26.01.2024

Mit Rauschen zum Nobelpreis

Der Mitentdecker der kosmischen Hintergrundstrahlung und Physik-Nobelpreisträger Arno Penzias ist im Alter von 90 Jahren gestorben.

Alexander Pawlak

Arno Allan Penzias, der 1965 zusammen mit seinem Kollegen Robert Wilson den kosmischen Mikrowellenhintergrund entdeckt hat, ist am 22. Januar im Alter von 90 Jahren gestorben. Zuletzt lebte der an Alzheimer erkrankte Astronom in einem Altersheim.

Dass er ein so langes Leben führen konnte und 1978 zusammen mit Wilson die eine Hälfte des Physik-Nobelpreises erhalten hat, verdankt sich auch einer glücklichen Fügung in seiner Kindheit. Bei seiner Geburt am 26. April 1933 in München, drei Monate nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, sah es zunächst nicht danach aus.

Arnos Vater Karl Penzias war jüdisch, seine Mutter 1932 vom katholischen Glauben zum Judentum konvertiert. Die Familie blieb in Deutschland, sollte aber schließlich im Herbst 1938 nach Polen deportiert werden. Doch aufgrund eines Aufnahmestopps in Polen kehrte sie wieder nach München zurück. Arno und sein Bruder Gunter kamen im Frühling 1939 im Rahmen eines Kindertransports nach England. Dorthin konnten ihnen auch ihre Eltern folgen. 1940 emigrierten sie zusammen nach New York, wo die Familie Penzias eine neue Heimat fand.

Arno Penzias begann 1951 ein Chemiestudium am City College of New York, wechselte aber zur Physik, wo er 1954 einen ersten Abschluss erhielt. Er diente anschließend für zwei Jahre als Radar-Offizier beim U.S. Army Signal Corps. Daraufhin wurde er Forschungsassistent am Columbia University Radiation Laboratory, das sich damals intensiv mit Mikrowellenphysik befasste. Sein Doktorvater war Charles Townes, der später den Maser erfand; Penzias promovierte 1962.

Anschließend ging er zu den Bell Laboratories von AT&T in Holmdel, New Jersey – ein Schritt mit weitreichenden Folgen. Dort wollte er die große Hornantenne für die Satellitenkommunikation zunächst nutzen, um die Milchstraße im Radiobereich zu beobachten. Sein Plan war es, dafür eine Empfangsanlage für die Wellenlänge von 21 Zentimetern zu installieren und die HI-Linie des neutralen Wasserstoffs zu beobachten. Damit lassen sich die Dichteverteilung, Geschwindigkeit und Temperatur von Wasserstoffatomen analysieren und so Aufbau und Struktur der Milchstraße und anderer Galaxien untersuchen – Fragen, die Penzias bereits in seiner Doktorarbeit beschäftigt hatten.

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Der Nachhall des Urknalls

Bereits vorhanden war eine Empfangsanlage für sieben Zentimeter Wellenlänge, die Penzias und Wilson zum Einsatz brachten. Dabei stießen sie auf ein richtungsunabhängiges Rauschen, das sie zunächst für eine Störung hielten. Doch selbst die Entfernung der Hinterlassenschaften von Tauben – als „weißes dieelektrisches Material“ bezeichnet –, brachte das Rauschen nicht zum Verschwinden.

Über Bernard Burke, der 2018 im Alter von 90 Jahren gestorben ist, kamen Penzias und Wilson in Kontakt mit den Kosmologen Robert Dicke und James Peebles, die zusammen mit anderen aus der Vorstellung eines Urknall folgerten, dass es eine kosmische Reststrahlung geben müsste, die durch die Ausdehnung des Universums bedingt der Strahlung eines Schwarzen Körpers bei einer Temperatur von etwa 3 Kelvin entsprechen sollte.

Penzias und Wilson war es somit unbeabsichtigt gelungen, die kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung nachzuweisen und damit den „Nachhall des Urknalls“. Dafür erhielten sie die Hälfte des Nobelpreises für Physik 1978, die andere Hälfte wurde dem russischen Physiker Pjotr Kapitsa für seine Arbeiten im Bereich der Tieftemperaturphysik verliehen. Die Entdeckung von Penzias und Wilson markierte einen Wandel in der kosmologischen Forschung, die seither aus der immer genaueren Untersuchung der kosmischen Hintergrundstrahlung immer weitreichendere Erkenntnisse zu Ursprung und Entwicklung des Universums gewinnt.

Arno Penzias blieb über fast vier Jahrzehnte bei den Bell Labs, wo er auch 14 Jahre Vizepräsident für den Forschungsbereich war. Neben der Radioastronomie interessierte er sich für Wirtschaft, Kunst und Technologie und engagierte sich auch politisch, etwa für gefährdete Forschende in der Sowjetunion.

1992 überließ er den Empfänger und die Kalibrierungsausrüstung der Holmdel-Hornantenne dem Deutschen Museum in München, wo diese noch heute Teil der astronomischen Dauerausstellung sind. Damit wollte Penzias nicht nur an sein Schicksal, sondern auch an das anderer Flüchtlinge und Opfer des Nationalsozialismus erinnern.

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