31.10.2025 • Materialwissenschaften

1D-Strukturen aus Phosphorketten

ARPES-Messungen an BESSY II zeigen Halbleiter-Metall-Übergang bei zunehmender Dichte nebeneinander liegender Ketten.

Erstmals ist es einem Team an BESSY II gelungen, eindimen­sionale elektro­nische Eigen­schaften in einem Material experi­mentell nachzu­weisen. Die Proben bestanden aus kurzen Ketten aus Phosphor­atomen, die sich auf einem Silber­substrat selbst organi­siert in bestimm­ten Winkeln bilden. Durch eine raffi­nierte Auswer­tung gelang es, die Beiträge von unter­schied­lich ausgerich­teten Ketten vonein­ander zu trennen und zu zeigen, dass die elektro­nischen Eigen­schaften tatsächlich einen eindimen­sionalen Charakter besitzen. Berech­nungen zeigten darüber hinaus, dass ein spannender Phasen­übergang zu erwarten ist. Während das Material aus einzelnen Ketten halb­leitend ist, wäre eine sehr dichte Ketten­struktur metal­lisch.

Die materielle Welt besteht über­wiegend aus Atomen, die sich dreidimen­sional anordnen. Aber es geht auch anders: So können Kohlen­stoff­atome Graphen bilden, ein hexa­gonales Netz, in dem sie nur in einer Ebene unter­einander verbunden sind. Auch Phosphor kann sich zweidimen­sional ver­netzen und eine stabile 2D-Form bilden. Solche zwei­dimen­sionalen Materi­alien sind ein span­nendes Forschungs­gebiet, weil sie erstaun­liche elektro­nische und optische Eigen­schaften besitzen. Theore­tische Betrach­tungen zeigen, dass die elektro-optischen Eigen­schaften von eindimen­sionalen Struk­turen noch exoti­scher sein könnten.

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Wouter Jolie • 9/2025 • Seite 77

Gefangen im Quantenkäfig

Tatsächlich gelingt es auch seit kurzem, ein­dimensio­nale Struk­turen herzu­stellen. Unter bestimmten Beding­ungen klappt es zum Bei­spiel, dass Phosphor­atome sich wie von selbst zu kurzen Linien auf einem Silber­substrat anordnen. Morpholo­gisch sind diese Ketten eindimen­sional. Aller­dings muss man annehmen, dass sie seit­lich mit anderen Ketten wechsel­wirken. Solche Wechsel­wirkungen beein­flussen die elektro­nische Struktur und könnten die Ein­dimensiona­lität zerstören. Bislang war es jedoch nicht mög­lich, dies sauber experi­mentell zu messen.

„Wir haben nun mit einer sehr gründlichen Auswer­tung von Messungen an BESSY II gezeigt, dass solche Phosphor­ketten wirk­lich eine eindimen­sionale elektro­nische Struktur besitzen“, sagt Oliver Rader, der am HZB die Abteilung für Spin und Topologie in Quanten­materi­alien leitet.

Andrei Varykhalov hat mit seinem Team zunächst am Kryo-Raster­tunnel­mikro­skop Phosphor­ketten auf Silber herge­stellt und charakte­risiert. Die Bilder zeigen, dass sich kurze P-Ketten in drei unter­schied­lichen Rich­tungen auf dem Substrat bilden, die unter­einander 120-Grad Winkel haben.

„Wir haben dabei sehr hoch­wertige Ergeb­nisse erzielt, so konnten wir am Raster­tunnel­mikro­skop stehende Wellen von Elek­tronen beobachten, die sich entlang der Ketten bilden“, sagt Varykhalov. Die elektro­nische Struk­tur unter­suchten sie mit einer Methode, mit der das Team bereits sehr viel Erfahrung hat: die winkel­aufgelöste Photo­elektronen­emissions­spektro­skopie (Angle-resolved photo­electron Spectros­copy, ARPES) an BESSY II.

Hier leisteten Maxim Krivenkov und Maryam Sajedi Pionier­arbeit: Durch die sorg­fältige Analyse der Daten gelang es ihnen, die Beiträge von den drei unter­schied­lich ausge­richteten Phosphor­ketten vonein­ander zu trennen. „Wir konnten die ARPES-Signale aus diesen Domänen entwirren und damit zeigen, dass solche 1D-Phosphor­ketten tatsäch­lich eine sehr klare 1D-Elektronen­struktur auf­wei­sen“, sagt Kri­venkov. Berech­nungen mit der Dichte­funktional­theorie bestätigen diese Analyse und treffen eine spannende Prognose: Je dichter diese Ketten anein­ander liegen, desto stärker wechsel­wirken sie. Die Berech­nungen sagen bei zuneh­mender Dichte des Ketten­arrays einen Phasen­über­gang von Halb­leiter zu Metall voraus, sodass eine zwei­dimen­sionale Phosphor­ketten-Struktur metal­lisch wäre.

„Wir haben hier ein neues Forschungs­feld betreten, ein Neuland, in dem vermutlich noch viele aufregende Entdeck­ungen möglich sind“, sagt Vary­khalov. [HZB / dre]

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