrichtungen und Universitäten.

Kerstin Sonnabend

Die zweite Amtszeit von Donald Trump als Präsident der Vereinigten Staaten hat mit einer Flut sogenannter Executive Orders begonnen, um unter anderem die Pläne der Regierung für einen schlankeren Staatsapparat schnell und am Kongress vorbei umzusetzen. Die Dekrete bleiben so lange in Kraft, bis der Präsident sie ändert oder zurücknimmt oder ein Gericht sie für ungültig erklärt. Auch Forschungseinrichtungen und Universitäten sind betroffen: Bereits bewilligte Fördermittel wurden gestrichen oder gesperrt; an renommierten Instituten wie der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) oder den National Institutes of Health (NIH) kommt es zu einem massiven Stellenabbau. Dabei scheinen die Folgen der Anordnungen nicht immer im Voraus klar zu sein. So wurde die Kündigung mehrerer hundert Mitarbeitender der National Nuclear Security Administration (NNSA) am nächsten Tag wieder zurückgenommen.

NIST-Campus Gaithersburg
Eingangsbereich des Campus Gaithersburg des NIST
Quelle: Grandbrothers – stock.adobe.com

Jüngstes Beispiel für die teils chaotischen Zustände ist die wohl in den nächsten Wochen anstehende komplette Schließung der „Atomic Spectroscopy Group“ am National Institute of Standards and Technology (NIST), dem Pendant zur Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). Aufgabe der Gruppe ist es, Referenzdaten zu atomaren Eigenschaften und fundamentalen Konstanten zu messen, zu berechnen, zu evaluieren und zu veröffentlichen, um Grundlagen- und Angewandte Forschung aber auch die Industrie zu unterstützen.

Ihre Arbeit ist entscheidend, um zum Beispiel feste, flüssige und gasförmige Proben quantitativ und qualitativ zu analysieren. Die Daten werden unter anderem von Astronomie, Medizin und Fusionsforschung benötigt, bei der Chip-Produktion und zur Überwachung der Nichtverbreitung von Kernwaffen. Weder vom NIST noch vom Handelsministerium als zuständiger Aufsichtsbehörde gibt es bisher offizielle Verlautbarungen dazu. Daher ist derzeit unklar, warum es gerade diese Gruppe treffen soll. Dennoch haben bereits mehrere tausend Personen eine Online-Petition gegen mögliche Stellenstreichungen unterzeichnet.

Wie Trump die USA verändert

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Matthias Delbrück • 4/2025 • Seite 14

USA: Trump attacks; Oben bleiben; Zum Mond geschossen

Der Widerstand gegen die unvorhersehbaren Beschlüsse wächst und wird nun auch mehr in die Öffentlichkeit getragen. „Wir haben viel zu lange geschwiegen. Niemand weiß, wen es als nächstes trifft“, meint eine Physik-Professorin an einer renommierten Universität (Name ist der Redaktion bekannt). Der Schaden für die Wissenschaft in den USA sei enorm, selbst wenn Kündigungen wie bei der NNSA wieder zurück genommen werden: „Die US-Wirtschaft ist dank der Investitionen in die Forschung groß geworden, die technologische Innovationen zur Folge hatten. So macht man ‚America great again‘ – nicht, indem den Menschen Bildungs- und Forschungsmöglichkeiten vorenthalten bleiben.“

Sie verweist auch darauf, dass die Finanzierung vieler Forschungsprojekte in den USA auf eine globale Führungsrolle abziele. Doch nun könnten sich internationale Kooperationen nicht mehr auf die Beiträge aus den USA verlassen. Als Beispiel führt sie die letzte Tagung des Weltklimarats an: „Die rund 400 Delegierten aus den USA konnten nicht teilnehmen, weil diese Regierung die nachgewiesenen Effekte des Klimawandels leugnet und die Mittel zum Reisen fehlten.“

Auf die Universitäten sieht sie ebenfalls schwierige Zeiten zukommen. So hat kürzlich mit der Columbia University eine international renommierte Einrichtung einigen Forderungen der Regierung nachgegeben, um mit dem Deal Kürzungen der staatlichen Finanzierung von 400 Millionen Dollar abzuwenden. Unter anderem sollen Protestaktionen auf dem Campus künftig verboten sein und zwei Institute wurden unter Zwangsverwaltung gestellt. Derzeit steht die Harvard University im Fokus, nachdem ein öffentlicher Brief an Studierende die Regierung kritisiert hat.

Columbia University
Bibliothek auf dem Campus der Columbia University
Quelle: valeriyap – stock.adobe.com

Weil es anders als in Deutschland fast keine finanzielle Grundausstattung gibt, müssen alle Professorinnen und Professoren staatliche Mittel einwerben, um mit der hervorragenden Infrastruktur an den Universitäten exzellente Forschung zu betreiben, auch ein Physik-Nobelpreisträger wie Wolfgang Ketterle. Das führt laut unserer Kontaktperson derzeit zu einem Problem: „Wenn bewilligte Mittel von heute auf morgen ausbleiben, lässt sich nichts planen und Mitarbeitende werden ebenso abrupt entlassen.“

Selbst die Alma Mater von Donald Trump und Elon Musk ist vor Einschnitten nicht sicher: Wie unter anderem die New York Times berichtet, befürchtet die University of Pennsylvania mehrere 100 Millionen Dollar pro Jahr einzubüßen wegen der Kürzungen bei der Forschung finanziert durch die National Institutes of Health. Darüber hinaus könnten weitere Einschnitte in ähnlicher Größenordnung folgen, wenn die „Penn“ ihre Programme zu Gender and Diversity Studies nicht einstellt. „Die Wissenschaftsfreiheit in den USA ist ernsthaft bedroht“, sagt unser Kontakt in den USA.

Unsicherheit mache sich auch bei ihren Kolleginnen und Kollegen breit. Denn Donald Trump will auf die Einkünfte aus Stiftungsvermögen künftig 21 Prozent Steuern erheben statt wie bisher 1,4 Prozent. Dabei dienen diese Mittel nicht allein dazu, die Infrastruktur für Forschung und Bildung zu erhalten und auszubauen, sondern auch um Studierenden über Stipendien den Zugang zur Universität zu ermöglichen: „Weniger Stipendien reduzieren die Chance, die besten Köpfe unabhängig vom Einkommen der Eltern auszubilden.“

Auch die bereits angelaufene Schließung des Department of Education will unsere Kontaktperson nicht unkommentiert lassen. „Die Bundesstaaten können die Aufgaben der nationalen Einrichtung nicht ohne Weiteres übernehmen“, ist sie überzeugt. Zwar gebe es, wie in Deutschland auch, in den Bundesstaaten unterschiedliche Regelungen zum Beispiel zu Lehrmittelfreiheit und Bildungsplänen. Dennoch brauche es das nationale Ministerium, um bildungsrelevante Bundesgesetze durchzusetzen oder nationale Förderprogramme aufzulegen. Die USA verdankten ihre weltpolitische Bedeutung auch der herausragenden Forschung und Wissenschaft, die ohne Bildungspolitik nicht möglich sei: „Der Kurs der derzeitigen Regierung ignoriert das völlig und hinterlässt einen Scherbenhaufen!“

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