Völlige Deckung durch regenerative Energie?
Die völlige Deckung des deutschen Strombedarfs aus regenerativen Energiequellen ist nach Ansicht des Kasseler Wissenschaftlers Jürgen Schmid bis zum Jahr 2030 möglich.
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Kassel (dpa) - Die völlige Deckung des deutschen Strombedarfs aus regenerativen Energiequellen ist nach Ansicht des Kasseler Wissenschaftlers Jürgen Schmid bis zum Jahr 2030 möglich. «Wenn das Wachstum bei den neuen Energien so wie in den vergangenen 15 Jahren anhält, ist dieses ehrgeizige Ziel dank Windenergie und Biomasse absolut realistisch», sagte der Leiter des Kasseler Instituts für solare Energieversorgungstechnik ISET der dpa. «Und eine Verlangsamung des Wachstums ist derzeit nicht erkennbar.»
Die europäische Energieversorgung wird sich in nächster Zukunft nach Schmids Prognose vor allem auf die Windkraft stützen. «In 20 Jahren wird Strom vor allem aus großen Windparks vor den Küsten kommen. Die Anlagen werden in windsicheren Gebieten vor Skandinavien und England stehen», sagte Schmid. Wahrscheinlich seien auch große europäische Windparks vor Nordafrika. «Dazu brauchen wir Starkstromleitungen, die es heute noch nicht gibt. Kabel mit einer Leistung von zehn Gigawatt werden aber bald marktreif sein.»
Nach Schmids Worten wird eine politische Unterstützung der regenerativen Energien nicht notwendig sein. «Der Markt wird das ganz allein machen. Die Produktion einer Kilowattstunde kostet heute etwa fünf Cent. Während aber bei konventionellen Quellen der Preis erheblich steigen wird, wird er bei den erneuerbaren Dank neuer Technik erheblich sinken auf höchstens drei Cent.» Selbst wenn man bei nordafrikanischen Windparks Verlust und Transportkosten berücksichtige, bleibe es rentabel. «Wir haben eine Modellrechnung Nordafrika-Kassel gemacht. Nach heutigem Geldwert wären es weniger als zwei Cent.»
Notwendig ist nach Schmids Worten ein europäisches Stromnetz. «Wir brauchen zum Beispiel die skandinavischen Pumpspeicherwerke, um die anfallenden Energien besser steuern zu können.» Pumpspeicherwerke befördern Wasser in stromreichen Zeiten, zum Beispiel nachts, in ein oberes Becken und lassen das Wasser in Spitzenzeiten wieder durch die Turbinen ablaufen. «Künftig werden wir Europäer erheblich mehr darauf achten, wann wir Strom verbrauchen. Der Tarif wird sich den Spitzenzeiten anpassen und fast minütlich ändern.» Nur zwei Drittel allen Stroms müsse zu festen Zeiten verbraucht werden, der Rest sei steuerbar. «In 20 Jahren wird jede Waschmaschine eine Automatik haben, die das Gerät erst zu günstigen Zeiten einschaltet», sagte Schmid.
Weitere Infos:
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Institut für Solare Energieversorgungstechnik, Kassel:
http://www.iset.uni-kassel.de