03.09.2018

Wo ist im Weltall oben und unten?

Internationale Astronomische Union einigt sich auf neuen kosmischen Bezugs­rahmen.

Wenn Raumfahrzeuge zu fremden Planeten geschickt werden oder die Bewegung der Erde unter­sucht wird, kommt künftig ein neues Referenz­system zum Einsatz. Am 30. August hat die General­ver­samm­lung der Inter­natio­nalen Astro­no­mischen Union IAU in Wien ent­schieden, den neuen himmel­festen Referenz­rahmen ICRF3 anzu­nehmen, um Rich­tungen im Welt­raum noch genauer als bisher angeben zu können. Er basiert auf der präzisen Ver­mes­sung von über vier­tausend extra­galak­tischen Radio­quellen.

Abb.: Eines der beteiligten Instru­mente: Das Radio­tele­skop des Mount Pleasant Radio Obser­va­tory in Austra­lien. (Bild: JJ Harrison; CC BY-SA 3.0)

So wie bei der Vermessung von Berggipfeln ein Referenzsystem nötigt ist – etwa die Längen- und Breiten­grade der Erde und die Höhe vom Meeres­niveau aus –, muss man sich auch für Rich­tungs­angaben im Welt­raum auf ein ver­läss­liches Referenz­system einigen. „Die Fix­sterne zu ver­wenden, die wir am Nacht­himmel sehen, ist keine gute Idee“, erklärt Johannes Böhm von der TU Wien. „Sie ver­schieben sich im Lauf der Zeit ein kleines biss­chen gegen­ein­ander, sodass man alle paar Jahre ein neues Referenz­system defi­nieren müsste, um die nötige Genauig­keit zu erhalten.“

Anders sieht es mit extragalaktischen Radioquellen aus. „Wir kennen heute hundert­tausende Objekte im Weltraum, die extrem inten­sive, lang­wellige Strahlung aus­senden“, sagt Böhm. „Dabei handelt es sich um Quasare, super­masse­reiche schwarze Löcher im Zentrum fremder Galaxien, die teil­weise Milli­arden Licht­jahre von uns ent­fernt sind.“ Diese Strahlungs­quellen sehen von der Erde betrachtet prak­tisch punkt­förmig aus und durch ihre gewal­tige Ent­fer­nung eignen sie sich optimal zum Fest­legen eines welt­weit gültigen Referenz­systems. Ver­gleichs­weise kleine Ver­schie­bungen zwischen den Quasaren spielen hier keine Rolle mehr.

Um die größtmögliche Präzision zu erreichen ist aber einiges an Auf­wand nötig. Es genügt nicht, mit einem Radio­tele­skop ein Bild auf­zu­nehmen und daraus die Rich­tung der Radio­quelle abzu­lesen. Statt­dessen werden die Daten unter­schied­licher Radio­tele­skope mit­ein­ander ver­glichen. „Jede Radio­quelle liefert ein Signal mit einem gewissen Rauschen“, erklärt David Mayer von der TU Wien. „Wenn man dieses Rauschen gleich­zeitig mit zwei ver­schie­denen Radio­tele­skopen misst, die idealer­weise tausende Kilo­meter von­ein­ander ent­fernt sind, dann kann man die Zeit­diffe­renz zwischen dem Ein­treffen des Signals am ersten und am zweiten Radio­tele­skop sehr genau bestimmen. Und daraus wiederum lässt sich dann die Rich­tung, aus der das Signal kommt, mit extremer Präzi­sion berechnen.“ Diese Berech­nungen benötigen sehr leistungs­starke Rechner und erfolgen unter anderem am Vienna Scie­ntific Cluster VSC-3. So wurden Lösungen für den Referenz­rahmen ICRF3 von einigen Forschungs­gruppen welt­weit bei­ge­steuert, neben der TU Wien waren etwa auch das Goddard Space Flight Center der NASA oder das Obser­va­toire de Paris beteiligt. Auf diese Weise kann man die Position der Radio­quellen am Sternen­himmel mit einer Genauig­keit von etwa dreißig Mikro­bogen­sekunden angeben.

Bei der Generalversammlung der Internationalen Astronomischen Union wurde jetzt ent­schieden, diese Hoch­präzi­sions-Radio­quellen­karte als inter­natio­nales Referenz­system zu ver­wenden. Man wird es beispiels­weise nutzen, um die Position von Raum­fahr­zeugen anzu­geben, aber auch für die Über­wachung unseres eigenen Planeten ist das Referenz­system wichtig, etwa wenn man die Prä­zes­sion der Erd­rotation­sachse oder das Wandern der Pole unter­sucht.

TU Wien / RK

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