31.03.2009

Weltall durch rasenden Müll immer gefährlicher

Noch bis 2. April 2009 diskutieren in Darmstadt rund 300 Experten bei einem internationalen Treffen über die Gefahren durch Weltraumschrott



Darmstadt (dpa) - Ein Szenario wie aus einem Science-Fiction- Film: Im All kommt ein nur zehn Kubikzentimeter großes Geschoss von irgendwoher angerast. Durch die enorm hohe Geschwindigkeit kann es Panzerplatten durchschlagen. Plötzlich ist - wie kürzlich passiert - das Leben der Astronauten in der Internationalen Raumstation ISS bedroht. Eine Drehung der ISS brachte die Besatzung aus dem Gefahrenbereich. Noch bis 2. April 2009 diskutieren in Darmstadt rund 300 Experten bei einem internationalen Treffen über die Gefahren durch Weltraumschrott. Eingeladen hat das Kontrollzentrum ESOC der europäischen Weltraumorganisation ESA.

Der ESA-Experte für Weltraummüll Heiner Klinkrad lässt zum Auftakt am 30. März keinen Zweifel daran, dass die Zeit drängt. Wie gefährlich das Weltall durch den Müll geworden ist, beschreibt er an einem einfachen Beispiel. Selbst wenn es jetzt zu einem totalen Stopp der Raumfahrt käme, könnten die noch vorhandenen Teile im All immer wieder miteinander kollidieren und einen «Trümmerring um die Erde» ziehen. Also wäre es am besten, wenn der Müll wieder zur Erde zurückgeholt werden würde. «Das wird aber technisch schwierig und auch teuer», sagt der 56-Jährige. Die an der Raumfahrt beteiligten Nationen seien sich des Problems bewusst.

Experten haben ausgerechnet, dass im All 600 Tonnen Material vorhanden sind. 600 000 Teile sind größer als ein Zentimeter. 150 Millionen haben die Größe von etwa einem Millimeter. Das mag klein und ungefährlich erscheinen, ist es aber nicht.  

Denn das Problem ist, dass der Müll mit einer enorm hohen Geschwindigkeit von bis zu 50 000 Stundenkilometern durch das All rast. Damit erzeugt auch ein eigentlich ungefährliches Teilchen von der Größe eines Kirschkerns eine unvorstellbare Durchschlagskraft. Carsten Wiedemann von der Technischen Universität Braunschweig vergleicht diese mit der Detonation einer Handgranate. «Objekte, die größer als ein Zentimeter sind, durchschlagen dann jede Satellitenwand.» 

Angesichts dieser Situation ist es für Klinkrad nur folgerichtig, dass es beim Raumfahrtmüll so nicht weiter gehen kann. «Sie würden ja auch als Fußgänger nicht über eine Autobahn gehen.»  Auch sein ESA- Kollege Holger Krag kennt das Problem aus der täglichen Arbeit. Das ESOC-Kontrollzentrum betreue zur Zeit zwei Handvoll Satelliten im All. «Ein Ausweichmanöver pro Jahr ist da schon drin», sagt Krag.

Bis es zu einer weltweiten Lösung des Müllproblems im All kommt, appelliert Klinkrad an das Gewissen der Raumfahrt-Nationen. Am besten wäre es, wenn im All gar kein Müll zurückbleibe. «Nationalparksystem» nennt er diese Vorstellung. Denn dort nehme ja auch jeder seinen Dreck wieder mit.


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