13.02.2023

Vom Gipfel zu den Sternen

Montage des Fred-Young-Submillimeter-Teleskops macht gute Fortschritte.

Der Bau des Fred Young Submillimeter Telescope (FYST) tritt in die entscheidende Phase. Geplant und gebaut wird es vom internationalen wissenschaftlichen Konsortium CCAT Observatory, an dem die Universitäten Köln und Bonn mit 25 Prozent beteiligt sind. Das FYST, auch bekannt als CCAT-prime (Cherro Chajnantor Atacama Telescope-prime), hat einen Spiegeldurchmesser von sechs Metern, womit es für den Betrieb im Submillimeter- bis Millimeter-Wellenlängen­bereich ausgelegt ist. Es wird in 5600 Metern Höhe auf dem Berg Cerro Chajnantor in Chile stehen und das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) überblicken. Das neuartige optische Design des FYST wird Aufnahmen mit hohem Durchsatz und großem Sichtfeld liefern und so eine schnelle und effiziente Kartierung des Himmels ermöglichen.

 

Abb.: Das Fundament des Fred Young Submillimeter Telescope auf dem Cerro...
Abb.: Das Fundament des Fred Young Submillimeter Telescope auf dem Cerro Chajnantor (Bild: CCAT Obs.)

Demnächst beginnen die Arbeiten an dem entscheidenden Bauteil, das die obere Struktur des Teleskops mitsamt seinen Spiegeln tragen wird. Diese Komponente wird aus Invar gefertigt, einer Stahlsorte mit extrem niedrigem Wärme­ausdehnungs­koeffizienten. „Das bedeutet, dass sich die Konstruktion nicht ausdehnt, wenn es heiß ist, oder schrumpft, wenn es kalt ist“, sagt Projektleiter Jim Blair vom internationalen Projektpartner Cornell University. „Zumindest ist dieser Koeffizient bei Invar im Vergleich zu herkömmlichem Stahl sehr, sehr gering. Das ist wichtig für die Wissenschaft, denn bei den Wellenlängen, die wir untersuchen, würde sich die thermische Ausdehnung auf die Daten auswirken und könnte sie verfälschen.“

Blair fügt hinzu: „Wir können mit dem FYST somit Wellenlängen­bereiche beobachten, die nur wenige andere Teleskope aufgrund ihrer Konstruktionselemente und der verwendeten Materialien überhaupt auffangen können. Auch die Spiegel des Teleskops sind laut Blair auf dem neuesten Stand der Technik. Sie werden derzeit in den Niederlanden von Airborne, einem weltweit führenden Kohlefaser­unternehmen, gebaut.

Die internen Stahlskelettstrukturen für zwei der Jocharme, die den dreistöckigen Elevationsteil in Position halten werden, sind fast fertiggestellt. Danach werden alle diese massiven Teile auf die bereits fertig­gestellten unteren Teile montiert, womit das Teleskop fast fertig sein wird. Das Projektteam geht davon aus, dass die Testphase für das Teleskop in Deutschland gegen Ende 2023 starten kann. Den Testaufbau übernimmt die Wessel GmbH in Xanten. Ihre Lage in der Nähe der Universität zu Köln erleichtert den Austausch – auch mit dem Team der Vertex Antennen­technik GmbH in Duisburg, die das Teleskop entwickelt.

„So können wir eng mit den Konstrukteuren zusammenarbeiten, um die Feinheiten der Teleskopentwicklung im Detail zu verfolgen – bis hin zur genauen Positionierung der elektrischen Anschlüsse“, sagt Ronan Higgins, stellvertretender CCAT-prime-Projekt­ingenieur am Institut für Astrophysik der Universität zu Köln. „Ich habe bereits verschiedene Standorte in der Region besucht und mich mit Baugruppen von verschiedenen Zulieferern ausgetauscht. Dadurch gewinnt man viel Wertschätzung für die vielen Menschen, die hinter den Kulissen arbeiten, um dieses Vorhaben zu verwirklichen.“

