06.09.2019

Wie Kristalle wirklich wachsen

Kaspars Dadzis erhält ERC Starting Grant für die Entwicklung multiphysikalischer Modelle von Wachstumsprozessen.

Erstmals in der Geschichte des Leibniz-Instituts für Kristall­züchtung (IKZ) wird der begehrte Zuschuss des Europäischen Forschungsrats (ERC) an einen IKZ-Forscher vergeben. Kaspars Dadzis erhält für sein Projekt „Next Generation Multiphysical Models for Crystal Growth Processes (NEMOCRYS)“ über einen Zeitraum von fünf Jahren insgesamt 1,5 Millionen Euro. Als einer von insgesamt vier Wissenschaftlern in Deutschland behauptete sich Kaspars Dadzis im Panel „Products and Processes Engineering“. 
 

Abb.: Kaspars Dadzis (Bild: privat)
Abb.: Kaspars Dadzis (Bild: privat)

Kristallwachstumsprozesse sind hochkomplexe physikalische Phänomene. Häufig wird dabei die numerische Simulation zur Prozess­optimierung eingesetzt. Der Mangel an Möglichkeiten für direkte Messungen innerhalb von Kristall­züchtungs­umgebungen schränkt jedoch die erreichbare Genauigkeit der zugrunde liegenden theoretischen Modelle ein. Folglich dominiert immer noch ein experimenteller Trial-and-Error-Ansatz die Praxis der Kristall­wachstums­entwicklung. Dies könnte sich in Zukunft durch die Arbeit der Nachwuchs­forschergruppe „Modell­experimente” unter der Leitung von Kaspars Dadzis ändern.

Das ausgezeichnete Projekt „Next Generation Multiphysical Models for Crystal Growth Processes (NEMOCRYS)“ widmet sich der Entwicklung einer neuen experimentellen Plattform („MultiValidator“), welche eine einzigartige Kristall­züchtungs­anlage für Modell­materialien beinhaltet. Das zielgerichtete Design des Aufbaus, die reduzierten Betriebs­temperaturen und die geringeren Anforderungen an die Vakuum­abdichtung ermöglichen einen unkomplizierten experimentellen Zugang für verschiedene In-situ-Messtechniken. Die gleichzeitige Beobachtung von Wärmefeldern, Strömungen, Spannungs­verteilungen und anderen physikalischen Phänomenen wird es erstmals ermöglichen, eine Reihe von grundlegenden Annahmen in multi­physikalischen makroskopischen Modellen für das Kristall­wachstum zu validieren. 

Das NEMOCRYS-Projekt hat das Ziel, eine neue Ebene des physikalischen Verständnisses zu erreichen und das Paradigma zu ändern, wie wir Kristallwachstumsprozesse und ähnliche komplexe multi­physikalische Systeme beobachten, beschreiben und entwickeln. Die praktischen Ergebnisse in Form neuer physikalischer Modelle und optimierter Messtechniken werden zur Unterstützung verschiedener Entwicklungs­projekte am IKZ eingesetzt.

Insgesamt 408 Nachwuchsforscher wurden vom Europäischen Forschungsrat im Rahmen des diesjährigen ersten abgeschlossenen ERC-Wettbewerbs gefördert. Die sehr begehrte Förderung soll einzelnen Wissenschaftlern helfen, eigene Teams aufzubauen und wegweisende Forschung über alle Disziplinen hinweg zu betreiben. Die Zuschüsse in Höhe von insgesamt 621 Mio. EUR sind Teil des Forschungs- und Innovations­programms der EU, Horizont 2020.

Nach dem Abschluss seiner Promotion arbeitete Kaspars Dadzis in der industriellen Forschung bei SolarWorld in Freiberg mit dem Schwerpunkt Züchtung von Silizium­kristallen für Solarzellen. Im Jahr 2016 wechselte er an das Leibniz-Institut für Kristall­züchtung (IKZ) in Berlin-Adlershof. Für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Modell­versuche und der numerischen Simulation für das Kristall­wachstum erhielt er 2017 den „LIMTECH Young Scientist Award“.

FVB / DE
 

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