22.07.2020 • Plasma

Volle Kraft voraus für die Wasserstoffforschung

Neuartige Barriereschichten für kostengünstige sowie hochfeste Stähle für die Wasserstofftechnologie.

Mit dem For­schungspro­jekt „H2BS - Neu­artige Barri­ere­schichten für kos­ten­güns­tige sowie hoch­feste Stähle der Was­ser­stoff­tech­nolo­gie“ wer­den neue Im­pulse in der Was­ser­stoff­tech­nolo­gie ge­setzt. Ge­mein­sam mit dem Helm­holtz-Zent­rum Geest­hacht – Zent­rum für Mate­rial- und Küs­ten­for­schung (HZG) und dem Max-Planck-Insti­tut für Eisen­for­schung (MPIE) in Düs­sel­dorf, forscht das Leib­niz-Insti­tut für Plas­ma­for­schung und Tech­nolo­gie e.V. (INP) Greifswald an neu­arti­gen Was­ser­stoff­barri­ere­schichten für den Ein­satz auf kos­ten­güns­tigen bzw. hoch­festen Stäh­len.

Abb.: Dr. Angela Kruth, Prof. Klaus-Dieter Weltmann, Uwe Lindemann und Dr....
Abb.: Dr. Angela Kruth, Prof. Klaus-Dieter Weltmann, Uwe Lindemann und Dr. Marcel Wetegrove (v.l.n.r.) mit Stahlwerkstoff für die zukünftige H2-Infrastuktur. (Bild: INP)

Was­ser­stoff ist einer der Hauptak­teure der Energie­wende. Die Möglich­keit, ihn aus Was­ser und rege­ne­rati­ven Energie­quel­len, wie Wind und So­lar, mit Hilfe von Elektroly­seu­ren zu er­zeu­gen, macht ihn zum idea­len grü­nen Energie­spei­cher. Was­ser­stoff kann zu­dem an­teilig im be­ste­hen­den Gas­netz ge­spei­chert und ver­teilt wer­den. Als Kraftstoff für emissi­ons­freie Brennstoffzel­len-Fahr­zeuge ist Was­ser­stoff aus der Mo­bili­tät der Zu­kunft be­reits nicht mehr weg­zu­den­ken. Auf Grund sei­ner rela­tiv ge­rin­gen Energie­dichte muss Was­ser­stoff in gas­för­mi­ger Form un­ter ho­hem Druck o­der flüs­sig ge­spei­chert und transpor­tiert wer­den. Um Was­ser­stoff als Energie­trä­ger der Zu­kunft zu etablieren, be­darf es demnach inno­vati­ver Lö­sun­gen zur si­che­ren und effi­zien­ten Spei­che­rung und Handha­bung un­ter den ge­nannten Be­din­gun­gen. Si­chere, volu­meneffi­zi­ente, leichtge­wichtige und kos­ten­günstige Lö­sungsan­sätze wer­den hier­für be­nö­tigt.

In be­ste­hen­den Tanks, Lei­tun­gen und Ar­ma­tu­ren wer­den vor­wie­gend hochle­gierte Stähle, Koh­len­stoff- o­der Poly­mer-ba­sierte Stoffe ver­wen­det. Diese sind je­doch ent­we­der kost­spie­lig o­der durchläs­sig und mit ho­hen Ver­lust­ra­ten des Kraftstoffs ver­bun­den. Kos­ten­günsti­gere Stähle un­ter­lie­gen dem Phä­no­men der Was­ser­stoff-be­ding­ten Kor­ro­sion. Da­bei dringt Was­ser­stoff in die Stahl-Struktur ein und führt zur Ver­sprödung des Ma­teri­als und Riss­bil­dung. Da­mit sind diese zur Spei­che­rung von Was­ser­stoff der­zeit noch un­ge­eig­net. Ge­nau da set­zen die Wis­sen­schaftle­rin­nen und Wis­sen­schaftler der drei For­schungs­ein­rich­tun­gen an. Über ei­nen Zeit­raum von 24 Mo­na­ten ar­bei­ten sie ge­meinsam an der Ent­wicklung von Plas­maver­fah­ren für die Er­zeu­gung so­ge­nannter Bar­rier­e­schichten, die das Ein­drin­gen von Was­ser­stoff in die Stahloberflä­che ver­hin­dern sol­len. Bei er­folg­rei­chem Ver­lauf kön­nen da­mit zu­künf­tig kos­ten­günsti­gere Stähle, wel­che bis­lang nicht für die Was­ser­stofftech­nolo­gie in Be­tracht ge­zo­gen wur­den, zur Her­stel­lung von Was­ser­stofftanks und an­de­ren Kompo­nen­ten für die Was­ser­stoffinfra­struktur ver­wen­det und so­mit preiswer­tere Sys­teme für mo­bile und stati­o­näre An­wen­dun­gen von Was­ser­stoff er­mög­licht wer­den.

