Wo ist im Weltall oben und unten?
Internationale Astronomische Union einigt sich auf neuen kosmischen Bezugsrahmen.
Wenn Raumfahrzeuge zu fremden Planeten geschickt werden oder die Bewegung der Erde untersucht wird, kommt künftig ein neues Referenzsystem zum Einsatz. Am 30. August hat die Generalversammlung der Internationalen Astronomischen Union IAU in Wien entschieden, den neuen himmelfesten Referenzrahmen ICRF3 anzunehmen, um Richtungen im Weltraum noch genauer als bisher angeben zu können. Er basiert auf der präzisen Vermessung von über viertausend extragalaktischen Radioquellen.
Abb.: Eines der beteiligten Instrumente: Das Radioteleskop des Mount Pleasant Radio Observatory in Australien. (Bild: JJ Harrison; CC BY-SA 3.0)
So wie bei der Vermessung von Berggipfeln ein Referenzsystem nötigt ist – etwa die Längen- und Breitengrade der Erde und die Höhe vom Meeresniveau aus –, muss man sich auch für Richtungsangaben im Weltraum auf ein verlässliches Referenzsystem einigen. „Die Fixsterne zu verwenden, die wir am Nachthimmel sehen, ist keine gute Idee“, erklärt Johannes Böhm von der TU Wien. „Sie verschieben sich im Lauf der Zeit ein kleines bisschen gegeneinander, sodass man alle paar Jahre ein neues Referenzsystem definieren müsste, um die nötige Genauigkeit zu erhalten.“
Anders sieht es mit extragalaktischen Radioquellen aus. „Wir kennen heute hunderttausende Objekte im Weltraum, die extrem intensive, langwellige Strahlung aussenden“, sagt Böhm. „Dabei handelt es sich um Quasare, supermassereiche schwarze Löcher im Zentrum fremder Galaxien, die teilweise Milliarden Lichtjahre von uns entfernt sind.“ Diese Strahlungsquellen sehen von der Erde betrachtet praktisch punktförmig aus und durch ihre gewaltige Entfernung eignen sie sich optimal zum Festlegen eines weltweit gültigen Referenzsystems. Vergleichsweise kleine Verschiebungen zwischen den Quasaren spielen hier keine Rolle mehr.
Um die größtmögliche Präzision zu erreichen ist aber einiges an Aufwand nötig. Es genügt nicht, mit einem Radioteleskop ein Bild aufzunehmen und daraus die Richtung der Radioquelle abzulesen. Stattdessen werden die Daten unterschiedlicher Radioteleskope miteinander verglichen. „Jede Radioquelle liefert ein Signal mit einem gewissen Rauschen“, erklärt David Mayer von der TU Wien. „Wenn man dieses Rauschen gleichzeitig mit zwei verschiedenen Radioteleskopen misst, die idealerweise tausende Kilometer voneinander entfernt sind, dann kann man die Zeitdifferenz zwischen dem Eintreffen des Signals am ersten und am zweiten Radioteleskop sehr genau bestimmen. Und daraus wiederum lässt sich dann die Richtung, aus der das Signal kommt, mit extremer Präzision berechnen.“ Diese Berechnungen benötigen sehr leistungsstarke Rechner und erfolgen unter anderem am Vienna Scientific Cluster VSC-3. So wurden Lösungen für den Referenzrahmen ICRF3 von einigen Forschungsgruppen weltweit beigesteuert, neben der TU Wien waren etwa auch das Goddard Space Flight Center der NASA oder das Observatoire de Paris beteiligt. Auf diese Weise kann man die Position der Radioquellen am Sternenhimmel mit einer Genauigkeit von etwa dreißig Mikrobogensekunden angeben.
Bei der Generalversammlung der Internationalen Astronomischen Union wurde jetzt entschieden, diese Hochpräzisions-
TU Wien / RK