Wenn Sonnenschein gefährlich wird
Erste UV-Messstation in Mitteldeutschland fügt sich ein in bundesweites Netz.
Die erste mitteldeutsche Station des deutschen UV-Messnetzes hat ihren Betrieb aufgenommen. Sie wird in Melpitz bei Torgau in Sachsen vom Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (Tropos) zusammen mit dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) betrieben. Das bundesweite Netz ist ein Zusammenschluss mehrerer Institutionen und Behörden, um darüber zu informieren, wie stark sich die Bevölkerung vor der Sonne schützen sollte.
Ultraviolette Strahlung im Wellenlängenbereich von 100 bis 400 Nanometer ist der energiereichste Teil der solaren Einstrahlung. Sie kann nicht mit menschlichen Sinnesorganen wahrgenommen werden, ist aber die Ursache für starke Wirkungen auf Haut wie Sonnenbrand und Hautkrebs. Gleichzeitig ist sie ein wichtiger Umweltparameter, da sie über photochemische Reaktionen eine wichtige Rolle bei chemischen Prozessen in der Atmosphäre spielt.
Informationen über die aktuelle Belastung durch ultravioletter Strahlung sind ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Hautkrebs. Obwohl der weltweite Ozonabbau in der Stratosphäre – bekannt als Ozonloch – durch das Montreal-Abkommen gestoppt wurde und sich die Ozonschicht langsam erholt, nimmt die Anzahl an Hautkrebserkrankungen in Deutschland weiterhin zu. „Dies zeigt, dass das Bewusstsein, dass sich jeder Einzelne eigenverantwortlich vor den Risiken schützen sollte, noch unzureichend ausgeprägt ist. Neben verstärkter Aufklärung bieten hier aktuelle Messwerte und Kurzfristvorhersagen der UV-Strahlungsbelastung der Bevölkerung die Möglichkeit, sich über diese Gefahr zu informieren und davor zu schützen“, erklärt Hartwig Deneke, Leiter der Tropos-Arbeitsgruppe „Satellitenfernerkundung“. Außerdem könnte die Gefahr weiter zunehmen: Der Klimawandel beschert uns mehr sonnige und heiße Tage – und damit auch mehr gefährliche UV-Strahlung. Der Klimawandel wirkt sich in dreierlei Hinsicht auf die UV-Strahlung aus: Mehr sonnige Tage führen zu mehr Tagen mit hohen UV-Werten, im Frühjahr können je nach Wetterlage in der Atmosphäre sogenannte Mini-Ozonlöcher auftreten, die den UV-Index bereits Ende März auf beachtliche Werte ansteigen lassen können, und darüber hinaus erholt sich auch die Ozonschicht anscheinend nicht in dem Maße wie ursprünglich prognostiziert. Das bedeutet, dass die UV-Belastung für jeden Einzelnen steigen kann und damit auch das Risiko für ernsthafte Erkrankungen der Haut und der Augen.
Die Aufklärung über Risiken ist ein wichtiger Beitrag zum Schutz der Bevölkerung. Daher informiert das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) über die aktuelle UV-Belastung in Deutschland mit dem UV-Index. Dazu betreibt das BfS ein bundesweites UV-Messnetz gemeinsam mit dem Umweltbundesamt, dem Deutschen Wetterdienst und weiteren Institutionen. Aktuell besteht dieses Messnetz aus derzeit 13 Stationen und soll um weitere ausgebaut werden. Dort wird von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang die UV-Strahlung gemessen und von der Messnetzzentrale des BfS in Neuherberg bei München in den UV-Index übersetzt.
„Da wir zu den Klimawirkungen der Sonnenstrahlung und den Wechselwirkungen mit Partikeln und Wolken forschen, sind Strahlungsmessungen Teil unseres wissenschaftlichen Alltags, deren Daten allerdings in der Regel in komplizierte Berechnungen und Modelle einfließen, also für Laien oft wenig verständlich sind. Daher haben wir uns sehr gefreut, als vom BfS die Anfrage kam. Melpitz bei Torgau in Sachsen ist inzwischen ein wichtiger Standort für atmosphärische Daten von europaweiter Bedeutung. Der UV-Index des BfS übersetzt die Messungen in eine sehr leicht verständliche Grafik, die jeder verstehen und nutzen kann“, so Andreas Macke, Direktor des Tropos. Melpitz ist bisher die einzige Station des UV-Messnetzes in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die nächsten Stationen (Wurmberg in Niedersachsen und die Forschungsstation Lindenberg des Deutschen Wetterdienstes bei Berlin) liegen rund 100 beziehungsweise 200 Kilometer entfernt. Die Daten aus Melpitz sind daher für rund acht Millionen Einwohner in den drei Bundesländern im Süden Ostdeutschlands wichtig, um zu wissen, wie stark sie sich beispielsweise durch Sonnencreme vor Sonnenbrand schützen sollten.
Darüber hinaus wird Tropos die UV-Strahlungsmessungen als Ergänzung zu der weltweit führenden chemischen und physikalischen Aerosolerfassung nutzen, da das Entstehen und Wachsen von Aerosolpartikeln auch von photochemischen Prozessen abhängen. Damit wird dem Institut ein weiteres Informationsfenster zum Verständnis von Aerosolprozessen geöffnet.
Mit weit mehr als 200.000 Neuerkrankungen pro Jahr ist Hautkrebs laut Techniker-Krankenkasse die häufigste Krebserkrankung in Deutschland. Mittlerweile geht jede dritte Krebsdiagnose darauf zurück – und die Betroffenen werden immer jünger. In den meisten Fällen handelt es sich um den weißen Hautkrebs, der nur selten lebensbedrohlich ist. Allerdings sterben etwa 3000 Menschen jährlich am schwarzen Hautkrebs. Der Anstieg an Hautkrebserkrankungen ist ein Zeichen dafür, dass noch zu wenig auf Vorsorge geachtet wird. Zum Schutz vor UV-Strahlung gehört beispielsweise starke Sonne zunächst zu meiden, geeignete Kleidung mit hohem Lichtschutzfaktor zu tragen und sich mit Sonnenmilch mit hohem Lichtschutzfaktor einzucremen. Neben dem individuellen Schutz spielen aber auch die Rahmenbedingungen eine Rolle. Das BfS setzt sich deshalb gemeinsam mit weiteren Partnern im UV-Schutz-Bündnis dafür ein, dass auf schattige Flächen bei der Planung von Kindergärten und Schulen, aber auch Sportstätten, öffentlichen Räumen und Arbeitsplätzen geachtet wird, die ausreichend Schutz vor UV-Strahlung bieten.
Tropos / DE
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
C. Baldermann & S. Lorenz: UV-Strahlung in Deutschland: Einflüsse des Ozonabbaus und des Klimawandels sowie Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung, Bundesgesundheitsbl. 62, 639 (2019); DOI: 10.1007/s00103-019-02934-w - Satellitenfernerkundung, Leibniz-Institut für Troposphärenforschung, Leipzig
- Aktuelle UV-Messwerte und Prognose, Bundesamt für Strahlenschutz