Das INP ent­wi­ckelt im Rah­men des Pro­jek­tes Va­kuum- und At­mosphä­ren­druck-ba­sierte Plas­maver­fah­ren zur Be­schichtung und Be­handlung der Oberflä­che. „Heraus­for­de­rung ist es, eine Be­schichtung mit den für die Was­ser­stoffspei­che­rung er­for­der­li­chen Ei­gen­schaften zu schaffen“ er­klärt Pro­jekt­leite­rin Dr. An­gela Kruth, Lei­terin der For­schungs­gruppe „Ma­teri­alien für die Energie­tech­nik“ am INP. Das Er­geb­nis müsse „den sig­nifi­kan­ten An­for­de­run­gen wie ext­re­men Druckbe­rei­chen standhal­ten, un­ter wel­chen Was­ser­stoff heutzu­tage zum Bei­spiel in der Mo­bili­tät ein­ge­setzt wird“. In Un­ter­su­chungen auf der Basis von hochmo­der­nen Struktur­ana­lysen mit­tels Elektro­nen­mik­ro­sko­pie des MPIE in Düs­sel­dorf wer­den erste Er­geb­nisse der Bar­rie­re­be­schichtung be­reits auf ato­ma­rer Skale sichtbar. Die Sta­bili­tät des Stahls wird dann vor und nach der Was­ser­stoff-Spei­che­rung in mik­ro­me­cha­ni­schen Tests am MPIE und un­ter den Be­din­gun­gen der Was­ser­stoff-Spei­che­rung in Hochdruck-Per­mea­ti­ons­mes­sun­gen am HZG nä­her un­ter­sucht.   

Spezi­eller Fo­kus der ge­meinsa­men For­schungs­ar­beit liegt auf der Spei­che­rung von Was­ser­stoff in Me­tall­hyd­riden - ei­ner viel­ver­spre­chenden Al­ter­na­tive zu Hochdruck- und Käl­te­tanks. Da­bei kann durch die Ver­bin­dung von Me­tal­len mit Was­ser­stoff, den so­ge­nannten Me­tall­hyd­ri­den, eine er­staunli­che Menge des Ga­ses auf­ge­no­mmen wer­den, so­dass bei ei­nem gleich gro­ßen Be­häl­ter dop­pelt so viel Was­ser­stoff ge­spei­chert wer­den kann. Das Helmholtz-Zentrum in Geesthacht ist füh­rend auf dem Ge­biet der Me­tall­hyd­rid-Ent­wicklung. Im Hyd­ro­gen Techno­logy Centre des HZG kann die Wirksam­keit der Be­schichtung ge­gen­über der Ver­sprödung un­ter rea­len Be­din­gun­gen ge­tes­tet und eva­lu­iert wer­den.

„Wir freuen uns mit die­sem in­ter­dis­zipli­nä­ren Ex­per­ten-Ver­bund neue Wege für die Was­ser­stofftech­nolo­gie zu er­öff­nen“, so Dr. Kruth. Am Ende des Pro­jek­tes sol­len die Grundla­gen für ei­nen Be­schichtungsprozess zur Er­zeu­gung von Bar­rier­e­schichten mit defi­nier­ten Ei­gen­schaften vor­lie­gen, wel­che die ver­schiede­nen Stahlwerkstoffe, ent­spre­chend der ge­plan­ten Ein­satz­be­din­gun­gen, aus­rei­chend ge­gen die Ein- und Hin­durchdif­fu­sion des Was­ser­stoffs schützen und so­mit de­ren Ver­sprödung er­folg­reich ver­hin­dern. In ei­nem Fol­ge­pro­jekt sol­len dann diese Be­schichtungstechno­lo­gien für kon­krete, re­ale Bau­teile der Was­ser­stofftech­nolo­gie, so­wohl für stati­o­näre Spei­chertanks als auch für die ma­ri­time Mo­bili­tät und wei­tere Was­ser­stoffanla­gen, opti­miert wer­den.

Das Pro­jekt wird durch ei­nen In­dust­rie­aus­schuss mit Ex­per­ten aus der Au­to­mo­bil­branche und dem Ma­schi­nen­bau be­glei­tet und über die Ar­beitsge­meinschaft in­dust­riel­ler For­schungs­ver­eini­gun­gen (AiF) im Rah­men des Pro­gramms zur För­de­rung der In­dust­riel­len Ge­meinschaftsforschung und -ent­wicklung (IGF) vom Bun­des­mi­nis­terium für Wirt­schaft und Energie ge­för­dert.

INP / LK

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