Das CCAT-prime-Observatorium bindet auch den wissenschaftlichen Nachwuchs mit ein: Promovierende sind nicht nur an der astronomischen Forschung beteiligt, sondern auch bei der Inbetriebnahme des Teleskops, etwa bei der holographischen Ausrichtung des Spiegelfelds. „Ich habe in den vergangenen drei Jahren an der Entwicklung des Holographie­systems am Kölner Institut für Astrophysik gearbeitet. Wir haben das System erfolgreich im Labor mit einer Genauigkeit von zwei Mikrometern getestet und freuen uns darauf, es 2023 in das Teleskop zu integrieren“, so Doktorand Xiaodong Ren.

Der Teleskopstandort liegt in extremer Höhe auf dem Cerro Chajnantor in den chilenischen Anden. Es wird das zweithöchste Teleskop der Welt sein, das höchste befindet sich nur fünfzig Meter darüber auf dem Gipfel des Berges. Deshalb wird das gesamte Teleskop in Deutschland konstruiert und vormontiert. Dann wird es in etwa zwölf große Teile zerlegt und in Chile wieder zusammen­gebaut. Voraussichtlich wird das Teleskop 2024 nach Chile verschifft. Dieses komplizierte Unterfangen wird von der Vertex GmbH organisiert und voraussichtlich mindestens vier Monate in Anspruch nehmen.

Vor Ort in Chile hat das chilenische Bauunternehmen Consorcio FVV Ingeniería y Construcción Limitada in den letzten Monaten ebenfalls wichtige Arbeiten durchgeführt. Der neun Kilometer lange Graben vom Basislager in 5000 Metern Höhe, wo sich die Anlage zur Stromgeneration des Observatoriums befinden wird, bis zum Berggipfel ist nun fertiggestellt. Entlang dieses Grabens verlaufen das Haupt­stromkabel sowie Glasfaser­kabel für die Daten­übertragung.

Die Arbeit am Teleskopstandort in 5600 Metern Höhe wird durch die extremen Bedingungen dort erschwert. Die Arbeiter müssen speziell geschult werden und eine Prüfung ablegen, um für die Arbeit in dieser Höhe zugelassen zu werden. Auch danach können sie maximal 12 bis 13 Tage am Stück arbeiten. Für jeden Tag, den sie in extremer Höhe arbeiten, müssen die Mitglieder des 108-köpfigen Bautrupps einen Tag weiter unten, in rund 2700 Metern Höhe, verbringen.

Ein letztes Projekt in diesem Frühjahr wird ein Beton­behälter für einen 80.000-Liter-Treibstofftank sein, um sicherzustellen, dass durch ein mögliches Treibstoffleck keine Umwelt­schäden entstehen. Der Behälter wird anderthalb Mal so groß sein wie der Treibstofftank, erklärte Blair, damit er bei Schnee oder Regen nicht überläuft.

Die bereits beschafften Hauptstromgeneratoren sowie die Elektronik­schränke, Schalt­anlagen und Transformatoren werden die letzten Komponenten sein, die im Basislager installiert werden, bevor das Teleskop selbst zur Installation auf dem Gipfel eintrifft. Diese Arbeiten sollen im dritten Quartal 2023 starten, sodass das Strom­versorgungs­system spätestens Anfang 2024 in Betrieb genommen werden kann.

„Dieses Projekt ist so ziemlich das größte, was ein Konsortium aus Universitäten und Forschungs­einrichtungen stemmen kann“, sagt Dominik Riechers, Leiter der Gruppe für Submillimeter-Astronomie am Institut für Astrophysik. „Hier in Köln arbeiten dutzende Studierende auf Bachelor- und Masterniveau sowie Forschende und Ingenieure in unseren hochspezialisierten Werkstätten und Laboren an der Verwirklichung des Projekts. Wir alle freuen uns sehr darauf, diese außer­gewöhnliche Anlage ab 2024 nutzen zu können.“

U. Köln / DE

 

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