27.07.2009

Weltgrößtes Teleskop startet Galaxiensuche

Nach zweijährigem Probelauf hat das Gran Telescopio Canarias am 24. Juli auf der Kanaren-Insel La Palma offiziell seinen Betrieb aufgenommen


Santa Cruz (dpa) - Die «Kathedrale der Astronomie» ist eröffnet: Nach zweijährigem Probelauf hat das derzeit größte Spiegelteleskop der Welt am 24. Juli 2009 auf der Kanaren-Insel La Palma offiziell seinen Betrieb aufgenommen. «Dieses Observatorium ist ein Beispiel für das wissenschaftliche und technologische Können Spaniens», sagte König Juan Carlos bei einer feierlichen Zeremonie vor rund 800 Gästen. Die Grantecan genannte Anlage sei das größte wissenschaftliche Projekt, das bislang in Spanien umgesetzt worden sei, betonte Wissenschaftsministerin Cristina Garmendia.

Das rund 130 Millionen Euro teure Teleskop steht in 2400 Metern Höhe auf dem Roque de los Muchachos, dem höchsten Gipfel der kleinen Kanaren-Insel. Die Bauzeit betrug sieben Jahre. Das Gran Telescopio Canarias (Grantecan) ist so stark wie vier Millionen menschliche Pupillen und so präzise, dass es das Licht einer brennenden Kerze in Moskau erkennen oder die zwei Scheinwerfer eines Autos in Australien auseinanderhalten könnte. Betrieben wird die Sternwarte von dem Astrophysikalischen Institut der Kanaren (IAC).

Mit dem Teleskop können die Wissenschaftler wie mit einer riesigen Zeitmaschine in bislang unerreichte Tiefen des Universums vorstoßen, fast bis zum Urknall vor rund 14 Milliarden Jahren. Sie wollen weit entfernte Galaxien und Planeten beobachten und die Entstehung der ersten Sterne studieren. Ein weiteres Ziel ist die Beobachtung von Planeten jenseits unseres Sonnensystems.

Das Herzstück des «Galaxien-Jägers» ist ein Spiegel von 10,4 Metern Durchmesser, dessen Träger vom Mainzer Technologiekonzern Schott gefertigt wurden. Er besteht aus 36 Teilstücken und wiegt rund 18 Tonnen. Das Grantecan ist damit das derzeit weltweit größte Einzelteleskop mit einem solchen segmentierten Spiegel. Zur Positionierung des Riesenfernrohres kommen Winkel-Messgeräte der Firma Heidenhain aus dem bayerischen Traunreut zum Einsatz. Die «Kathedrale der Astronomie», wie die imposante Konstruktion genannt wird, ist 400 Tonnen schwer und 45 Meter hoch. Das entspricht einem 14-stöckigen Hochhaus. Finanziert wurde das Grantecan größtenteils von der spanischen und der kanarischen Regierung. Beteiligt sind zudem Universitäten aus Mexiko und den USA.

Auf dem Roque de los Muchachos betreiben das IAC und andere Forschungszentren bereits mehrere Sternwarten. Die Astronomen hoffen nun, dass La Palma auch als Standort des sogenannten European Extremely Large Telescope (EELT) ausgewählt wird, das einen Spiegel mit einem Durchmesser von mehr als 40 Metern erhalten soll.

Riesenteleskope weltweit

Ähnliche Riesenfernrohre gab es bislang nur in den USA und Südafrika:

Keck I und Keck II auf Hawaii (USA): Die Zwillings-Teleskope mit einem Durchmesser von jeweils zehn Metern sind ebenfalls aus drei Dutzend Glasstücken zusammengesetzt. Das Material stammt wie der Spiegel «Grantecans» von der deutschen Spezialfirma Schott. Die von der Keck-Stiftung finanzierten Riesen auf dem Gipfel des rund 4200 Meter hohen Mauna Kea werden bereits seit 1993 (Keck I) und 1996 (Keck II) genutzt.

Hobby-Eberly-Teleskop in Texas (USA): Bei dem Instrument in den Davis-Bergen von Westtexas wurde eine Technik verwendet, die die Baukosten radikal verringerte. Der Primärspiegel ist aus 91 einzelnen, sechseckigen Spiegeln von jeweils einem Meter Größe zusammengesetzt. Diese werden von einem Computer kontrolliert. Der Primärspiegel wird einmal auf das Zielgebiet ausgerichtet und bleibt dann unbeweglich. Nur ein Zusatzgerät an der Spitze des seit 1999 genutzten Teleskops bewegt sich und verfolgt die Spur des Objekts. Die Wirkung soll einem Spiegel von 9,2 Metern Durchmesser entsprechen.

Southern African Large Telescope (SALT) in Südafrika: Das größte Einzelteleskop der südlichen Hemisphäre steht in der Nähe von Sutherland, rund 400 Kilometer nordöstlich von Kapstadt und liefert seit 2005 Bilder ferner Galaxien. Es ist baugleich mit dem Hobby-Eberly-Teleskop in Texas und wurde von Südafrika, den USA, Deutschland, Polen, Indien, Großbritannien und Neuseeland finanziert.


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